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Pressestimmen von Mittwoch, 20. März 2002

zusammengestellt von Herbert Peckmann19. März 2002

Anhaltender Streit um Zuwanderung/Sparhaushalt in Berlin/US-Vermittlung in Nahost

https://p.dw.com/p/20sD

Das Ringen der Bundesländer um ihre Haltung im Zuwanderungs-Streit, das Sparpaket der SPD/PDS-Landesregierung in Berlin und die jüngste US-Vermittlungsmission im Nahen Osten stehen im Mittelpunkt der deutschen Zeitungskommentare an diesem Mittwoch.

Zum Streit um die geplante Abstimmung über die Zuwanderungsgesetze im Bundesrat am kommenden Freitag schreibt die OSTTHÜRINGISCHE ZEITUNG:

"Was auch immer in diesen Tagen über die Reform der Zuwanderung gesagt und insbesondere vorausgesagt wird, auf die Goldwaage gehört es nicht. Denn bis zum Schluss, bis Freitag im Bundesrat, wird hektisch in Kungelrunden und Hinterstuben gefeilscht und gezerrt werden. Ministerpräsident Manfred Stolpe will alles: Das Gesetz wie seine Koalition mit der CDU retten, nebenbei die eine oder andere Zusage heraus holen. Seinen sachlichen Einwänden ist Rechnung getragen worden. Ein Vermittlungsverfahren würde vielleicht seinem CDU-Partner erleichtern, das Gesicht zu wahren. Was auch immer Stolpe derzeit sagt oder nicht ausschließt, man sollte weniger seine Lippen lesen, mehr in sein Gesicht schauen: Ein Pokerface."

Die SAARBRÜCKER ZEITUNG sieht eine Parallele in der Vergangenheit:

"Wir erinnern uns. Im Wahljahr 1998 fuhr die SPD unter ihrem Vorsitzenden Lafontaine eine Strategie, die da lautete: Blockade um jeden Preis. Nichts ging mehr. Union, FDP und Kanzler Kohl waren politisch buchstäblich eingemauert. Wundern darf es deshalb nicht, dass die Union es der SPD 'heimzahlen' will. Bei der Kür ihres Kanzlerkandidaten hatten CDU und CSU ja auf die Strategie von Schröder/Lafontaine zurückgreifen wollen, was aber im Auswahlverfahren 'Merkel oder Stoiber' ziemlich misslang. Ob nun der Ausbremsversuch in Sachen Zuwanderungs-Gesetz am Freitag gelingen wird, ist offen."

Die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN kommentieren die Einigung der Berliner SPD/PDS-Landesregierung auf ein Sparpaket. Das Blatt schreibt:

"Jahrzehntelang hing West-Berlin am Tropf des Bundes, und Ost- Berlin wurde als Aushängeschild der DDR von der sozialistischen Regierung gehätschelt, jetzt muss die Spree-Metropole alleine zurechtkommen. Wäre Berlin ein Wirtschaftsunternehmen, die Stadt wäre pleite. Berlin ist leider nicht Holzmann. Damals kam der Kanzler und vertrieb zumindest für eine Zeit lang den Pleitegeier. Auch für die Hauptstadt wäre eine Bundesfinanzspritze nicht schlecht."

Die BERLINER ZEITUNG kritisiert eine Vernachlässigung der privaten Wirtschaft in Berlin.

"... die de-industrialisierte Großstadt, müsste jedem Handwerksbetrieb, jeder Werbeagentur einen roten Teppich ausrollen. Stattdessen weist sogar der Finanzsenator lapidar darauf hin, mehr eigene Steuereinnahmen seien nicht so wichtig, weil dann die Zuwendungen aus dem Finanzausgleich geringer werden. Das ist die alte Subventionsmentalität, die Probleme nicht löst, sondern schafft. Berlin muss Tabus und alte Mentalitäten überwinden - das ist die wirkliche Bewährungsprobe. Der Sparhaushalt ist allenfalls ein Anfang."

Noch einmal Themenwechsel: Zur jüngsten Nahost-Vermittlungsmission der USA schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Die Amerikaner brauchen eine Waffenruhe im israelisch - palästinensischen Konflikt. Also brauchen sie Arafat, den lange Verfehmten. Dies dürfte Cheney auf seiner Reise durch neuen arabische Staaten in den vergangenen Tagen klar geworden sein. Ruhe an dieser Front ist im Vorfeld eines möglichen Irak-Feldzugs zum ureigenen Interesse der USA geworden - und Scharon muss sich in die neue Lage fügen."

Auch die FRANKFURTER RUNDSCHAU hebt die Rolle des Palästinenser-Präsidenten hervor. Dort heißt es:

"Wie relevant Yassir Arafat noch ist, hat US-Vize Richard Cheney bei seiner Reise durch Nahost zu spüren bekommen. Doch so unverzichtbar Arafat bei der Suche nach einem Ausweg aus dem mörderischen Konflikt in Nahost ist, es geht nicht so sehr um ihn. Wer die Palästinenser vom Nutzen von Verhandlungen überzeugen will, muss mehr bieten, als vage Zukunftsperspektiven für einen eigenen Staat. Sollte der viel beschworene 'politische Horizont' sichtbar werden, wird so sicher wie das Morgenrot die palästinensische Forderung nach einem Rückzug Israels auf die Grenzen von 1967 auftauchen. Mit dem rechten Scharon ist das nicht zu machen. Viel weniger wird wiederum weder Arafat noch einem denkbaren Nachfolger reichen. Aus diesem Dilemma kann nur ein Machtwort führen, das die USA sprechen und auch durchsetzen. Sonst wird ihr jüngstes Engagement in Nahost, ohnehin eher aus ihrem Interesse an einer Anti-Irak-Koalition entstanden, allenfalls eine kurzfristige Lageberuhigung bringen."