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Pressestimmen von Mittwoch, 15. Juni 2005

zusammengestellt von Michael Wehling14. Juni 2005

Schröders Vorstoß zur Stammzellenforschung / Krise der EU / Freispruch für Michael Jackson

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Ein zentrales Kommentarthema ist an diesem Mittwoch der Vorstoß von Bundeskanzler Gerhard Schröder zur Lockerung der Vorschriften für die Stammzellenfoschung. Beachtung findet außerdem die Krise der Europäischen Union und der Freispruch für Popstar Michael Jackson im Missbrauchs-Prozess in Kalifornien:

Zunächst zu Schröders Position zur Stammzellenforschung. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG merkt kritisch an:

'Es ist Schröders Missverständnis, zu meinen, man müsse 'immer wieder neu entscheiden'. In Grundsatzfragen wie etwa der Todesstrafe oder eben dem Embryonenschutz darf man gerade nicht ... immer wieder neu entscheiden, sonst ist der Grundsatz nichts wert. Selbst der jüngste Erfolg koreanischer Wissenschaftler ist noch kein Beweis dafür, dass man nur ausreichend viele Embryonen töten müsse, dann würden eines Tages gewiss Alzheimer-Kranke und Querschnittgelähmte geheilt werden können.'

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München fragt:

'Dürfen wir alles tun, was wir können? Schröder erwartet eine Antwort auf diese Frage von Wissenschaftlern, Politikern und Bürgern. Die Antwort aber steht im Grundgesetz: Der Schutz der Menschenwürde und des Lebens steht über allen Gesetzen. Man darf diese Werte nicht einer an fernen Zielen orientierten Grundlagenforschung opfern.'

Auch die KÖLNISCHE RUNDSCHAU übt Kritik am Kanzler:

'Überraschend, ja erschreckend an Schröders Auftritt war nicht das Ergebnis seiner Überlegungen, sondern der Weg dahin: die intellektuelle Schlichtheit, mit der der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland ethische und juristische Fragen erledigt, die die Grenzen menschlichen Vorstellungs- und Handlungsvermögens betreffen.'

Anders argumentiert die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg:

'Vieles spricht dafür, das Stammzellen-Gesetz zu lockern. Eigentlich kann es sich ein High-Tech-Land wie Deutschland nicht leisten, auf wissenschaftlichen und dem später wohl damit verbundenen wirtschaftlichen Erfolg zu verzichten. Noch zugkräftiger aber sind humanitäre Gründe für mehr Spielraum in der Forschung mit embryonalen Stammzellen. Nächstenliebe heißt, Menschen zu helfen.'

Im BADISCHEN TAGBLATT lesen wir:

'Es besteht ... kein akuter Handlungsbedarf. Gleichwohl hat Schröder Recht, die Fragen aufzuwerfen. Sie werden neu beantwortet werden. Aber nicht mehr von diesem Bundestag, sondern in der neuen Legislaturperiode mit wohl neuen Mehrheitsverhältnissen. Dann wird sich zeigen, was die halbherzige Empörung der Retter der Menschenwürde von der Union wert ist. Wenn man die konsequente FDP als Koalitionspartner hinzuzählt, ahnt man, wie Forschungspolitik 2006 aussehen könnte.'

Themenwechsel. Der in Berlin herausgegebene TAGESSPIEGEL beschäftigt sich mit der Krise der Europäischen Union:

'Weil in diesem Europa der Regierungsbeamten das europäische Gemeinwohl noch stets in das Konzept der nationalen Karos gepresst wird, herrscht seit Jahren in zentralen Politikfeldern rasender Stillstand. ... So ist die europäische Integration nicht deshalb in der Krise, weil die Bürger zu dumm sind, die Absichten ihrer Regierungen zu verstehen. Sondern umgekehrt ist es richtig: Die Regierungen weigern sich, die nötigen Lektionen aus der Ablehnung ihres Beamtenprojekts in der Bevölkerung zu ziehen.'

Nun zum Freispruch für Michael Jackson vom Vorwurf sexuellen Missbrauchs Minderjähriger. Die in Gera erscheinende OSTTHÜRINGER ZEITUNG hebt hervor:

'Begründete Zweifel an seiner Schuld waren es, die ihn vor einer Verurteilung bewahrten, nicht etwa Ruhm und Reichtum. Michael Jackson wird sich von diesem Karriereknick und dem vollends verdorbenen Ruf dennoch nie mehr ganz erholen. Nicht zum ersten Mal wurde ein berühmter Star entzaubert und auf ein erschreckend menschliches Maß zurück gestutzt.'

Der SÜDKURIER aus Konstanz führt aus:

'Michael Jackson selbst ist freigesprochen und doch gebrandmarkt. Seine Show ist zu Ende, die letzte Dosis seiner Überlebensdroge Öffentlichkeit war so groß, dass er sich davon kaum erholen wird. Das Schicksal des künstlerischen Abstiegs teilt er mit fast allen Popstars seiner Generation.'