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Pressestimmen von Mittwoch, 4. Juli 2007

Annamaria Sigrist3. Juli 2007

Tornado-Urteil / Energiegipfel

https://p.dw.com/p/BCHn

Die Kommentatoren deutscher Tageszeitungen haben sich an diesem Mittwoch insbesondere zwei Themen gewidmet: Dem dritten Energie-Gipfel in Berlin und dem Tornado-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Das Gericht hatte den Tornado-Einsatz in Afghanistan für verfassungsgemäß erklärt. Geklagt hatte die Linksfraktion im Bundestag. Die Kommentatoren werten das Urteil unterschiedlich.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München bemerkt:

'Das Urteil ist nicht im Tenor zu geißeln, es ist im Ergebnis durchaus vertretbar. Zu beklagen ist aber der methodische Unernst, zu beklagen ist die merkwürdige Indifferenz, ja die Wurstigkeit, mit der die Verfassungsrichter eine existentielle Problematik abhandeln - man muss fast schon sagen, wie sie sich ihrer entledigen. Das floskelhafte Urteil sagt nämlich in Kürze folgendes:

Solange die NATO nur behauptet, dass ihre Aktionen friedenssichernd sind, sind sie es auch und stehen daher auf dem Boden des NATO-Vertrages von 1955.'

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf ergänzt:

'Der Afghanistan-Einsatz läuft offensichtlich aus dem Ruder. Das Bundesverfassungsgericht ist jedoch nicht der richtige Ort, um die wachsenden Probleme zu lösen. Auch der Bundestag ist wohl kaum die richtige Adresse. In Berlin wird nur über den deutschen Beitrag entschieden, nicht jedoch über die politische und militärische Gesamtstrategie. Eigentliche Kriegsschauplätze sind denn auch, um im Bild zu bleiben, die NATO in Brüssel und die US-Regierung in Washington. Dort werden die Weichen für den Isaf-Einsatz und die Anti-Terror-Mission 'Operation Enduring Freedom' gestellt. Bisher laufen beide Operationen mehr schlecht als recht nebeneinander her.'

Die Chemnitzer FREIE PRESSE lobt das Urteil des Gerichts:

'Würden Militärs nicht in Afghanistan sein, herrschte dort längst wieder Krieg. Und das Urteil macht auch deutlich, dass es zwischen den Mandaten der Internationalen Schutztruppe Isaf und der US-Operation Enduring Freedom (OEF) - dem Antiterrorkampf, sehr wohl einen Zusammenhang gibt. Denn ohne die gewiss nicht ungefährlichen Kampfeinsätze der von den Amerikanern geführten OEF-Mission gebe es keine von der deutschen Politik hochgelobte erfolgreiche Isaf-Aktion. Diese Wahrheit der deutschen Öffentlichkeit zu vermitteln, dazu bedurfte es eines Richterspruchs, der Politik fehlte dafür der Mut.'

Abschließend übt die NEUE PRESSE aus Hannover Kritik an der Linkspartei:

'Die Karlsruher Richter haben in ihrem Tornado-Urteil eindeutig festgestellt, dass die Mission der Bundeswehr im fernen Afghanistan im Einklang steht mit unserer Verfassung und mit dem Selbstverständnis der NATO als Verteidigungsbündnis. Der Linkspartei wird damit unter die Nase gehalten, dass der Frieden eine kompliziertere Angelegenheit ist, als sie glauben machen möchte. Verzicht aufs Militärische bringt uns und andere dem Frieden eben nicht unbedingt näher.'

Themenwechsel. Zum dritten Energiegipfel trafen sich Vertreter der Energiebranche, der Politik und Umweltschützer in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte nach dem Treffen, sie wolle auch in Zukunft nicht von ihren Klimaschutzzielen abrücken. Sie kündigte unter anderem ein neues Energie- und Klimaschutzkonzept trotz des Widerstandes aus der Wirtschaft an.

Die STUTTGARTER NACHRICHTEN schreiben:

'Merkel hat sich von den ruppigen Attacken von Stromkonzernen und energieintensiver Industrie nicht beeindrucken lassen. Sie rückt nicht von ihren ehrgeizigen Zielen ab. Merkel kann zwar noch nicht das Energiekonzept der Zukunft präsentieren. Und es wird auch keins im Konsens mit der Industrie geben. Vielmehr wird es bis Ende des Jahres im Kanzleramt erarbeitet und Wirtschaft sowie Verbrauchern vorgesetzt. Bilanz nach den drei Energiegipfeln aber ist: Energie ist in der Öffentlichkeit zu einem zentralen Politikfeld geworden.'

Das BADISCHE TAGBLATT aus Baden-Baden kommentiert:

'Dafür, dass Merkel allenthalben für ihre Klimapolitik gelobt wird, blieb sie gestern im Ungefähren. Sie windet sich, möglichst alle Interessen austarierend. Zum Atomausstieg sagt sie nicht Ja oder Nein, sondern: Wir haben der Wirtschaft gesagt, dass in dieser Legislaturperiode eine Entscheidung nicht absehbar ist, die einer Änderung des Koalitionsvertrags gleichkommen würde. Wiedervorlage also 2009.'

Die LANDESZEITUNG aus Lüneburg merkt an:

'Die Bundeskanzlerin hat Recht: Der Klimawandel ist die Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Gemessen daran sind die Ergebnisse ihres dritten und letzten Energiegipfels dürftig. Der Grabenkrieg um die Atomkraft verdeckt, dass Angela Merkel den vier Energieriesen einen 'volkswirtschaftlich vertretbaren' Klimaschutz zugesichert hat. Eine zweifach fragwürdige Position: Zum ersten wäre die Energiewende auch eine große Chance für Deutschland. Und zum zweiten denken die Konzernlenker weniger volkswirtschaftlich als vielmehr betriebswirtschaftlich. Ihr Widerstand gegen die Steigerung der Energieeffizienz und die CO2-Reduktion ist nur der Kampf um die eigenen Profite.'

Schließlich meint die WESTFÄLISCHE RUNDSCHAU aus Dortmund:

'Verschwiegen hat die Kanzlerin bisher nur, dass die Verbraucher für den Klimaschutz tiefer in die Tasche greifen müssen. Kostenneutral lassen sich Glühlampen, Heizanlagen, Kühlschränke und Pkw nicht gegen modernes Gerät austauschen. Finanzielle Anreize des Staates können helfen. Bezahlen müssen das die Verbraucher am Ende trotzdem. Aber das Geld ist gut angelegt. Klimaschutz im Privathaushalt nutzt nicht nur der heimischen Wirtschaft. Es gibt keine Alternative zum Energiesparen, soll der Klimawandel nicht zum Klimakollaps führen.'