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Pressestimmen von Mittwoch, 26. April 2006

Martin Muno 25. April 2006

Bomben im Urlaubsparadies / 20 Jahre Tschernobyl

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Die Leitartikler der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Mittwoch mit dem Anschlag in Ägypten ebenso wie mit den Lehren der Katastrophe von Tschernobyl.

Die in Kassel herausgegebene HESSISCH/NIEDERSÄCHSISCHE Allgemeine geht auf die Bombenattentate in Ägypten ein und schreibt:

"Während über die Mörder von Dahab noch spekuliert wird, besteht Klarheit über ihre Motive. (...) Touristische Ziele sind in den Augen der muslimischen Extremisten deshalb so 'attraktiv', weil sie all das verkörpern, was auf ihrer Agenda des Hasses steht: Korrumpierbarkeit des eigenen Landes durch Annäherung an westliche Lebensweisen, Verfall der Sitten, Verrat des Islam."

Das sieht die KÖLNISCHE RUNDSCHAU ähnlich:

"Welcher Gruppierung sich die Mörder auch immer zugehörig fühlen mögen, ein Zweck des Massakers liegt auf der Hand: Das ebenso arme wie beliebte Reiseland soll eine seiner Haupteinnahmequellen, den Tourismus, verlieren."

Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz bemerkt:

"Dahab ist (...) ein leichtes Ziel. Ein Attentat dort trifft nicht nur die unmittelbar geschädigten Opfer internationaler Herkunft, es trifft den gesamten Wirtschaftszweig Tourismus und damit den von Islamisten so verhassten ägyptischen Staat an empfindlichster Stelle. Der professionell synchronisierte Dreifach-Schlag ist Dschihad, heiliger Krieg, pur."

Über die möglichen Attentäter macht sich der MANNHEIMER MORGEN Gedanken:

"Die ägyptischen Islamisten wollen mit ihrem Terror den gottlosen Präsidenten Hosni Mubarak stürzen. Sie nutzen für dieses Ziel auch das terroristische Know-how von El Kaida, obwohl Kairo dies bestreitet. Dass es eine Verbindung zum Terrornetz gibt, legt die tödlich-professionelle Ausführung der Anschläge nahe. (...) Wer künftig Ägypten bucht, bucht das Risiko mit."

Auch die LANDESZEITUNG aus Lüneburg sieht das Terrornetzwerk als möglichen Drahtzieher:

"Die Nähe zu El Kaida ist offensichtlich: Zeitlich durch den Anschlag einen Tag nach Veröffentlichung eines Bin-Laden-Tonbands. Taktisch durch das logistisch aufwendige, gleichzeitige Zuschlagen an mehreren Orten. Ideologisch, denn das Regime von Husni Mubarak gilt Islamisten als unislamisch. (...) Der Anschlag beweist, dass der Kampf gegen den Terrorismus militärisch nicht gewonnen werden kann. Triumphieren kann der Westen lediglich über die Ideologie."

Und die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN aus Münster bemerken:

"In Dahab findet keine Auseinandersetzung zwischen Christentum und Islam statt, kein Kampf der Kulturen. Sondern der Krieg zwischen zivilisierter Welt und dem Terrorismus an sich. Dass Ägypten wiederum zur Zielscheibe der menschenverachtenden Attacken wird, ist bezeichnend: Friedliche Moslems werden selbst zu Opfern des Terrors. (...) Die Anschläge von Dahab sollen Ägypten und Europa treffen."

Anlässlich des 20. Jahrestags der Katastrophe von Tschernobyl machen sich zahlreiche Kommentatoren Gedanken über das Für und Wider der Atomkraft.

In der BERLINER ZEITUNG heißt es:

"Tschernobyl hat für alle Zeit den Beweis geliefert, dass die ungeheuren Risiken dieser Technik nicht beherrschbar sind. Das Problem aber ist die Vergesslichkeit der Menschen. 20 Jahre - was für eine Zeitspanne! Darauf setzen jene, die nun der Renaissance der Atomkraft das Wort reden. Dabei sind ihre Argumente in diesen beiden Jahrzehnten um kein Deut besser geworden."

Der ebenfalls in Berlin erscheinende TAGESSPIEGEL mahnt:

"Zur Beruhigung besteht kein Anlass. Denn eines haben alle Atomstrommaschinen gemeinsam: Ihre Uranladung birgt ein Tausendfaches der todbringenden Radioaktivität einer Bombe vom Hiroshima-Typ. Würde jemals auch nur ein Teil davon in die Umwelt gelangen, würden hierzulande, anders als in der dünn besiedelten Ukraine, nicht Hunderttausende, sondern viele Millionen Menschen ihre Heimat verlieren, die Republik würde im Aufruhr versinken. (...) Für potenzielle Attentäter sind die Reaktoren bereitstehende Atombomben im Feindesland. (...) Darum macht Atomkraft jedes Land extrem verwundbar."

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER verwahrt sich in diesem Zusammenhang gegen falsche Vereinfachungen:

"Der Satz 'Atomkraft nein danke' ist ebenso billig wie jener, dass der Strom bei uns aus der Steckdose kommt. Das Atom wurde gespalten, diese Energie ist freigesetzt. Sie wird genutzt. Deshalb kommt es nun darauf an, mit ihr verantwortlich umzugehen. Der neue Streit lohnt sich, ob der rot-grüne Energiekonsens der Wirklichkeit unserer Welt entspricht, oder der Ausstieg langsamer geschehen soll.."

Für die OSTTHÜRINGER ZEITUNG aus Gera wird das Thema Atomkraft noch immer zu ideologisch diskutiert:

"Bis heute hemmen politische und wirtschaftliche Interessen die wissenschaftliche Aufarbeitung der Katastrophe, weil Energiepolitik im weltweiten Wettbewerb neue Fronten gezogen hat. Tschernobyl hat die Einstellung zur Kernkraft verändert, doch extreme Positionen, absolutes Für oder Wider werden kaum nützlich sein. Während die Sicherheitsstandards der Reaktoren in westlichen Ländern verbessert wurden, sind in Osteuropa noch viele veraltete am Netz. Während die einen das große Modernisierungsgeschäft wittern, sehen andere das atomare Inferno heraufziehen."

Zum Schluss noch ein Blick in die NÜRNBERGER NACHRICHTEN:

"Bis 2021 müssen laut Ausstiegskonsens alle 17 deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Zeit genug, um erneuerbare Energien ausreichend auszubauen. (...) Eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke wäre kurzfristig für manche vorteilhaft, würde aber die zukunftsgerichtete Umstrukturierung nur verzögern. Ein Irrweg, der in der Sackgasse landet."