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Pressestimmen von Mittwoch, 3. September 2003

Helmut Schmitz2. September 2003

Türkei-Deutschland / NRW-Haushalt / Sozialhilfe-Ausland

https://p.dw.com/p/4261

Der Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland steht im Mittelpunkt der Kommentare der deutschen Tagespresse. Weitere Themen sind die Entscheidung des nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshofs zum Haushalt der Landesregierung und die geplante Neuregelung der Sozialhilfe für im Ausland lebende Deutsche.

Zu den deutsch-türkischen Beziehungen schreibt die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock:

'Dass der deutsche Kanzler seinem Gast gestern die deutsche Unterstützung beim Weg in die EU zusicherte, ist weit mehr als eine diplomatische Floskel. Dies war fast schon eine Vorentscheidung, zumindest ein deutliches Signal, dass der 1923 gegründete Türkenstaat in der Gemeinschaft der 25 willkommen wäre. Der Türkei jedoch für immer den Stuhl vor die Tür setzen, wie das vor allem aus wahltaktischen Gründen von Teilen der Union verlangt wird, wäre indes töricht. Wirtschaftlich sind die Bande zur Türkei ohnehin bereits eng geknüpft. Und schon die Perspektive einer EU-Mitgliedschaft wäre ein deutlicher Schub für die Integration von 2,5 Millionen in Deutschland lebenden Türken.'

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG aus München heißt es:

'Man kann sich sicher lange darüber streiten, ob und wie die Türkei zu Europa gehört. Man kann dazu ganze Bibliotheken lesen und schreiben. Es ist dies aber weniger eine Frage des Wissens, sondern des Wollens. Europa ist mehr als das, was war, mehr als die Addition aus alten Schlachten und Vorurteilen also; Europa ist das, was die Europäer daraus machen wollen. Der Aufnahmeantrag der Türkei ist für die Europäische Union ein gewaltige Herausforderung - Chance und Risiko. Die Politik kann versuchen, die Chancen zu nutzen und die Risiken zu minimieren - und dies den Menschen plausibel machen; sie kann aber auch die Risiken betonen und die Chancen verstreichen lassen. Aus dem Weg gehen kann sie dem Thema nicht.'

DIE WELT aus Berlin befasst sich mit der nordrhein-wetfälischen Landesregierung:

'Der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen in Münster hat gestern der rot-grünen Landesregierung in Düsseldorf ein weiteres Mal eine schallende juristische Ohrfeige verpasst. Sie schmerzt vor allen Dingen den Düsseldorfer Ministerpräsidenten Peer Steinbrück. Ihm bescheinigten die Richter, noch als Finanzminister zwei Mal die Verfassung gebrochen zu haben, als er mit Hilfe von Krediten aus vorangegangenen Jahren im Landtag die Verschuldungsgrenzen der Landeshaushalte 2001 und 2002 verschleierte. Der Schuldspruch aus Münster wird dem bisher ohnehin unglücklich amtierenden Regierungschef noch lange in den Kleidern hängen bleiben.'

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER kommentiert:

'Dass die Münsteraner Richter dieser Art von Haushaltspolitik einen klaren Strich durch die Rechnung gemacht haben, muss der Steuerzahler begrüßen. Aber nicht nur er. Auch der gesetzestreue Bürger hat Grund zur Befriedigung. Denn gerade in der Finanzpolitik hat sich, nicht nur in Nordrhein-Westfalen, nicht nur in Deutschland, eine Mentalität breit gemacht, in der krumme Lösungen auf dem Sprung von der Ausnahme zur Regel waren. Gut ging das nur deshalb, weil alle gleichermaßen betroffen waren, die Finanzpolitiker im Bund wie in den Ländern, die der Union, wie die der SPD. Und da gilt immer noch die Regel: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.'

Mit dem Plan der Bundesregierung, die Sozialhilfe für im Ausland lebende Deutsche bis auf wenige Ausnahmen abzuschaffen, beschäftigt sich der MANNHEIMER MORGEN:

'Ein einziges schwarzes Schaf, "Florida-Rolf", der im US-Sonnenstaat Florida von Sozialhilfe lebt, hat genügt, um alle in Verruf zu bringen und die gern verbreiteten Vorurteile über jene zu nähren, die es sich angeblich in der sozialen Hängematte bequem machen. Dabei ist die Realität eine völlig andere. Für viele Betroffene ist die 'Stütze' zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Immerhin, "Florida-Rolf" hat mit seinem Gang durch die Instanzen die Bundesregierung dazu gebracht, genau jene Lücke zu schließen, von der er bislang profitierte.'

Abschließend der BERLINER KURIER zu diesem Thema:

'Was "Manni" am Sonnenstrand von Miami geschieht, war längst überfällig. Jahrelang zockte er die Steuerzahler zu Hause ab, lachte sich über so viel Blödheit drüben im tristen Deutschland ins Fäustchen. Jetzt kichern zur Abwechslung mal die anderen. An ihm wird ein Exempel statuiert. Mannis Sozial-Traum ist geplatzt...Aber Vorsicht. Auch bei der Stütze im Ausland muss die Einzelfallprüfung gelten. Es gibt Menschen, die sie wirklich brauchen. Nicht alle sind wie Manni und Konsorten.'