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Pressestimmen von Mittwoch, 04. Februar 2004

3. Februar 2004

Verspätungen bei der Bahn // Steuerbebatte in der Union // Streit um Scharons Vorschläge

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Die Ankündigung der Bahn, Entschädigungen bei Verspätungen zu zahlen, die Diskussion um die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Nahost-Politik sind die beherrschenden Themen in den Kommentar- Spalten. Die Reaktion der Presse auf die neue Kunden-Offensive von Bahnchef Hartmut Mehdorn ist einhellig vernichtend:

Beginnen wir mit dem Berliner TAGESSPIEGEL:

"Die Deutsche Bahn ist seit gestern in der Nachkriegszeit angekommen. Wenn ein Zug unpünktlich ist, hat der Fahrgast bald Anspruch auf Entschädigung. Bislang galt für die Bahn ein Gesetz von 1908 - nach dem der Kunde auf den guten Willen des Konzerns hoffen musste, wenn sein Zug Verspätung hatte. Dass dies nun anders werden soll, ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass der Bahnfahrer im Alltag davon kaum etwas spüren wird."

Das Münchner Blatt TZ bemerkt kurz und knapp:

"Die Bahn verspricht nun 20 Prozent Ticket-Rückerstattung bei Verspätungen ab 60 Minuten. Doch das ist Augenwischerei. Denn S-Bahn- und Regionalzugkunden schauen in die Röhre."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG meint:

"Es war ein Offenbarungs-Eid: Deutlicher als mit der Festlegung von Erstattungsansprüchen konnte die Bahn nicht dokumentieren, dass sie unpünktlich ist. Und zwar nicht nur wegen leichtsinniger Autofahrer am Bahnübergang, Wetterkapriolen und Selbstmördern, sondern wegen struktureller Probleme."

Und in der PFORZHEIMER ZEITUNG heißt es:

"Solange es für die Bahn bei weitem billiger bleibt, eine lachhafte Entschädigung an einen minimalen Kundenkreis zu bezahlen, als pünktlich zu sein, wird sich an den ewigen Verspätungen schwerlich etwas ändern."

Der WIESBADENER KURIER geht auf den Vorschlag von Unionsfraktionsvize Friedrich Merz ein, die Mehrwertsteuer zu erhöhen:

"Merzens Blick auf die Mehrwertsteuer ist Ausfluss einer vorangegangenen Narretei: Angela Merkels Festlegung auf einheitliche Kopfpauschalen im Gesundheitswesen. Dabei müssten für den sozialen Ausgleich Steuergelder her. Gelder, die aus dem Merz'schen Stufenmodell nicht zu erlösen sind, wie die CSU listig angemerkt hat. Um 'seine' Reform zu retten, kommen also Merz die Verbrauchssteuern gerade recht. In sich konsequent und dennoch Irrsinn!"

Die OFFENBACH-POST bemerkt dazu:

"Die Regierung bekommt nichts geregelt und wankt durch ihr selbst gezüchtetes Gestrüpp von unausgegorenen Reförmchen, die uns als bahnbrechende Reformen verkauft werden; mal hü, mal hot und dann mit heißer Nadel nachgebessert. Dasselbe Spielchen in der Union. Auch von hier kommt leider bloß entweder Unverbindliches oder Verwirrendes, etwa der flott aufgeblasene jüngste Testballon: Merz und der Saarländer Peter Müller sind für eine Erhöhung der Verbrauchssteuer, die Chefin, Angela Merkel, ist dagegen. Und der Bürger fragt sich einmal mehr: Wie soll's eigentlich weiter gehen mit mir, mit Deutschland?"

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kommentiert die jüngsten Vorschläge von Israels Ministerpräsident Ariel Scharon:

"Der Verdacht liegt (...) nahe, die ganze Aktion könne ein groß angelegter Versuch sein, endgültig Land in 'Judäa und Samaria' für Israel zu sichern, was das Ziel vieler religiös ausgerichteter Siedler war und ist und was sie auch nach wie vor von Scharon, dem 'Paten der Siedler', erwarten. Damit wird sich kein Palästinenser einverstanden erklären (...). Die Militanten lehnen ohnedies alles ab. Doch auch umgekehrt gilt: Sprecher der jüdischen Siedlungsbewegung haben die Austauschpläne schon als 'lächerlich' bezeichnet. Es bleibt abzuwarten, wie ernst das alles gemeint ist und wie seriös Scharon es betreibt."

Zum Schluss noch ein Blick in die BERLINER ZEITUNG:

"Scharon redet nicht über biblisches Land, nicht über seine alten Überzeugungen, dass Israel mit Siedlungen in den Palästinensergebieten seine Existenz verteidige. Er redet wie ein Umzugsunternehmer, wie einer, der jetzt nur noch alles organisieren muss. Es ist ihm egal, was seine rechten Koalitionspartner sagen. Wahrscheinlich ist ihm sogar der Gazastreifen egal, und jene paar Quadratkilometer der Siedlungen, die zu schützen es nicht wert sind. Es geht nicht mehr um den Gazastreifen, nur noch darum ihn los zu werden und sich in Sicherheit zu bringen."

Zusammengestellt von Martin Muno.