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Pressestimmen von Mittwoch, 07. August 2002

zusammengestellt von Walter Lausch8. August 2002

Der 'deutsche Weg' von Kanzler Schröder/Haltung zu einem möglichen Irak-Krieg

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Bundeskanzler Gerhard Schröder hat zum offiziellen Wahlkampfauftakt den 'deutschen Weg' beschworen. Dieser deutsche Weg hat einen innen- und einen außenpolitischen Pfad. Innenpolitisch ist die Wirtschaft gemeint, außenpolitisch vor allem die Politik gegenüber dem Irak. Der Berliner TAGESSPIEGEL meint, dass die Bündnisgrünen -und da vor allem Bundesaußenminister Joschka Fischer- in dieser Frage einen anderen Akzent als der Kanzler und dessen Generalsekretär setzen:

"Gerhard Schröder hat am Montag in Hannover mehrmals davon gesprochen, Müntefering hat es wiederholt. Sie meinen damit, dass Deutschland nicht bedingungslos mit den USA in einen Irak-Krieg ziehen will und dass es hier zu Lande kein Hire&Fire geben darf. Das findet natürlich auch Fischer. Doch hat der Grüne seinen Grünen die beiden Kriege, Kosovo und Afghanistan, mit dem Argument vermittelt, es dürfe keinen deutschen Sonderweg geben. Ohnehin ruft Fischer stets laut 'Europa' dazwischen, wenn jemand Deutschland sagt. Linksnationale Rhetorik ist ihm fremd. Genauer: Sie ist ihm zuwider."


Die WELT in Berlin beschäftigt sich mit den Motiven für die Ausrufung des 'deutschen Wegs':

"Mit dem Näherrücken des Wahltags kramt die SPD das alte Gepäck hervor, das sie vier Jahre zuvor schamhaft versteckt hatte. Die Neue Mitte findet in ihr altes Bett zurück, und das steht links. Was Schröder und sein Generalsekretär den deutschen Weg nennen, greift auf Vorstellungen zurück, die unter Bezeichnungen wie Dritter Weg, Mitteleuropa oder Äquidistanz eine gewisse, aber keine gute Tradition haben. Sie pochen auf Eigenständigkeit in wirtschaftlichen und militärischen Dingen, lehnen den Turbokapitalismus ab und wollen den Amerikanern in einen neuen Krieg auch dann nicht folgen, wenn die UNO das Vorhaben billigen sollte. An wen sich diese Botschaft richtet, ist klar: an den linken Flügel der SPD, an das pazifistische Lager der Grünen und an die antiamerikanischen Instinkte der PDS."

Für die TAZ in Berlin kommt die Distanzierung zur US-Regierung in der Frage eines möglichen Irak-Krieges zu spät:

"Rot-Grün hat, im Kosovo und in Afghanistan, die Normalisierung deutscher Außenpolitik durchgesetzt. Jetzt zeigen Schröder & Fischer, dass es gleichwohl keinen Kriegs-Automatismus gibt - und dass die Frage deutscher Beteiligung weder in Washington noch in New York entschieden wird. Das könnte eine große politische Geste sein. Doch sie kommt zu spät und folgt offensichtlich der Logik des Wahlkampfes. Rot-Grün braucht unbedingt ein neues Wahlkampfthema, deshalb stürzt sich die Regierung auf den Irakkrieg. Der Eindruck bleibt zwiespältig: Der Kanzler hat etwas Richtiges gesagt - aus dem falschem Grund."

Die PFORZHEIMER ZEITUNG kommentiert die Strategie gegen den Irak ohne den Wahlkampfhintergrund:

"Dass Saddam Hussein mit einer Politik der Eindämmung in Form von Sanktionen und Kontrollen durch UN-Inspekteure nicht beizukommen ist, hat die Zeit nach dem zweiten Golfkrieg hinlänglich bewiesen. Oder kann irgendein Geheimdienst mit Sicherheit sagen, wie groß Saddams Sortiment an biologischen, chemischen oder gar atomaren Waffen inzwischen ist? Eine militärische Intervention kategorisch auszuschließen wäre deshalb so falsch, wie ein überhasteter Angriff der USA. Saddam Hussein hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er zu allem fähig ist. Davon, dass in seinem Land Experten mit Nuklearwaffen experimentieren, muss der Rest der Welt ausgehen. Bevor er sie nutzt, sollten die USA, Europa und ihre Verbündeten einschreiten."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU befürchtet, dass der US-Präsident zu schnell bereit ist, ein Irak-Abenteuer einzugehen:

" Die Senatsanhörungen haben gezeigt, dass in Washington einstweilen mehr Fragen als Antworten vor einem Irak-Angriff stehen. Die Polarisierung der politischen Lager wird sich mit dem Kongress- Wahlkampf im Herbst verstärken. Die Bush-Regierung wird erst noch einem neu gewählten Kongress erklären müssen, warum ein US-Alleingang im Mittleren Osten ohne Alternative ist. Bislang spricht viel dafür, dass die Terrorbekämpfung für Bushs Präsidentschaft zum Mittelpunkt geworden ist und er dieses Thema jenseits politischer Vernunft ausreizt. Sich davon zu distanzieren, ist auch im Wahlkampf richtig, ohne dass es gleich einen 'deutschen Weg' braucht."