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Pressestimmen von Mittwoch, 18. Januar 2006

Reinhard Kleber 17. Januar 2006

Vorausichtlicher Untersuchungsausschuss zu BND / Ärzteproteste

https://p.dw.com/p/7nmK

Die Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes im Irak kommen mit hoher Wahrscheinlichkeit vor einen Untersuchungsausschuss. Nach der Linkspartei beschlossen auch die Oppositionsparteien FDP und Grüne, ein entsprechendes Gremium im Bundestag einrichten zu wollen. Ein heikles Thema, das sich die Kommentatoren der deutschen Presse nicht entgehen lassen.

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf schreibt:

"Geheimdienstaktivitäten sind nun einmal geheim. Sie können nicht vor einem Untersuchungsausschuss ausgebreitet werden. Ein wenig liegt der Verdacht nahe, dass genau dies ein Argument für die Einsetzung sein könnte: Denn nichts eignet sich für die politische Auseinandersetzung so sehr wie monatelang vorgetragene Behauptungen, die kaum widerlegt werden können. Die Gefahr ist deshalb groß, dass der vorgebliche Wunsch der Wahrheitssuche in Wirklichkeit die künftige Effektivität unserer Geheimdienste gefährdet. Welches Partnerland hat schon Lust, dass gemeinsame Aktionen künftig ins Rampenlicht gezerrt werden? Diese Position hat nichts damit zu tun, dass es keine politische Kontrolle der Geheimdienste geben sollte. Nur gibt es dafür in unserer Demokratie das vertrauliche Verfahren des parlamentarischen Kontrollrats."

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG lesen wir:

"Geheimdienst und Demokratie sind ein Widerspruch. Weil sich aber die Demokratie die Welt nicht schöner malen kann, als sie ist, muss der Widerspruch, so gut wie es geht, reduziert werden, nämlich so: So viel Geheimhaltung wie nötig, und so viel Kontrolle und Öffentlichkeit wie möglich. Zu diesem Zweck gibt es die Geheimdienst-Kontrollgremien des Parlaments; sie (...) sollen den Geheimdienst demokratieverträglich machen, das funktioniert aber nur, wenn diese Gremien die notwendigen Informationen erhalten."

Deutliche Skepsis äußerte die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock:

"Ob das Gremium (...) zu tieferen Einblicken in die Tätigkeit der Schlapphüte im Kriegsgebiet in der Lage sein wird, ist höchst fraglich. Die politische Interessenlage ist, anders als noch bei Fischers peinlicher Einvernahme im Visa-Untersuchungsausschuss, Großkoalitionär geheimdienst-freundlich bestimmt. Es steht zu befürchten, dass Union und SPD alles daran setzen werden, um den Untersuchungsauftrag gründlich zu verwässern."

Zum Schluss lassen wir die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld zu Wort kommen:

"Der eine oder andere in CDU und CSU mag Schadenfreude empfinden, dass das Image von Gerhard Schröder als Friedenskanzler im Nachhinein ein paar Dellen erleiden könnte. Aber diese Genugtuung wird nicht lange anhalten. Denn ins Zentrum der Untersuchung rückt vor allem der jetzige Außenminister und ehemalige Kanzleramtschef Frank Walter Steinmeier (SPD). Gerät er aber in Turbulenzen, wird das die große Koalition zweifellos in Mitleidenschaft ziehen."

Und nun zu einem anderen Thema. Mit Praxisschließungen haben am Dienstag niedergelassene Ärzte einen Vorgeschmack auf die Massenproteste gegeben, die sie für diesen Mittwoch ankündigen. Die Mediziner fordern mehr Geld und weniger Bürokratie. Bundesärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe warnte sogar vor einer Unterversorgung der Patienten. Die Leitartikler der deutschen Zeitungen bewerten den Konflikt sehr differenziert.

Der WESTFÄLISCHE ANZEIGER auf Hamm merkt an:

"Beispiele aus der (Arzt-)Praxis zeigen die Nebenwirkungen einer aufs Sparen versessenen Politik. Welchem Patienten ist gedient, wenn bestens ausgebildete Ärzte durch ein immer engeres Budgetkorsett für die letzten zwei Wochen eines Quartals ohne Bezahlung arbeiten oder überlegen, die Praxis ganz zu schließen? Wo bleibt die lebenswichtige Therapiefreiheit eines Mediziners, der jede Spritze und jeden Hausbesuch 'über normal' vor mächtigen Kassenärztlichen Vereinigungen rechtfertigen muss? Fragen, auf die die Politik die Antworten schuldig bleibt."

Die SCHWERINER VOLKSZEITUNG gibt zu bedenken, dass die Ausgabenseite reformbedürtig sei, und fährt fort:

"Die vergleichsweise hohen Gesundheitskosten werden bislang alles andere als effektiv genutzt. Für mehr Transparenz oder gesunden Wettbewerb sorgt beispielsweise weder die derzeitige Struktur der gesetzlichen Krankenversicherung mit ihren mehr als 200 Kassen noch die der Kassenärztlichen Vereinigung mit ihren Kollektivverträgen. Die Folge: Ärzte müssen sich mit Punktwerten und Pauschalbeträgen herumschlagen, die einen besonderen Einsatz für ihre Patienten auch noch finanziell bestrafen. Solange sich Gesundheitspolitik mehr mit Reglementierungen als mit Reformen beschäftigt, wird sich daran nichts ändern."

Eher reserviert geben sich die STUTTGARTER NACHRICHTEN:

"Die Mediziner dürfen nicht nur einfordern frei nach dem Motto: Mehr Geld muss ins System. Die Solidarversicherung, aus der sie einen Gutteil ihrer Einkünfte beziehen, hat das Recht, sie auf eine wirtschaftliche Mittelverwendung zu verpflichten. 140 Milliarden Euro geben die gesetzlichen Krankenkassen Jahr für Jahr aus. Alle Leistungserbringer, aber auch die Patienten wollen ein möglichst großes Stück vom Kuchen. Das mag menschlich verständlich sein. Aber es geht nicht an, dass niedergelassene Ärzte, die auf Sparsamkeit und Qualität achten, die Dummen des Systems sind."

Abschließend zitieren wird den REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER:

"Sicher hat vor allem die resolute Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt durchaus einen Hang, die Ärzte an die kurze Leine zu nehmen. Doch die Sorge ums Einkommen teilen Ärzte mit Arbeitnehmern quer durch die Wirtschaft - die Realeinkommen der Arbeitnehmer in den letzten Jahren sind fast überall gefallen. Andererseits sind es aber auch die Vertreter der Kassenärzte selbst, die Einfluss auf die Art und Weise haben, wie bestimmte Behandlungen honoriert werden."