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Pressestimmen von Mittwoch, 5. April 2006

Ursula Kissel 4. April 2006

Vorschlag für höhere Diäten / Energiegipfel bei Merkel

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Die Kommentare der ausgewählten Zeitungen beschäftigen sich an diesem Mittwoch mit dem Vorschlag von Bundestagspräsident Norbert Lammert, die Diäten der Abgeordneten zu erhöhen, sowie mit dem Energiegipfel bei Kanzlerin Angela Merkel. Zunächst zum Vorschlag, die Diäten um 1,3 Prozent auf 7.100 Euro zu erhöhen:

Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz glaubt:

"Dass Parlamentspräsident Norbert Lammert zwischen Beitragssteigerungen und Sparpaketen die Abgeordnetenbezüge erhöhen will, ist schlechter Stil. Zwar sind die Diäten in den vergangenen Jahren gleich geblieben, und die Bezahlung der Parlamentarier am Einkommenszuwachs der Bürger zu orientieren, ist im Prinzip legitim, wenn von gleichen Voraussetzungen ausgegangen wird. Doch die Volksvertreter sind in vielen Punkten besser gestellt als das gemeine Volk."

Die Rostocker OSTSEE-ZEITUNG sieht den Vorschlag Lammerts kritisch:

"Die meisten Politiker gefallen sich darin, von notwendigen Einschnitten und neuer Bescheidenheit zu predigen. Nur wenn es ums eigene Geld geht, wirken sie erstaunlich vergesslich. ... In Zeiten, in denen bei Rentner und Arbeitnehmern ungeniert gekürzt wird, gebietet es schlicht der Anstand, auch die eigenen Privilegien in Frage zu stellen. Die Selbstbedienungs-Mentalität im Parlament muss ein Ende haben, will die Politik nicht restlos ihre Glaubwürdigkeit verlieren."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG argumentiert:

"Doch die zusätzliche Summe ist für viele zu hoch, erhalten sie selbst doch nur um vierzig oder fünfzig Euro mehr als im Vorjahr. Für andere, die in den letzten Jahren jeweils ruckartig mehr verdient haben, ist die Bescheidung der Parlamentarier mit 91 Euro mehr ein weiterer Grund zur Häme und zur Politikerverachtung. Um so hochnäsiger und eindringlicher wird man den Verzicht der Abgeordneten auf die angeblich exorbitanten Ruhestandsbezüge fordern."

Die in Berlin herausgegebene Tageszeitung DIE WELT gibt zu bedenken:

"Die nach wie vor ungebremste Neigung des Bundestages, Steuern und Abgaben großzügig anzuheben, kommt nicht von ungefähr. Man erhöht leichter und schneller, wenn man selbst von der Sache verschont bleibt. Die vorgeschlagene Anhebung der Abgeordnetenbezüge um 1,3 Prozent wird an diesem Missstand nichts ändern. Leider nicht."

Die LÜBECKER NACHRICHTEN ironisieren:

"Wie wärs's statt plumper Gehaltserhöhung mit einer kleinen Leistungszulage? Für den Fall zum Beispiel, dass der Bundeshaushalt mal wieder in Ordnung kommt oder wenigstens den einschlägigen Gesetzen entspricht. Oder für die Verabschiedung einer Gesundheitsreform, die länger wirkt als ein Zehnerpack Aspirin."

Zum nächsten Thema, dem Energiegipfel in Berlin. Die Zeitungskommentatoren äußern sich eher skeptisch zu den Ergebnissen:

Das BADISCHE TAGBLATT aus Baden-Baden meint:

"Wo Mut zum großen energiepolitischen Wurf gefragt ist, wird laviert. Dabei liegt auf der Hand, was zu tun ist. Denn auch wenn die Menschheit so lebt, als seien die Vorräte an fossilen Brennstoffen unerschöpflich: Öl, Kohle und Gas gehen zur Neige, jeder Zweifel daran ist absurd. ... Deshalb muss die Devise lauten: Kräftig Energie sparen und den benötigten Strom möglichst schnell und möglichst weitgehend aus erneuerbaren Ressourcen gewinnen."

Auch die in Potsdam erscheinende MÄRKISCHE ALLGEMEINE kritisiert:

"Ohnehin ging es auf dem Gipfel fast nur um die Stromversorgung, die angesichts großer Vorräte an Braunkohle, noch lange laufender Atomkraftwerke und eines wachsenden Anteils erneuerbarer Energien als gesichert gelten kann. Problematischere Bereiche wurden ausgeklammert. Womit soll geheizt werden, wenn russisches Erdgas unerschwinglich oder knapp wird? Und was kann Benzin und Diesel als Kraftstoff ersetzen? ... Weitsichtige Energiepolitik sieht anders aus."

Die KIELER NACHRICHTEN stellen fest:

"Nach dem Energiegipfel ist immerhin positiv zu notieren, dass die Atmosphäre stimmte. Alle Seiten signalisieren die Bereitschaft zur sachlichen Kooperation. Das Thema Energieeffizienz muss aber an prominenter Stelle auf die Tagesordnung. Und an der Zapfsäule und auf der Heizkostenabrechnung surren die Preise unaufhaltsam aufwärts. ... Aus Sicht des Verbrauchers war das kein guter Auftakt."

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf zieht folgende Bilanz:

"Der Energiegipfel ist vorüber, die Teilnehmer ziehen sich in ihre Schützengräben zurück. Die Ergebnisse waren absehbar: ... Immerhin hat der Gipfel einen Beitrag dazu geleistet, allen Verantwortlichen nachdrücklich vor Augen zu führen, wie verfahren die Situation ist. Das ist ein wenig mehr als nichts."

Und die BERLINER MORGENPOST schaut in die Zukunft:

"Wirtschaftsminister Glos hat nun die undankbare Aufgabe, aus dem mageren Ergebnis des Gipfels bis Ende 2007 ein «nationales Energiekonzept» zu erstellen. Da Atomkraft in diesem Konzept aus politischen Gründen nicht vorkommen darf, besteht die Gefahr, daß der potentielle Beitrag der erneuerbaren Energien nun so lange schöngerechnet wird, bis sie augenscheinlich die Versorgungslücke füllen können. Ein solches «nationales Energiekonzept» wäre das Papier nicht wert, auf dem es steht."