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Pressestimmen von Mittwoch, 21. November 2001

20. November 2001

Die Lage in Afghanistan / Der SPD-Parteitag in Nürnberg / Der Rücktritt von Kanzlerberater Michael Steiner

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Die Lage in Afghanistan, der SPD-Parteitag in Nürnberg und der Rücktritt des außen- und sicherheitspolitischen Beraters des Bundeskanzlers sind an diesem Mittwoch die Themen der Kommentatoren deutscher Tageszeitungen.

Die 'SÜDDEUTSCHE ZEITUNG' aus München kommentiert die Lage in Afghanistan:

"In den meisten afghanischen Städten haben sich mittlerweile die neuen Herrscher eingerichtet; doch auf den schwer zu sichernden Übergangsstraßen tobt ein Kampf mit unklaren Fronten und wechselnden Kombattanten. Dies erinnert an jenes Chaos, das in Afghanistan herrschte, bevor die Taliban das Land unterjochten. Viel zu viel deutet derzeit darauf hin, dass dieses Chaos wieder aufersteht - und dass die Taliban alles tun, um es zu befördern."

Der 'BERLINER KURIER' schreibt:

"Schneller, als alle westlichen Politiker hoffen konnten, hat sich das Taliban-Regime verflüchtigt. Und schneller als befürchtet haben sich wieder alte Stammesstrukturen gebildet. Diese betrachten das geschundene Land nicht als Einheit, sondern als ihre Beute. Der politische wie militärische Einsatz der westlichen Welt geschah nicht, um das eine Terrorregime gegen ein anderes auszutauschen. (...) So wie die USA nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland bundesstaatliche Strukturen eingeführt und durchgesetzt haben, so muss jetzt die westliche Welt in Afghanistan eine Ordnung der Gleichberechtigung aller einführen. Wenn denn ein Wille für die Zukunft da ist, wird es auch einen Weg geben."

In der 'NORDSEE-ZEITUNG' aus Bremerhaven heisst es:

"Mitte Oktober hatte die Vorsitzende der Bündnisgrünen, Claudia Roth, eine Feuerpause in Afghanistan verlangt. Die USA haben sich darum nicht geschert - wer ist schon Claudia Roth? Und sie haben damit richtig gehandelt. Wie unsinnig und bar jeder Kenntnis die Forderung gewesen ist, zeigt sich am momentanen Erfolg der Militäraktion. Nicht nur, dass die Taliban vertrieben worden sind - die Afghanen fühlen sich befreit von der Tyrannei, schöpfen neuen Lebensmut, hoffen auf eine bessere und gerechtere Zukunft. Ist das in den Augen der Kritiker der USA gar nichts wert?"

Die 'STUTTGARTER ZEITUNG' befasst sich mit dem SPD-Parteitag:

"Gerhard Schröder kann zufrieden sein. Nach dem Vertrauensbeweis der SPD-Bundestagsfraktion am vergangenen Freitag hat sich auch der Parteitag überzeugend hinter ihn und seine Politik gestellt. Einigen Delegierten mag das nicht leicht gefallen sein. Schröders These von der Enttabuisierung des Militärischen, sein harter Kurs in der inneren Sicherheit, auch seine Sozial- und Wirtschaftspolitik sind für Traditionsgenossen ebenso schwer verdauliche Kost wie für die Parteilinke. Mancher Sozialdemokrat empfindet die Positionen Schröders gar als Zumutung. Aber die Sozialdemokraten sind ihm gefolgt, weil er ihnen das Versprechen der Macht gegeben hat."

Und der 'FRÄNKISCHE TAG' aus Bamberg meint:

"Sinnvollerweise wollen die Sozialdemokraten ihre Zustimmung zum Militäreinsatz eng verknüpft wissen mit einer stärkeren Rolle der Entwicklungspolitik. Auch in Handelsfragen wäre noch viel zu tun, um mehr Gerechtigkeit zu erreichen. Aber eine Erkenntnis setzt sich mittlerweile durch: Präventiv lässt sich gegen zum Äussersten entschlossene Terroristen kaum etwas ausrichten. Einen Osama bin Laden dürfte es kaum beeindrucken, wenn Deutschland seine Entwicklungshilfe anhöbe. Das heisst: 'Harte' und 'weiche' Methoden müssen Hand in Hand gehen. Von diesem Punkt ist es dann nur noch ein kleiner Schritt weiter zur Anerkennung der Tatsache, dass Deutschlands Rolle in der Welt nicht nur, aber eben auch eine militärische Komponente haben muss."


Zum Schluss ein Blick in den 'MANNHEIMER MORGEN', der sich mit dem Rücktritt des außen- und sicherheitspolitischen Beraters des Bundeskanzlers beschäftigt:

"Michael Steiner ist an sich selber gescheitert. Er hat, statt sich mit der Rolle des einflussreichen Beraters im Hintergrund zufrieden zu geben, sich nach vorne gedrängt und mit seiner Rolle als Nebenaußenminister geprahlt. Für einen Diplomaten leistete er sich einfach zu viele Affären. Deswegen war er in seinem Amt auch nicht mehr zu halten. Schröder hat dies erkannt und die Notbremse gezogen. Fehlen wird er der Regierung trotzdem. Der Kanzler steht vor schweren Zeiten."