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Pressestimmen von Mittwoch, 06.Februar 2002

Reinhard Kleber6. Februar 2002

Bundesrechnungshof zu Arbeitsvermittlung / EU-Kommission zu Autohandel / Schily und das NPD-Verbot

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Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen befassen sich in erster Linie mit dem Prüfbericht des Bundesrechnungshofs zur Arbeitsvermittlung. Weitere Themen sind die Pläne der EU-Kommission zur Reform des Autohandels und die Debatte um die NPD-Verbotsanträge.

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf schreibt zur Arbeitsvermittlung:

"Bei der Überprüfung der Vermittlungsstatistik in fünf ausgewählten Arbeitsämtern brachten die Bonner Rechnungshof-Beamten katastrophale Ergebnisse über den Zustand der Arbeitsverwaltung zu Tage. Diese verschwendet nicht nur Milliardenbeträge für zweifelhafte Arbeitsbeschaffungs- und Weiterbildungsmaßnahmen, sie fälscht nicht nur die Ergebnisse ihres Tuns, sondern täuscht auch noch eine übertriebene Arbeitsbelastung vor. Schmiere gestanden haben dabei aber auch die Selbstverwalter von Gewerkschaften und Arbeitgebern sowie die Politiker, an vorderster Stelle der Bundesarbeitsminister."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG merkt zu diesem Thema an:

"So hat sich die Politik die Vermittlungsoffensive wohl nicht vorgestellt. Nach einem Bericht des Bundesrechnungshofs sind bei Stichproben 70 Prozent der ausgewiesenen Vermittlungen durch Personal der Bundesanstalt für Arbeit falsch gebucht worden. Stellenzugänge wurden angemeldet und sofort wieder gestrichen, allein zu dem Zweck, die Vermittlungszahlen nach oben zu treiben. In Wirklichkeit verdankt nicht einmal jeder fünfte, der eine neue Stelle gefunden hat, dies den Ämtern. Bisher war von Seiten der Bundesanstalt immer stolz von jedem zweiten die Rede. Der ernüchternde Beleg liegt auf dem Tisch: Private Personaldienstleister, die der ehemalige Monopolist über Jahre hinweg abgelehnt hat, leisten offenkundig bessere Arbeit als die 181 Arbeitsämter."

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG lesen wir dazu:

"Bitter für Riester und Schröder, dass der Skandal um die falschen Daten jetzt auch noch ihren zaghaften Versuch gefährdet, die Arbeitslosigkeit vor der Wahl einzudämmen. Das neue Job-Aqtiv-Gesetz baut gerade darauf, dass die Beschäftigungsmisere in Zusammenarbeit mit den Arbeitsämtern verbessert wird - nach den neuen Erkenntnissen eine fragwürdige Annahme. Nun rächt es sich doppelt, dass die SPD glaubte, die Wahl auch ohne Strukturreform am Arbeitsmarkt gewinnen zu können."

Themenwechsel: Die EU-Reformvorschläge zum Autohandel veranlassen die FRANKFURTER RUNDSCHAU zu folgender Stellungnahme:

"Ob für die Kfz-Käufer zwischen Mittel- und Nordmeer die schöne neue Autowelt heraufzieht, die EU-Kommissar Mario Monti verheißt, ist so sicher nicht. Definitiv kann keiner behaupten, dass mit dem Wegfall der bisherigen Wettbewerbsprivilegien für die Hersteller die Preise für deren Fahrzeuge sinken werden. ... Sicher ist aber, dass die Kfz-Industrie die ihr gewährten einmaligen Wettbewerbsvorteile missbraucht. Wenn Unternehmen wie Daimler-Chrysler, Volkswagen oder Opel die Millionen-Bußen, die ihnen der Europäische Gerichtshof in der Vergangenheit wegen Missbrauchs ihrer Marktmacht aufbrummte, ohne Unrechtsbewusstsein aus der Portokasse zahlen, deuten sie an, wie gut sich mit den Kartellprivilegien verdienen lässt - auf Kosten der Verbraucher."

Die STUTTGARTER NACHRICHTEN meinen:

"Mario Monti hat so viel Anlauf genommen, dass ihm am Ende fast der Atem ausgegangen ist. Doch zum Schluss hatte der Wettbewerbskommissar der EU noch die Kraft, aus dem kräftezehrenden Clinch mit der Autoindustrie einen Erfolg herauszuholen. Kein strahlender Erfolg, doch ein passabler Arbeitssieg für eine richtige Sache. Auch wenn die Marktöffnung dem Kunden nützen dürfte - allzu große Hoffnungen auf sinkende Preise sollten sich die Käufer nicht machen. Denn so weit ist Monti nun auch wieder nicht gegangen. Nach wie vor dürfen Hersteller aussuchen, wer ihre Autos verkaufen darf."

Zum Schluss zitieren wir DIE WELT mit einem Kommentar zum Streit um die Rolle von Innenminister Otto Schily bei den NPD-Verbotsanträgen:

"Schily will das Verfahren durchziehen, um jeden Preis, auch um den, dass das Vertrauen in den Rechtsstaat durch Verteidiger wie ihn stärker ramponiert werden könnte als durch seine erklärten Gegner. Mit jedem weiteren V-Mann, der auffliegt, geht Schily ein Stück Glaubwürdigkeit verloren. Er selbst scheint allerdings der Letzte zu sein, der das bemerkt. Die Rolle des Verfassungsschutzministers, der seine Geheimhaltungspflicht zum Vorwand nimmt, um seine Informationspflicht zu unterlaufen, ist ihm so lieb geworden, dass er den Verfassungsminister darüber zu vergessen scheint."