1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Mittwoch, 17. September 2003

16. September 2003

OECD-Studie zur deutschen Bildung/ Israels Strategie gegen Jasser Arafat

https://p.dw.com/p/4526

"Note mangelhaft" - "Bildung verschlafen" - "Armutszeugnis für Deutschland" - so titeln die Kommentatoren der deutschen Tagespresse: Trotz zahlreicher Reformbemühungen hat die OECD dem deutschen Bildungssystem erhebliche Defizite aufgezeigt.

Die Zeitung DIE WELT fasst zusammen:

"Die Aufregung um fehlende Fachkräfte in der Computerbranche, Green Cards für Inder und dumme Gegenparolen ist beinahe vergessen - verraucht im Absturz der New Economy, erstickt im endlosen Feilschen um ein Zuwanderungsgesetz. Doch war es ein Menetekel: Deutschland produziert nicht genug hoch Qualifizierte, schon gar nicht in den Zukunftsfeldern Naturwissenschaften und Technik. Das hemmt jene Produktivitäts-Steigerung, aus der in Wissensgesellschaften Wirtschaftswachstum und Wohlstand entstehen."

Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz erinnert an die verheerende PISA-Bilanz:

"Es drängt sich der Eindruck auf, dass die allgemeine Aufgeregtheit über das schlechte Abschneiden deutscher Schüler sich schnell wieder gelegt hat - sei es bedingt durch das Diktat der Sparzwänge, sei es durch ein allzu lautes Pochen auf die Länderhoheit in der Bildungspolitik. (...) Auch das zeigt die OECD-Studie: Bildungserfolge, die ich im eigenen Land erreiche, brauche ich nicht zu importieren".

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG stellt sich schützend vor die Lehrer:

"Bildungsstand und Wirtschaftskraft stagnieren in Deutschland. Beides ist den Lehrern aber nicht auch noch anzukreiden. Sie müssen längst als Prügelknaben herhalten, schuldig für nahezu alles, was an den Schulen schief läuft. Sie sind Geiseln der Lehrpläne, hängen am Gängelband der Schulbürokratie, stehen riesigen Klassen gegenüber. (...) Hohes Bildungsniveau, lebenstaugliches Wissen, Persönlichkeit, Selbstvertrauen und damit einen großen Nutzen für die Wirtschaft erreichen Schüler vor allem durch spezielle Förderung und lustvolles Lernen."

Die STUTTGARTER ZEITUNG zweifelt an der Lernfähigkeit der politischen Führung:

"Die Bundesregierung sowie die Kultusminister können zu Recht darauf verweisen, dass bereits Lehren für die Zukunft gezogen worden sind. Es erscheint dabei allerdings zweifelhaft, ob sämtliche Botschaften der OECD-Studie auf fruchtbaren Boden fallen. So passt die Erkenntnis, dass Investitionen in die Bildung sich wirtschaftlich auszahlen, nicht zum vielfachen Unterrichtsausfall und zur Mehrarbeit von Professoren und Lehrern."

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU schlägt in die gleiche Kerbe:

"Deutschland hat die letzten 20 Jahre bei der Bildung verschlafen. Jahre, in denen die skandinavischen Länder, aber auch Korea, Spanien und Portugal aus einem einzigen Grund an uns vorbei gezogen sind: Ihnen war die Bildung ihrer Kinder mehr Geld wert. Anders ausgedrückt: Die deutsche Politik hat das Humankapital sträflich vernachlässigt. Und das ist eine Katastrophe für eine Exportnation, die kaum über Rohstoffe verfügt."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München spricht für viele, wenn sie fordert:

"Wenn Deutschland international den Anschluss nicht noch weiter verlieren, ja wenn es sogar wieder nach vorne kommen will, dann muss es endlich deutlich mehr in die Bildung investieren. (...) Geld für Bildung ist nicht eine konsumptive Ausgabe, sondern die wichtigste Investition in die Zukunft eines Landes".

Mehrere Leitartikler beschäftigen sich mit der israelischen Strategie gegen Palästinenser-Präsident Jasser Arafat. Der KÖLNER STADT-ANZEIGER kritisiert:

"Israel nimmt für sich in Anspruch, das einzige Land in der Nahost-Region zu sein, das westlichen Ansprüchen an eine Demokratie genügt. Das könnte die Regierung Scharon jeden Tag neu unter Beweis stellen: etwa mit einer durch und durch rechtsstaatlichen Behandlung selbst ihrer erbittertsten Gegner. Stattdessen strapaziert die Administration in Tel Aviv mit ihrem Beschluss zur Ausweisung Arafats das Völkerrecht."

Die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND analysiert:

"Israels Premierminister Ariel Scharon hat die Lage falsch eingeschätzt. Nur so lässt sich der Entschluss seines Sicherheitskabinetts erklären, Palästinenserführer Arafat auszuweisen - oder gar zu töten. Der Aufschrei der Weltöffentlichkeit hat nicht auf sich warten lassen. Vor allem aber haben die Israelis das Gegenteil dessen erreicht, was sie wollten: Arafat ist gestärkt - und schickt seinen Anhängern genießerisch Kusshände. Der Palästinenserführer nutzt nun geschickt die Gunst der Stunde, um im internationalen PR-Kampf zu punkten."

Zusammengestellt von Siegfried Scheithauer.