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Pressestimmen von Mittwoch, 17. November 2004

zusammengestellt von Reinhard Kleber16. November 2004

Bericht des Bundesrechnungshofs / Debatte über Mitbestimmung / Neue Spitze des US-Außenministeriums

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Ein gefundenes Fressen für scharfzüngige Leitartikler ist der kritische Bericht des Bundesrechnungshofs. Die Kommentatoren der deutschen Zeitungen widmen sich außerdem der Debatte über eine Reform der Mitbestimmung und dem Wechsel an der Spitze des US-Außenministeriums.

Zur Kritik des Rechnungshofs lesen wir in der WELT aus Berlin:

"'Die Schieflage ist so extrem, daß es einem den Atem verschlägt.' Drastischer als vom Präsidenten des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels, ist die Lage des Bundeshaushalts selten beschrieben worden. Die Finanz- und Verschuldungspolitik des Bundes ist verantwortungslos. Immer mehr Geld geht für Sozialleistungen und Zinsen drauf; für sinnvolle Investitionen bleibt kaum noch etwas übrig, und die zukünftigen Generationen, die auf dem Schuldenberg sitzenbleiben, haben schon gar nichts von den häufig schlecht durchdachten staatlichen Investitionsvorhaben."

Der Kölner EXPRESS bewertet dagegen die Folgen für Finanzminister Hans Eichel:

"Die Abrechnung des Bundesrechnungshofes mit Deutschlands Schuldenmacher Nummer 1 - sie kommt einer Demontage Eichels auf der ganzen Linie gleich. Punkt für Punkt haut die Bundesbehörde Schröders Kassenwart die Sünden um die Ohren. Eine ellenlange Liste von Fehlern und Versäumnissen, die dank der offenkundigen politischen Unfähigkeit Eichels immer länger wird und das finanzpolitische Desaster von Tag zu Tag schlimmer macht. Dem Finanzminister steht das Wasser bis zum Hals."

Zur Debatte über die Mitbestimmung merkt das NEUE DEUTSCHLAND an:

"Ohne erkennbaren Anlass, aber dafür mit schwerem Geschütz wird derzeit über die Mitbestimmung gestritten. Passieren aber wird gar nichts, denn die nötige Mehrheit fehlt. Was soll also die ganze Aufregung? Fast könnte man annehmen, die Regierung habe den Ärger bei den Arbeitgebern bestellt. Denn wenn jemand von der theatralisch aufgeführten 'Mitbestimmungs-Debatte' profitiert, ist es die rot-grüne Staatsführung. Ohne 'Wenn und Aber' - und ohne, dass es etwas kostet - kann sie mal wieder den Gewerkschaften beispringen."

Die Rolle der Gewerkschaften beleuchtet auch das HANDELSBLATT aus Düsseldorf:

"(DGB-Chef) Michael Sommer erlebt gegenwärtig so etwas wie seinen zweiten politischen Frühling. Seit die Debatte über die Mitbestimmung läuft, kommt die DGB-Welt endlich wieder in Ordnung. Im Kampf um die Aufsichtsratsmandate von IG-Metall-Funktionären und Verdi-Vorständen schreiten Gewerkschafter und Sozialdemokraten wieder Seite an Seite. Der Bundeskanzler, gestern noch vom linken Narrensaum auf den Hartz-Demonstrationen als 'Arbeiterverräter' beschimpft, marschiert stramm vorneweg."

Themenwechsel: Condoleezza Rice wurde zur neuen amerikanischen Außenministerin berufen. Dazu schreibt der Berliner TAGESSPIEGEL:

"Zwei Schwarze nacheinander im Außenministerium und zum zweiten Mal (nach Madeleine Albright) eine Frau: Das zeigt immerhin eine kulturelle Offenheit, die viele dem Bush-Team nicht mehr ohne weiteres zugestehen wollen. Über die Nähe zu Europa lässt sich streiten. Powell galt als europäisch, weil er in dieser Regierung besonders liberal und multilateral wirkte, aber er hat keine wichtige Lebensphase in oder mit dem alten Kontinent verbracht. Ganz anders Condoleezza Rice: Im Studium hat der vor Hitler geflohene tschechische Jude Josef Korbel, der Vater von Madeleine Albright, sie geprägt und ihr Interesse für Mittel- und Osteuropa geweckt. Unter Bush-Vater leitete sie die Osteuropa-Abteilung im Nationalen Sicherheitsrat und war an den Zwei-plus-vier-Gesprächen über Deutschlands Einheit beteiligt."

Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz befasst sich dagegen mit der Frage der künftigen politischen Linie der neuen Ministerin:

"In Gestalt einer Ministerin Rice werden (...) unstrittig die Vertreter einer harten Linie, allen voran repräsentiert von Verteidigungsminister Rumsfeld, gestärkt. Die Frage, ob sich damit ein Kurswechsel verbinden wird, ist hypothetisch. Denn Frau Rice hat als Sicherheitsberaterin und enge Vertraute des Präsidenten alle einschlägigen Entscheidungen der ersten Amtsperiode Bushs mit getragen, einschließlich des Krieges gegen den Irak Saddam Husseins."