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Pressestimmen von Mittwoch, 7. Juli 2004

Reinhard Kleber6. Juli 2004

SPD-Gewerkschaftsrat / Prognosen zu wirtschaftlichen Aussichten / Zitterpartie bei Yukos

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Im Mittelpunkt der deutschen Zeitungskommentare steht das Spitzentreffen zwischen Gewerkschaften und SPD, das in Berlin keine wesentliche Annäherung brachte. Weitere Themen sind die günstigen Konjunkturprognosen und die Lage beim russischen Yukos-Konzern.

Zu den Spannungen zwischen SPD und Gewerkschaften schreibt die FRANKFURTER RUNDSCHAU:

"Schon heute hat sich auf beiden Seiten die alte Maxime ins Gegenteil verkehrt: Nicht mehr der Schulterschluss, sondern die Distanzierung erleichtert Gewerkschaften und Sozialdemokraten das Geschäft. Haut Verdi-Chef Frank Bsirske auf den Kanzler ein, jubeln die Leute. Und Schröder kann gar nicht so unpopulär werden, als dass ihm eine Breitseite gegen den Lieblings-Gegner nicht für einen Moment Beifall der Medien und stille Zustimmung im Volk sichern würde. Möglich, dass die Gewerkschaften mit ihrer Wende den Zerfall von Rot-Grün nur vorweg nehmen."

Die Zeitung DIE WELT beleuchtet vor allem die Position des Kanzlers:

"Schröder hat in einem Milieu, das sich die Sache der sozialen Mobilität auf die Fahnen geschrieben hat, Allergien ausgelöst als 'Brioni-Kanzler' mit Zigarre. Der Neid der Genossen auf den Mann, der die ihm zugedachte Scholle aus eigener Kraft verlassen hat, ist ein sprechendes Indiz für die Mentalität einer Partei, die den Schröder-Effekt doch eigentlich landesweit entfesseln sollte. Ist Schröder gescheitert, wie es heißt? Ach was. Seine Kritiker liegen falsch, der Kanzler will durchhalten. Möglicherweise ist seine Mission jetzt erfüllt. Weiter war die SPD nicht zu bewegen."

Angesichts der ungewöhnlich freundlichen Konjunktur- prognosen für Deutschland meint die BERLINER MORGENPOST:

"Lange haben wir auf den versprochenen Aufschwung warten müssen, nun soll er wirklich kommen. Im Schlepptau einer boomenden Weltkonjunktur gerät auch die Wirtschaft der führenden Exportnation Deutschland wieder in Fahrt. Wenn es den anderen gut geht, geht es uns auch gut. (...) Ein Forschungsinstitut nach dem anderen korrigiert deshalb seine Wachstumsprognose auch für Deutschland nach oben. Dabei ist klar: Der Aufschwung wird allein vom Export getragen. Die Binnenkonjunktur bleibt schwach. Zu tief ist das Vertrauen der Verbraucher nach Jahren der Stagnation gesunken, zu groß die Furcht vor der Arbeitslosigkeit."

Die BERLINER ZEITUNG hakt beim mangelnden Vertrauen ein und merkt an:

"Die entscheidende Frage beantworten die Gelehrten nicht: Woher nämlich das Verbrauchervertrauen kommen soll, wenn die Beschäftigungsaussichten so düster bleiben? Kein Wunder: es handelt sich um eine unlösbare ökonomische Zwickmühle. Anders gesagt: Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Die Einführung der 50-Stunden-Woche, wie sie manche jetzt medienwirksam fordern, wird dieses Problem jedenfalls nicht lösen."

Mit Blick auf das bevorstehende Treffen von Bundeskanzler Schröder mit Präsident Putin in Moskau betont das HANDELSBLATT aus Düsseldorf:

"Je intensiver die Beziehungen sind, je stärker die Wirtschaften verflochten sind und je mehr Russland an die EU gebunden und in die WTO integriert wird, desto größer ist die Aussicht auf politische Stabilität. Und desto geringer ist die Gefahr, dass Russland irgendwann einmal den Gashahn schließt. Deshalb muss der deutsch-russische Dialog kein unkritischer sein. Sicher muss Schröder auch bei diesem Besuch mahnen, dass eine strategische Partnerschaft Vertrauen und Rechtsstaatlichkeit erfordert. Und sicher sollte Schröder daran erinnern, dass eine stabile, liberale Demokratie das politische System ist, in dem eine Marktwirtschaft am besten funktioniert. Aber man sollte Russland gegenüber auf jede Überheblichkeit verzichten."

Mehr Courage fordert dagegen die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG beim Thema Yukos:

"Russlands Präsident Putin und seine Regierung spielen mit dem Feuer: Im Falle Yukos steht nicht nur ein riesiger Ölkonzern auf dem Spiel. Es geht darum, wie die Russen künftig leben werden und welches Angebot an Öl und Gas der Welt in den nächsten Jahren zur Verfügung steht. Das Gezerre um den Konzern beeinflusst damit auch den Lebensstandard in Deutschland und anderen Verbraucherländern. Bundeskanzler Schröder hat daher gute Gründe, das Thema bei seinem Moskau-Besuch am Donnerstag anzusprechen."