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Pressestimmen von Mittwoch, 11. Januar 2006

Gerd Winkelmann 10. Januar 2006

Iran Nuklear-Forschungsprogramm / Sicherheitsmängel Fußballstadien

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Trotz internationaler Proteste hat der Iran sein umstrittenes Nuklear-Forschungsprogramm wieder aufgenommen. Vor den Augen von Inspekteuren der UN-Atombehörde entfernten Techniker die Siegel an einer Anreicherungsanlage für Uran. In die Sorge über eine neue Atommacht mischt sich Selbstkritik in die Kommentare der deutschen Tagespresse.

So schreibt etwa die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg:

'Selbst die Herrscher in den Hauptstädten der Atommächte leben unter dem Damoklesschwert eines zweiten Hiroschima. Doch dies hinderte sie nicht, mit dem Verkauf der brisanten Technologie Geld zu verdienen. Die Idee, Erdöl-Exporteuren wie Irak oder Iran zu eigenen Atommeilern zu verhelfen, um ihre «Energie-Probleme» zu lösen, mutete schon immer grotesk an. So plante der Schah in den 70er Jahren den Bau von 23 Kernkraftwerken. Die Technik wäre natürlich aus den USA gekommen. Die Atommächte haben selbst dazu beigetragen, ihr prächtiges Kernwaffen-Monopol zu unterminieren.'

Im Düsseldorfer HANDELSBLATT lesen wir:

'Die Front gegen Iran ist (...) bei weitem nicht so geschlossen, wie es gelegentlich den Anschein hat. Kurzfristige ökonomische Interessen überwiegen bei manchen Staaten die Reaktion auf mittelfristige politische Gefahren. Andere Regierungen wiederum ergreifen lieber jeden diplomatischen Strohhalm, als auch nur über eine militärische Option nachzudenken. Die wäre in der Tat fatal. Aber sie könnte Realität werden, wenn irgendwann einem der Beteiligten die Geduld ausgeht.'

Hier ein Blick in den Kommentar des WIESBADENER KURIERS:

'Ganz abgesehen von der Frage, warum ein so ölreiches Land wie der Iran unbedingt Strom aus Atomkraft gewinnen will: Ginge es nur um die friedliche Nutzung der Kernenergie, so wären die Mullahs mit den bisherigen Kompromissangeboten bestens bedient, vor allem mit dem letzten Vorschlag Moskaus für eine gemeinsame Urananreicherung auf russischem Boden. Doch Teheran will die Bombe und gemessen an den jüngsten Tiraden seines fanatischen Präsidenten will es sie womöglich sogar einsetzen - gegen Israel und andere. Trägerraketen, die bis nach Europa reichen, stehen im Gottesstaat schon zur Verfügung.'

Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock urteilt wie folgt:

'Der Bruch der Siegel und damit von Abmachungen etwa mit der EU zeigt, dass Teheran den von Europa und Russland favorisierten Dialog vor allem zum Zeitgewinn für seine Nuklear-Pläne genutzt hat. Irans Konfrontationskurs zielt auf politische und militärische Führerschaft in Nah- und Mittelost. Das Mullah-Regime hält den Zeitpunkt für günstig: Weder im Irak-Krieg, im israelisch-palästinensischen Konflikt noch im Antiterrorkampf hat der Westen so recht Erfolg. Dass Irans Atomprogramm allein zivilen Zielen dient, ist unglaubwürdig angesichts seines Präsidenten, der Israel auslöschen und weiter Terrorgruppen wie Hisbollah und Dschihad sponsern will.'

Themenwechsel: Fünf Monate vor der Fußball-Weltmeisterschaft haben die Stadien in Berlin, Gelsenkirchen, Leipzig und Kaiserslautern in einer Studie der Stiftung Warentest die Rote Karte erhalten. Bemängelt werden Fluchtmöglichkeiten für Paniksituationen und der Brandschutz. Die Veranstalter winken ab. Deutschlands Meinungsmacher sind gespalten:

Die TAGESZEITUNG - taz aus Berlin schreibt:

'Das Organisationskomitee versucht, die hoch angesehene Prüfanstalt als profilierungssüchtiges und parasitäres Unternehmen darzustellen, das noch dazu schlampig in der Pressearbeit vorgegangen sei: Das deutsche Stadion ist sicher - basta. Wer diese Tatsache in Frage stellt, ist ein Nörgler und Querulant, als ob es nie eine Eissport- halle in Bad Reichenhall, einen Flughafen in Düsseldorf oder einen Alpentunnel in der Schweiz gegeben hätte.'

Der GENERAL-ANZEIGER in Bonn kommt zu einem ähnlichen Ergebnis:

'Wir könnten es uns so einfach machen wie unser aller Fußball- Kaiser und zynisch fragen: Lässt sich die Sicherheit von Stadien wirklich so einfach testen wie, sagen wir: Waschmaschinen, Gesichtscreme oder Olivenöl? Franz Beckenbauer, der WM-Macher, hat das auf typische Art abgeschmettert. Doch es ist zu simpel und geradezu fahrlässig, die Hinweise auf Mängel als reine Panikmache abzutun. Die Erkenntnisse der unabhängigen Prüfer passen leider zur Palette von Peinlichkeiten, die unseren Weg zum Großereignis des Jahres begleiten: Bestechlichkeit, Zahlungsschwäche, undichte Dächer, wackelnde Tribünen, randalierende Fans. Und das geschrumpfte Polizeipersonal weiß auch noch nicht so genau, wie es Sicherheit gewährleisten soll.'

Die AUGSBURGER ALLGEMEINE ist anderer Meinung:

'Eine Versachlichung der Diskussion ist notwendig. An der Sicherheit darf nicht gespart werden. Aber mehr Ruhe und Augenmaß tun Not. Das gilt für alle. Für die, die warnen, und die, die gewarnt wurden. Gefragt ist eine nüchterne, schnelle Überprüfung. Es müssen viele Fragen geklärt werden. Wie groß ist die Gefahr, in die sich der Stadionbesucher begibt? War der Maßstab, den die Warentester anlegten, wirklich der Realität angepasst? Rechtfertigen ein paar fehlende Wandhydranten und zu niedrige Treppenstufen tatsächlich die dramatischen Warnungen?'

Zu guter Letzt noch ein Blick in die EßLINGER ZEITUNG:

'Der Ärger des Organisationskomitees ist verständlich. Denn die Warentester nutzen ganz gezielt die Plattform WM und die damit verbundene Emotionalität im Umfeld des Großereignisses, um den Untersuchungsergebnissen die nötige Dramatik zu verleihen. Zuerst große Töne zu spucken, aber die Details erst zwei Wochen später nennen zu wollen, lässt zudem auf eine in erster Linie die Auflage stärkende Maßnahme schließen. Die Stiftung Warentest prangert Bauvorschriften und mangelhafte Fluchtmöglichkeiten an. Für die veralteten Gesetze ist allein der Gesetzgeber verantwortlich. Franz Beckenbauer und sein OK-Team können dafür nichts.'