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Pressestimmen von Mittwoch, 12. Mai 2004

Arian Fariborz11. Mai 2004

Flexibler Stabilitätspakt / Fischer-Besuch in Washington / Ausbau von Ganztagsschulen

https://p.dw.com/p/5289



Der Ruf innerhalb der rot-grünen Koalition nach einer Lockerung des EU-Stabilitätspaktes und höheren Schulden, der Besuch von Bundesaußenminister Fischer in Washington sowie das Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung sind die beherrschenden Kommentarthemen deutscher Tageszeitungen.

Kritisch bewerten die STUTTGARTER NACHRICHTEN die Lockerung des Sparkurses der Bundesregierung und den Vorstoß von SPD-Parteichef Müntefering zum Stabilitätspakt:

"Der atemberaubende Ansehensverlust der deutschen Finanzpolitik in der EU ließe sich verkraften, wenn wenigstens ein Ende des deprimierenden Zahlensalats in Sicht wäre. Deutschland als EU-Musterland a. D. hatte den Euro-Stabilitätspakt einst als Rute gegen die vermeintlichen Hallodris aus Südeuropa erfunden - um dann seit 2002 selbst dreimal das vorgegebene Staatsdefizit zu überschreiten. Das allein ist peinlich genug. Auch die jüngsten Versprechen wirken schon wieder hohl: Mag die Konjunkturkrise schlimm und der Stabilitätspakt reformbedürftig sein - mit seinem Offenbarungseid disqualifiziert sich Deutschland als ernst zu nehmender Gesprächsteilnehmer im EU-Kreis."

Und der BERLINER KURIER schreibt:

"Um die Konjunktur zu retten, will Franz Müntefering Schulden machen. Sein Kalkül: Wachstum durch Kredite und so raus aus der Schuldenfalle. Die Union sagt Nein. Dort wird immer der Kopf geschüttelt, wenn die Regierung etwas will. Das scheint so eine Art Unions-Reflex zu sein. Absicht ist, den 'Feind' in Not zu bringen. In der Schuldenfalle wirkt Rot-Grün jedenfalls hilflos. So weit geht die Rechnung auf. Aber dem Land ist damit nicht geholfen."

Themawechsel: Der BONNER GENERALANZEIGER beleuchtet die Reise von Außenminister Fischer nach Washington vor dem Hintergrund des Folterskandals im Irak.

"Der Bush-Administration ist die eigene missliche Lage und ihre internationale Isolation derart schmerzhaft bewusst, dass es keiner neuer Salzladungen für die heftig schmerzenden Wunden Washingtons bedarf. Fischer musste vielmehr auf die langfristigen Perspektiven der mühselig wieder in Stand gesetzten deutsch-amerikanischen Beziehungen achten. Das schließt unangenehme Wahrheiten hinter den Kulissen ein: Die USA müssen die fatalen Rückwirkungen der wohl organisierten Menschenrechtsverletzung sowohl auf das Hasspotenzial im Irak als auch auf den labilen Zusammenhalt der Kriegs-Koalition einkalkulieren. Fischers so versteckte, wie respektlose und notwendige Botschaft lautete: Washington muss seine internationale Philosophie überarbeiten, um die transatlantische «Werte»- Gemeinschaft nicht weiter zu gefährden."

Der MANNHEIMER MORGEN kommentiert das Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung:

"Der eigentliche Erfolg des Bundes-Programms liegt darin, die Diskussion über Ganztagsschulen überhaupt eröffnet und mit den vier Milliarden Euro die Länder in Zugzwang gebracht zu haben. Denn eins ist sicher: Ohne den Anstoß aus Berlin wäre nichts passiert. Jetzt ist etwas geschehen, und wie das praktische Ergebnis aussehen wird, liegt in der Verantwortung der Länder. Die Länder-Ministerien entscheiden, wie die Bundes-Gelder eingesetzt werden, ob es weitere Mittel aus dem Landeshaushalt gibt und wie der dehnbare Begriff der Ganztagsbetreuung definiert wird. Am Ende wird sich zeigen, wie ernst es den Ländern mit der besseren Bildung ist. In Berlin werden sich künftig Eltern jedenfalls nicht beschweren können."

Abschließend meint die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG:

"Mit Ganztagsschulen im eigentlichen Sinne haben viele Einrichtungen kaum etwas gemein. Sie machen Halbtagsunterricht mit Nachmittagsbetreuung. Diese Mogelei bremst die beabsichtigte neue Lernkultur. So vollzieht sich nur schleppend der Paradigmenwechsel vom Pauken zum Bilden, wo der einzelne zählt, weil er differenziert gefördert werden kann, statt mit der ganzen Klasse halbtags im gleichen Tempo durch den Lernstoff getrieben zu werden - ungeachtet unterschiedlichen Leistungsniveaus und Lerntempos."