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Pressestimmen von Mittwoch, 12. März 2003

zusammengestellt von Siegfried Scheithauer11. März 2003

Reformpläne von Bundeskanzler Schröder/Irak-Streit im Weltsicherheitsrat/Internationaler Strafgerichtshof eröffnet/

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Das Reformpaket der Bundesregierung nimmt Konturen an. Die deutsche Tagespresse schießt sich vor der Regierungserklärung schon einmal auf Kanzler Schröder ein.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG kommentiert:

"Gerhard Schröder wird am Freitag Einschnitte verkünden, die selbst die Union im Wahlkampf nicht zu fordern wagte. Er wird die Stimmung in der Wirtschaft mit seinen Kreditprogrammen aufzuhellen versuchen. Er wird erklären, dass er sich nun erst recht der Einflussnahme der Interessengruppen widersetzen wird. Vieles, was er sagt, wird gut klingen, manches sogar wirken. Doch um die Arbeitslosenzahlen entscheidend zu senken, müsste Schröder einen Paradigmen-Wechsel einleiten - einen Wechsel des gesamten Weltbildes also. Der Sozialstaat muss radikal auf seine Finanzierbarkeit überprüft werden: Es kann nicht mehr jeder dritte Euro des Volkseinkommens für Sozialleistungen ausgegeben werden."

Auch andere Blätter vermissen eine klare Linie und programmatische Klarheit. Die BERLINER ZEITUNG urteilt:

"Was der Bundeskanzler und die SPD derzeit an Ideen vorlegen, ist nichts als Politik nach Kassenlage und Nachgeben bei der einen oder anderen Interessengruppe. Der Staat kann die Wirtschaft nicht ankurbeln. Nicht im großen Stile. Und manchmal wäre es besser, das wenige was er tun kann, auch noch zu lassen. Es ist nicht ökonomisch
vernünftig, einen Wirtschaftszweig zu subventionieren, der schrumpfen muss. Und es ist nicht sozial, Leistungen alternativlos nur zu kürzen."

Die Zeitung DIE WELT sieht es ähnlich:

"Das Spektakel um die Regierungserklärung des Bundeskanzlers am Freitag zeigt wieder einmal, wie wenig in den vergangenen drei Jahrzehnten in diesem Land passiert ist: Diese Gesellschaft ist so reformhungrig, dass sie sich bereits am kleinsten Hoffnungsschimmer festhält. Allerdings lässt bereits die Inszenierung an sich wenig Hoffnung zu. Stattdessen wird eine große Schwäche offenbar, die sich durch die gesamte Amtszeit dieses Kanzlers zieht: Gerhard Schröder hat kein ordnungspolitisches Leitbild, nach dem er die Wirtschaft in diesem Land sanieren will."

Der MANNHEIMER MORGEN hat beobachtet:

"Mit dem 15-Milliarden-Investitionsprogramm will Schröder nicht nur der darbenden Bauwirtschaft helfen und die Kommunen entlasten, er versucht damit auch die Gewerkschaften zu beruhigen, die das Heil in der Staatsknete zur Ankurbelung einer schwachen Konjunktur suchen. (...) Die Investitionshilfen sind sein Zuckerbrot, mit denen er sich die politische Zustimmung zur Peitsche, der Kürzung von Sozial- leistungen, erkaufen möchte."

Weiter im Brennpunkt der Irak-Konflikt. Zur Situation nach dem angedrohten Veto Frankreichs und Russlands schreibt die Berliner TAGESZEITUNG, kurz "TAZ":

"Die Kriegsfront wackelt. Das belegt der neue Vorschlag der britischen Regierung. Er sieht vor, im Sicherheitsrat doch nicht über die ursprünglich von den USA und Großbritannien eingebrachte Kriegs- resolution abzustimmen, sondern über einen Alternativentwurf. Zwar enthält auch dieser im Kern noch einen Automatismus zum Krieg, den Frankreich und Russland zu Recht mit einem Veto zu stoppen drohen. Aber der britische Vorstoß ist die erste substanzielle Änderung der Hardliner-Position, mithin eine Basis zum Weiterverhandeln."

Der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn analysiert:

"Der Nervenkrieg um die Haltung des UN-Sicherheitsrats scheint in seine letzte Phase zu gehen. Beide Seiten - hier Washington/London, dort Paris/Moskau/Berlin - haben ihre Bemühungen, die sechs so genannten Unentschlossenen auf ihre Seite zu ziehen, bis zum Äußersten verstärkt. Dass es dabei nicht nur um politische Argumente, sondern auch um Geld geht, ist ein offenes Geheimnis. Eindeutig ist auch, dass der Resolutionsentwurf der USA ohne Druck keine Mehrheitschance hätte."

Die Eröffnung des neuen Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag beleuchtet die FRANKFURTER RUNDSCHAU:

"Der Supermacht USA ist es trotz größter Anstrengungen nicht gelungen, die Schaffung des Weltgerichtshofs zu verhindern oder zumindest dessen Kompetenzen einzuschränken. (...) Es ist ein ermutigendes Zeichen, dass 89 Staaten, darunter alle europäischen, die Vision einer Weltjustiz verwirklicht haben. Massenmörder in Uniform oder im Nadelstreifenanzug können jetzt nicht mehr mit Straffreiheit rechnen".