1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Mittwoch, 19. Februar 2003

zusammengestellt von Helmut Schmitz18. Februar 2003

Irak-Politik

https://p.dw.com/p/3HS9

Der Kompromiss der Europäischen Union zur Irak-Politik steht an diesem Mittwoch im Mittelpunkt der Kommentare der deutschen Tageszeitungen.

Die Haltung der deutschen Bundesregierung kommentiert das OFFENBURGER TAGEBLATT so:

'Der Kanzler ist umgefallen und dieses Mal sagen wir: Gott sei Dank. Deutschland ist vom außenpolitischen Sonderweg abgewichen. Und so kann Europa nach dem EU-Gipfel endlich wieder mit einer Stimme sprechen. Damit steigen auch die Chancen im UN-Weltsicherheitsrat, geschlossener gegen den Irak aufzutreten als bisher. Wenn die zivilisierte und demokratische Welt gegen Bagdad Einigkeit demonstriert, verstärkt sich automatisch der Druck auf Saddam Hussein. Will der an der Macht bleiben, muss er nun handeln und mit den UN-Waffenkontrolleuren zusammenarbeiten. Und dadurch wird ein Krieg unwahrscheinlicher.'

Die WETZLARER NEUE ZEITUNG meint:

'Warum nicht gleich so? Egal, wie man die EU-Erklärung zum Irak-Konflikt im Einzelnen bewertet: Seit Montagabend spricht die Europäische Union wieder mit einer Stimme, wenn auch mit einer leisen. Leise deshalb, weil es nur ein Minimalkonsens ist, der dem britischen Premier Tony Blair und Frankreichs Präsident Chirac das Festhalten an ihren bisherigen Positionen erlaubt. In Erklärungsnot gerät dagegen Bundeskanzler Schröder. Er muss den Widerspruch zwischen seinem Goslarer Versprechen, Deutschland werde keiner Kriegsresolution zustimmen, und der EU-Resolution erklären. Diese schließt Gewalt als letztes Mittel nicht aus, was auch auf den zweiten Blick unvereinbar mit Schröders Wahlkampfreden ist.'

Die FREIE PRESSE aus Chemnitz betont:

'Das Ergebnis lässt Raum für Interpretationsspielchen. Die gefundene Formel, die Irak-Krise friedlich beilegen zu wollen, die Anwendung von Gewalt als letztes Mittel aber nicht auszuschließen, ist ebenso ein- wie auch zweideutig. Der in Brüssel erzielte Kompromiss, und um nichts anderes handelt es sich, besticht halt nicht durch absolute Klarheit, doch er schafft zu dieser Problematik eben genau jenes Maß an Übereinstimmung, das man unter den Europäern lange Zeit so schmerzlich vermisst hatte.'

Im MANNHEIMER MORGEN heißt es:

'Schwenkt jetzt auch Deutschland auf Kriegskurs ein? Nein, aber der Bundeskanzler hat in Brüssel zumindest seinen Fehler von Goslar wieder ausgebügelt. Dass die Opposition dies ausschlachtet und Gerhard Schröder als Umfaller bezeichnet, gehört zum politischen Geschäft. Aber auch Union und FDP tragen die Kurskorrektur mit, weil sie vernünftig ist. Denn wie will man eine glaubwürdige Drohkulisse aufbauen, wenn Länder wie Deutschland sagen: Wir stimmen gegen den Krieg? Der Bundeskanzler hat sich nun der Position von Frankreichs Präsident Jacques Chirac erkennbar angenähert, der Gewalt als letztes Mittel nicht ausschließt.'

Der BERLINER KURIER bemerkt:

'Wie ein Rohr im Wind - so schwankt und wankt der Kanzler jetzt in der Frage Krieg oder kein Krieg. Die Landtagswahlen sind vorbei. Die Demos gegen den Krieg auch. Jetzt hat der Kanzler die Wende vollzogen. Aus dem strikten Nein zum Krieg wurde ein 'Vielleicht doch'- Ja zum Krieg. Da hilft kein Deuteln und Herumreden. Auch ein Krieg als 'ultima ratio' (allerletztes Mittel) bleibt eben Krieg mit Tod und Verderben.'

Abschließend die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

'Nicht Schröders gut zu begründende Gegnerschaft zu einem Irak-Krieg war die Ursache seines Reputationsverlusts auf der internationalen Bühne. Der Kanzler hat sich vielmehr zugunsten der von ihm so empfundenen innenpolitischen Notwendigkeiten jener außenpolitischen Flexibilität beraubt, die im internationalen Umgang für die Ausübung von Einfluss unerlässlich ist. Schröder hat sich peu a' peu öffentlich auf eine Maximalposition festgelegt - keine direkte Kriegsbeteiligung, keine Unterstützung des Krieges, kein Ja im Sicherheitsrat unabhängig von Blix-Berichten oder Entwicklungen im Irak. Er hat Vabanque gespielt. Wären ihm nicht zunächst Frankreich bedingt und dann Russland und China noch bedingter zur Seite gesprungen, wäre Deutschland prinzipientreu, aber einflusslos in der Ecke gestanden.'