1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Mittwoch, 13. Juni 2005

Zusammengestellt von Reinhard Kleber 12. Juli 2005

Deutschland droht ein neues EU-Defizitverfahren / Streit um UN-Reform / Haltung der FDP zu Steuererhöhung

https://p.dw.com/p/6uaM

Die EU-Kommission hat Deutschland mit der Wiederaufnahme des Defizitverfahrens gedroht, falls die Bundesregierung das Defizit nicht entschlossen bekämpft. Dies ist das Hauptthema in den Kommentaren der deutschen Zeitungen. Außerdem befassen sich die Leitartikler mit der Haltung der FDP in der Gretchenfrage: Wie hältst Du es mit höheren Steuern?

Zunächst zum Defizit-Warnschuss des EU-Währungskommissars Joaquin Almunia: Dazu lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN:

"Almunia gibt zu erkennen, dass er den Pakt nicht völlig dem Belieben der Mitgliedstaaten überantworten will. Bewusst wendet er sich an die deutschen Wahlkämpfer fast aller Parteien. Deren Augenmerk gilt zuallerletzt der Frage, wie der marode Haushalt schnell wieder den Vorgaben des Paktes entsprechen könnte. Das gilt auch für die Union, deren Wahlprogramm wahrlich keine ausgeprägte Präferenz für eine schnelle Haushaltskonsolidierung erkennen lässt. Anders als vom Finanzminister dargestellt, enthält die Ankündigung des Kommissars ein vernichtendes Urteil über die deutsche Finanz- politik."

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU führt zu diesem Thema aus:

"Die Katastrophenmeldungen werden inzwischen routiniert zur Kenntnis genommen. Man ist Kummer gewohnt. Nur so ist zu erklären, dass die neuesten Nachrichten aus Brüssel niemanden mehr in Panik versetzen. Deutschland wird wohl auch in diesem und dem nächsten Jahr mehr Schulden machen, als die europäischen Vorschriften erlauben. Die Berliner Etatlage ist inzwischen derart katastrophal, dass die Kommission der Europäischen Union selbst unter Berufung auf den weich geklopften Euro-Stabilitätspakt keinen anderen Ausweg zu sehen scheint, als das Defizitverfahren gegen Deutschland neu aufzunehmen."

Zum Meinungsstreit über eine Reform der Vereinten Nationen schreibt die TAZ aus Berlin:

"Zum Auftakt der Debatte der UNO-Generalversammlung über eine Reform des Sicherheitsrates ist die Seifenblase einer gesicherten Mehrheit für die Ambitionen der rot-grünen Regierung auf einen ständigen Ratssitz für Deutschland endlich geplatzt. Jetzt müssen die angeblich 'unzuverlässigen' Afrikaner als Sündenbock für die Fehleinschätzungen der Bundesregierung herhalten. Wie gravierend diese waren, zeigt auch die noch letzte Woche von Berliner Regierungsvertretern verkündete Prognose, die von Italien, Argentinien und Pakistan angeführte, über 40 Staaten starke Gruppe der G-4-Kritiker in der Generalversammlung werde keinen eigenen Gegenantrag auf die Beine bringen."

Anders die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN, die vor allem den UN-Generalsekretär Kofi Annan unter Druck sehen:

"Von wegen Vereinte Nationen: Unvereint, ja heillos zerstritten präsentiert sich die UN-Vollversammlung. Ein peinliches Bild. Denn es geht um Wichtiges, die Erweiterung des Sicherheitsrats. Eine Chance für den angeschlagenen Kofi Annan, der als Quasselbude verschrienen Organisation ein zeitgemäßes Profil zu verleihen. Doch die Uno nutzten ihre Chance bislang nicht. Das Aus für die Ratsreform liegt in der Luft."

Nun zur FDP und ihrem Wackelkurs in der Frage der Mehrwertsteuer. Die MÄRKISCHE ODER-ZEITUNG gibt zu bedenken:

"Gewiss ist Kritik an Steuererhöhungen aus wirtschaftsliberaler Sicht immer angebracht. Sie ist aber angesichts der katastrophalen Lage der Staatsfinanzen und der hohen Belastung der Arbeit in Deutschland mit Sozialkosten auch wohlfeil. Die liberale Aufregung um einen Einzelpunkt könnte ein Ablenkungsmanöver sein, um von eigenen programmatischen Schwächen abzulenken. Es fehlt bisher der große liberale Gegenentwurf für einen Wahlkampf, der ganz von Wirtschaftsthemen beherrscht sein dürfte."

Die LÜBECKER NACHRICHTEN sehen andere Gründe für die Aufregung bei der FDP:

"So kennen wir sie doch, die FDP: Dabeisein ist alles. Abgesehen von der Frage, wer in der FDP eigentlich noch auf Guido Westerwelle hört - die freidemokratische Aufregung ist nachvollziehbar. Wie man hört, macht sich Angela Merkel ernste Sorgen, dass sich die Liberalen und ihr Chef selbst vom Koalitionskarussell schubsen könnten. Auf der anderen Seite intonieren Mitte-Rechts-Sozis mit Müntefering als Chorleiter immer vernehmbarer das Lied der großen Koalition - da wird es sehr eng für die FDP, wenn die Linkspartei tatsächlich so stark wird wie verheißen."