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Pressestimmen von Mittwoch, 15. Oktober 2003

Reinhard Kleber18. Oktober 2003

Erweiterung des Mandats der Afghanistan-Truppe / Haltung der SPD-Linken zu Arbeitsmarktreformen / Konsequenzen bei Lkw-Maut

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Die Ausweitung des Mandats der Afghanistan-Truppe durch den Weltsicherheitsrat und die geplante Entsendung weiterer deutscher Soldaten steht im Zentrum der Kommentare der deutschen Tagespresse. Weitere Themen sind die Probe-Abstimmung der SPD-Fraktion über die Arbeitsmarktreformen und der Führungswechsel beim Lkw-Maut-Betreiber Toll Collect.

Zum Afghanistan-Mandat schreibt die FRANFKURTER ALLGEMEINE:

"Mit dem Plan, Afghanistan mit Stützpunkten zu überziehen, von denen militärische Befriedung, politische Stabilisierung und wirtschaftlicher Wiederaufbau ausgehen sollen, wird der Wille demonstriert, die Neuordnung des Landes nun auch praktisch anzupacken. (...) Doch die Zweifel daran, ob sich solche Vorstellungen in einer geographisch wie ethnisch zerklüfteten Stammesgesellschaft mit feudalen Strukturen verwirklichen lassen, bekommen immer wieder neue Nahrung durch blutige Kämpfe zwischen Regionalfürsten und ihren Privatarmeen, die sichtbar machen, wie weit der Weg zu einem Staat im modernen Sinn in Afghanistan bleibt."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG lenkt den Blick auf den Irak-Konflikt:

"Im Peacekeeping-Geschäft sind Prognosen schwierig. Vielleicht reicht also schon die Präsenz der Soldaten, um dem Land auf dem steinigen Weg zu mehr Sicherheit zu helfen. Im deutschen Fall drängt sich aber der Eindruck auf, dass der Entsende-Beschluss gefällt wurde, um eine Entscheidung über den Irak zu vermeiden - ein Ablass-Handel mit Soldaten. Die hätten zumindest das Recht, über die strategischen Überlegungen hinter der Stationierung im Norden Afghanistans mehr zu erfahren. Darüber wird jetzt der Bundestag reden - nachdem die Entscheidung gefallen ist."

Angesichts der absehbaren Mehrheit der Regierungskoalition bei der Abstimmung über die Arbeitsmarktreformen meint die OFFENBACH-POST: "Geschafft, jedenfalls fast. Die Abweichler sind mit Zuckerbrot und eitsche erst einmal auf Linie gebracht, das Hartz-Konzept in einigen Punkten an die Wünsche der quengelnden SPD-Linken angepasst. Und so kann Bundeskanzler und Parteichef Gerhard Schröder am Freitag mit einer eigenen Mehrheit rechnen. Da wird ihn sein Geschwätz von gestern (Bedingung 1:1 Umsetzung) wohl kaum noch interessieren. Man darf gespannt sein, wie die Reform aussieht, wenn sie im Dezember aus dem Vermittlungsausschuss wieder ins Parlament kommt, und wie dann Schröders Abweichler abstimmen."

Die SAARBRÜCKER ZEITUNG mahnt dagegen eine klare Stellungnahme der Opposition an:

"Wenn der Kanzler in dieser Woche tatsächlich «die Kurve kriegt» und wichtige, mit seiner Person verknüpfte Reformvorhaben parlamentarisch durchsetzt, dann kann das rot-grüne Bündnis vielleicht auch auf anderen Gebieten Gesetzesprojekte in Angriff nehmen, ohne sich ständig mit inneren Querelen zu beschäftigen. CDU und CSU sind gefordert, nicht länger auf das - von ihnen ersehnte - Scheitern Schröders zu setzen, sondern klar zu sagen, wie sie zu den Reformen stehen und gegebenenfalls eigene Vorschläge machen."

Zum dritten Thema. Zum Debakel bei der Lkw-Maut lesen wir in der FRANKFURTER RUNDSCHAU:

"Der erste Kopf ist gerollt. Es darf gewettet werden, ob er der einzige bleibt. Denn den politischen Kinderglauben 'einer nimmt seinen Hut und alles wird gut' möchte man im Schlamassel um die Maut weder Industrie noch Politik durchgehen lassen. Tatsächlich wartet da noch eine ganze Garderobe von Hüten auf Köpfe, die Verantwortung übernehmen. Doch vorerst wird man sie kaum namhaft machen. Denn eine realistische, zeitnahe Alternative zum deutschen Maut-System ist nicht in Sicht. Das wissen auch die Betreiber, die die Politik mit ihrem Bluff von der perfekten deutschen Technologie in eine Sackgasse manövriert haben (...)"

Die Zeitung DIE WELT aus Berlin rügt dagegen vor allem Defizite bei den Aufsichtsgremien:

"Viel zu lange hat der bisherige Toll-Collect-Chef Michael Rummel wider besseres Wissen die Unwahrheit über den technologischen Stand des Systems gesagt. Fast ebenso lange hat der ebenfalls ausscheidende Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Mangold gutgläubig an Rummel festgehalten. Nicht minder hat Manfred Stolpes federführendes Ministerium versagt. Beide Aufsichtsgremien haben ein Musterbeispiel dafür geliefert, was passiert, wenn es an solidem Controlling fehlt. Mit DaimlerChrysler und Telekom - letztere war es, die jetzt die Notbremse gezogen hat - haben sich zwei deutsche Unternehmen von Weltrang nicht von ihrer stärksten Seite gezeigt."