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Pressestimmen von Mittwoch, 3. November 2004

zusammengestellt von Gerhard M. Friese 2. November 2004

Bundeswehrstandorte/ Neue EU-Kommission

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Die Entscheidung von Verteidigungsminister Peter Struck über die Schließung von mehr als 100 Bundeswehrstandorten und der Umbau der EU-Kommission durch ihren designierten Präsidenten José Manuel Barroso sind an diesem Dienstag die wichtigsten Themen der Kommentare deutscher Tageszeitungen.

Zum Vorgehen Barrosos schreibt die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam:

"Europas oberster Kabinettschef handelt und gewinnt mit dem Druck des Europäischen Parlaments im Rücken an Statur. Anders als vielfach kolportiert, ist Kommissionspräsident Barroso durchaus gestärkt aus der Karambolage mit den Straßburger Volksvertretern hervorgegangen. Schließlich hatte nicht er sich die Aspiranten aus den Ländern ausgesucht, sondern von den 25 EU-Mitgliedern vorgesetzt bekommen. Und dass die entsendenden Regierungen der anderen Durchfaller - Niederlande, Dänemark und Ungarn - noch zögern, ihre Vertreter zurückzuziehen, zeigt, dass die Botschaft angekommen ist: Die Praxis, innenpolitische Versorgungsfälle oder die begabtesten Drängler nach Brüssel zu schicken, wird in Zukunft gefährlicher."

Und die BERLINER ZEITUNG meint:

"José Manuel Barroso räumt endlich auf. Sein Team, die designierte Europäische Kommission, enthielt bisher eine Reihe von umstrittenen bis zweifelhaften Gestalten. Mit der Lettin Ingrida Udre hat sich der neue Präsident nun des vermutlich größten Risikos entledigt. Wegen der Parteienarithmetik muss vermutlich noch ein Sozialist aus seinem Team dran glauben, etwa der fehlbesetzte Ungar Laszlo Kovacs. Dann aber soll Ruhe sein, wenn es nach Barroso geht. An einer ausgedehnten Hängepartei kann niemand in Europa Interesse haben."

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bemerkt zur lettischen Kandidatin:

"Pädagogen kenne das Phänomen: Wie ein Musterschüler hat Lettland jahrelang auf Anweisungen aus Brüssel gehört, um in den begehrten Club der europäischen Staaten zu gelangen - kaum aber hatte der kleine Baltenstaat das gute Zeugnis in der Tasche, wurde er eigenwillig, launisch, übermütig. Dass die Regierung in Riga nun aber nach Ermahnung von Oberlehrer Barroso die Nominierung der EU-Kommissarin Ingrida Udre zurückzog und einen neuen Mann präsentierte, war wichtig. Soweit aber hätte es erst gar nicht kommen dürfen."

Mit den Standortschließungen der Bundeswehr befassen sich die STUTTGARTER NACHRICHTEN:

"Alle klagen, die Streitkräfte seien unterfinanziert. Doch kostspielige Konsequenzen mag niemand ziehen. Den Staat verschlanken - nach dieser Devise werden allerorten Wasserwerke, Katasterämter und Straßenbauverwaltungen geschlossen. So gesehen, ist die Bundeswehr der falsche Adressat, wenn jetzt davor gewarnt wird, dass Gemeinden veröden und Regionen verkarsten. Für Beschäftigung und Infrastruktur ist die Truppe nicht zuständig. Sie hat, salopp gesagt, Sicherheit zu produzieren. Dafür wird sie bezahlt, und das - wie beschrieben - oft mangelhaft genug."

Ähnlich auch die BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN aus Karlsruhe:

"Die Bundeswehr ist kein Selbstzweck, dazu da, über möglichst viele Regionen der republik ihr Füllhorn auszugießen und mit Steuergeldern die örtliche Wirtschaft zu beglücken. Die Bundeswehr hat vielmehr einen klaren Auftrag: Sie sorgt für die Sicherheit Deutschlands in einer sich fundamental verändernden Welt."

Das sieht die NORDSEE-ZEITUNG aus Bremerhaven ganz anders:

"Da kann der Bundesverteidigungsminister noch so viel Verständnis bekunden - den Bürgermeistern der von Standortschließungen betroffenen Städte und Gemeinden ist damit nicht geholfen. Sie haben mit den Folgen eines Kahlschlags zu kämpfen, der es in sich hat. Wenn 105 von rund 500 Standorten geschlossen werden, kann nicht mehr von Einzelfällen gesprochen werden. Dieser radikale Schnitt trifft zu viele Kommunen, als dass sich der Bund so mir nichts dir nichts davonstehlen kann."

Und die Berliner Zweitung NEUES DEUTSCHLAND fordert staatliche Hilfen:

"Obwohl über die Reformpläne seit Jahren gesprochen wird, war von entsprechender Konversion bisher kaum die Rede. Dabei stehen Bund und Länder gemeinsam in der Pflicht - kommen sie ihr nicht nach, bekommen sie die Folgen zu spüren. In Form von Arbeitslosigkeit und sinkender Kaufkraft."