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Pressestimmen von Mittwoch, 14. Juni 2006

Herbert Peckmann 13. Juni 2006

Präsident Bush zu Blitzbesuch im Irak / Tabak-Werbeverbot auf dem Vormarsch

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Als Überraschungsgast im Irak ist US-Präsident Bush mit Ministerpräsidenten Maliki zusammengetroffen. Dabei würdigte Bush die Politik der irakischen Regierung. Der Kurzbesuch wird auch in den deutschen Tageszeitungen kommentiert.

So bemerkt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Bushs Blitzbesuch beim neuen Ministerpräsidenten Maliki soll, natürlich, dessen Autorität nach Innen und nach Außen stärken. Aber ob der Handschlag im Palast von Bagdad für Maliki eine innenpolitische Last ist oder nicht - klar ist, daß auch er für die Sicherheit im Lande verantwortlich ist. So sind der Republikaner Bush und der Schiit Maliki zu einem heiklen Zeitpunkt Partner auf Gedeih und Verderb: Gelingt es, Zonen der Sicherheit nach und nach auszuweiten sowie die Gewalt der Aufständischen und den Terror der Dschihadisten einzudämmen; gelingt es, Schiiten und Sunniten vom Rande des Bürgerkriegs zurückzuholen, dann nützt es beiden: Bush kann die Truppenstärke verringern, ohne daß es wie Flucht aus der Verantwortung aussähe, und Maliki wird in seiner Stellung und in seinem Machtanspruch gestärkt."

Die Postocker OSTSEE-ZEITUNG zieht Parallelen zu Bushs Kurzbesuch vor zweieinhalb Jahren:

"George W. Bushs medienwirksame Visite ... fand ... unter ungleich schwierigeren Umständen statt als sein erster Kurzbesuch im November 2003. Damals konnte Bush den Soldaten beim Erntedankfest noch versprechen: «Wir bleiben, bis der Job getan ist.» Das ist nicht mehr so sicher. Inzwischen muss sich der US-Präsident daheim seiner arg gesunkenen Popularität und einer stark gewachsenen Ablehnung des militärischen US-Engagements im Irak stellen."

Die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND titelt "Die richtige Botschaft" und führt aus:

"Bushs Besuch ist Symbolpolitik, mit dem Ziel, die Moral daheim und bei den Truppen zu heben. Solche Symbolpolitik kann aber auch im Gastland wichtig sein. Die neue Regierung in Bagdad kann jede Aufwertung von außen gut gebrauchen. Die USA haben das zwar nicht mehr in der Hand, aber ihre Signale bleiben wichtig. Bushs Besuch ist ein Bekenntnis zu einem fortgesetzten Engagement der USA. Im Irak könnte der Eindruck eines bevorstehenden US-Rückzugs den Bürgerkrieg unmittelbar anheizen."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder gibt sich nachdenklich. Dort lesen wir:

"Wenn George W. Bush nicht vor allem als Präsident in die Geschichte eingehen will, der außenpolitisch ein Desaster angerichtet hat, muss im Irak bald etwas passieren. ... Zwei Möglichkeiten gibt es: entweder im Schlamassel auszuharren oder möglichst schnell den Rückzug anzutreten. Propagandistisch wurde für letzteren Fall bereits vorgebaut: Nach Parlamentswahlen und Regierungsbildung sieht Bush den Irak auf dem besten Wege zu demokratischen Strukturen. Allerdings liegen zwischen Schein und Sein Welten. Schiiten, Sunniten und Kurden belauern sich weiter."

Zu einem weiteren Kommentarthema: Deutschland hat kaum noch Chancen, das von der EU auf den Weg gebrachte Tabakwerbeverbot per Klage zu kippen. Der zuständige Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs plädierte in Luxemburg dafür, die noch unter der Regierung Schröder eingereichte Beschwerde zurückzuweisen. Dazu schreibt die Berliner Tageszeitung TAZ:

"Das Tabakwerbeverbot kommt. Die deutschen Bremser haben vom Europäischen Gerichtshof eine ordentliche Klatsche bekommen. Es ging ihnen in Wahrheit nie darum, ob die EU mit der Tabak-Werberichtlinie ihre Kompetenz überzogen hat, sondern schlicht darum, dass die von der Tabakindustrie angeschobene Bundesregierung alles vermeiden wollte, was den Konzernen schadet. Und das Werbeverbot ist tatsächlich ein kleiner Killer für die Kippenbranche. Nun wird jedenfalls eine Selbstverständlichkeit exekutiert: Ein Produkt, das jährlich weltweit vier Millionen Menschen umbringt, muss nicht auch noch aggressiv beworben werden."

Dies sieht das Düsseldorfer HANDELSBLATT ganz anders:

"Sicherlich, Zigaretten rauchen schädigt die Gesundheit massiv. Deshalb jubilieren viele hauptberufliche Gesundheitsschützer darüber, dass das Werbeverbot nun auch in Deutschland kommt. Aber was wird es für den Gesundheitsschutz bringen? Nicht der gemeine Verführer Werbung bringt die Jugendlichen zum Rauchen, sondern das Beispiel von Gleichaltrigen. Nicht Werbeverbote bringen die Leute vom Rauchen ab, sondern Kosten und die Einsicht, dass es ihnen ohne Zigaretten besser geht."

Die WILHELMSHAVENER ZEITUNG befürchtet Einschnitte bei der Entscheidungsfreiheit der Bürger. Das Blatt kommentiert:

"Wenn es um Werbung und Sponsoring geht, hat sich zumindest in der Europäischen Kommission das Bild vom Bürger als Mitglied einer willfährigen Schafherde verfestigt, die man von Seiten der Obrigkeit zu ihrem Glück zwingen muss. Sprich: Aus Sicht Brüssels ist der Europäer als solcher viel zu blöd, um selbst zu erkennen, was für ihn gut ist und was nicht. Da ist es geradezu verwunderlich, dass angesichts dieses Weltbilds die Schafherde noch zu Wahlen auf europäischer Ebene gerufen wird; aber vielleicht hat das damit zu tun, dass sich die EU-Kommission, die gerne mal bürokratische Kuriositäten ausheckt, selbst nicht dem Wahlbürger gegenüber verantworten muss."

Für das MAIN-ECHO aus Aschaffenburg schließlich zeigt sich eine fatale Wechselwirkung. Dort heißt es:

"In den Amtsstuben der EU-Kommission werden regelmäßig allerhand volkspädagogische Richtlinien zur besseren Lebensführung ersonnen ... , die später mit Blick auf den einheitlichen EU-Rechtsraum höchstrichterlichen Segen bekommen. So gehen Brüsseler Tugendterror und Luxemburger Gleichheitsdrang immer häufiger eine beängstigende Allianz ein. Wo bleibt das Vertrauen in den mündigen Verbraucher, wo der Respekt vor Europas unterschiedlichen (Rechts-)Kulturen?"