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Pressestimmen von Mittwoch, 27. Oktober 2004

Gerhard M Friese26. Oktober 2004

Bundesverfassungsgericht zur Parteienfinanzierung/ Mitgliederbefragung in der CDU zur Nachfolge Teufels/ EU-Stabilitätspakt

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Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Parteienfinanzierung, die angestrebte Mitgliederbefragung in der baden-württembergischen CDU und die Tricks der europäischen Finanzminister sind zentrale Themen der Kommentare deutscher Tageszeitungen.

Das Bundesverfassungsgerichtes hat das Parteiengesetz, das vor allem kleinere Parteien benachteigt hätte zuückgewiesen. Dazu schreibt der MANNHEIMER MORGEN:

"Das Urteil der Karlsruher Richter liest sich wie eine Nachhilfe- Lektion in Sachen Demokratie. Schließlich zählen die Gründung von Parteien und ihr fairer Zugang zum freien Wettbewerb zu den heiligen Gütern des Grundgesetzes. Ein Eingriff in die politische Willensbildung, wie er mit dem Finanzierungs-Quorum für die kleinen Parteien gedacht war, ist ein klarer verfassungsrechtlicher Verstoß gegen das Prinzip der Chancengleichheit... Der Sieg der Zwerge ist eine Ohrfeige für die Riesen."

Ähnlich die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam:

"In ihrer Güterabwägung zugunsten des politischen Wettbewerbs haben die Richter nahezu jedes Argument der Befürworter der Novelle zur Parteienfinanzierung zertrümmert. Das Ausspielen von Flächenstaat- gegen vermeintlich leichtere Stadtstadt-Wahlen zog so wenig wie die Schutzbehauptung, durch die neue Regelung solle verhindert werden, dass radikale Parteien von staatlichen Zuschüssen profitierten... Schwerer aber wiegt der demokratie- theoretische Ansatz des Gerichts: Der ohnehin enge Zugang zum politischen Markt darf nicht noch zusätzlich behindert werden."

Und der NORDBAYERISCHE KURIER aus Bayreuth meint:

"Da machten die Großen ein Gesetz in eigener Sache, um sich im demokratischen Wettbewerb unzulässige Vorteile zu verschaffen. Sie wollten den Kleinen Staatsgelder verwehren, die sie sich selber in großzügigster Form genehmigen. Dieses gesperrte Geld wäre auch noch in die Kassen dieses Machtkartells geflossen. Gut, dass das Verfassungsgericht den Zahlentricksern in den Parteizentralen wieder mal in die Parade gefahren ist. Ohnehin scheinen die oft zu glauben, der Staat gehöre den großen Parteien. Tut er aber nicht."

Mit der Mitgliederbefragung in der baden-württembergischen CDU beschäftigt sich die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

"Baden-Württembergs CDU soll in einem Mitgliederentscheid zwischen Annette Schavan und Günther Oettinger entscheiden: In der Oettinger- Fraktion murren einige und fragen sich, warum man den schon sicher geglaubten Sieg auf diese Weise noch einmal gefährdet. Es gab aber keine andere Wahl... Oettinger und Schavan müssen nun beweisen, dass sie auch um Inhalte streiten können - und nicht allein um die Macht."

Das OFFENBURGER TAGEBLATT kommentiert:

"So viel Basis-Demokratie hätte man der CDU gar nicht zugetraut: Gerade die Partei, die sich sonst mit Händen und Füßen gegen Bürgerbeteiligungen wehrt, ruft ihre Mitglieder auf, mitzubestimmen, ob Kultusministerin Annette Schavan oder Fraktionschef Günther Oettinger im April kommenden Jahres die Nachfolge von Ministerpräsident Erwin Teufel antreten soll. Für Schavan und Oettinger gab es keine bessere Entscheidung."

Die PFORZHEIMER ZEITUNG dagegen warnt:

"Die CDU in Baden-Württemberg ist weit davon entfernt, zur Ruhe zu finden. Noch haben sich die Truppen nicht formiert. Jeder Tag, der bis zur Mitgliederbefragung vergeht, sorgt für weitere Unruhe. Aber auf eine weitere Hängepartie darf sich die CDU auf keinen Fall einlassen. Sonst könnten am Ende beide Kandidaten als verbrannt dastehen. Überhaupt drängt sich die Frage auf: Wenn sich die Mitglieder nicht eindeutig äußern oder gar für keinen von beiden votieren, wer macht es dann?"

Und zum Schluss die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND zu den Buchhaltertricks der europäischen Finanzminister:

"Fast scheint es, als ginge es den europäischen Finanzministern längst nicht mehr um ein transparentes Steuersystem, eine kräftig wachsende Wirtschaft oder gar um die Sanierung der Staatsfinanzen... Es kommt schließlich nur noch darauf an, den Eindruck zu vermitteln, der Stabilitätspakt werde respektiert. Leider nur landen wir damit in der schlechtesten aller Welten: Die Staatshaushalte entfernen sich immer weiter vom Grundsatz solider Buchhaltung, dem zufolge abgelieferte Zahlen nach Möglichkeit ein akkurates Bild der Staatsfinanzen abgeben sollen. Gleichzeitig steigen die Schulden munter weiter."