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Pressestimmen von Mittwoch, 7. Mai 2003

Gerd Winkelmann 6. Mai 2003

SPD kontra DGB / Explosion der Sozialbeiträge / Österreichs Streik

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Die Machtprobe spitzt sich zu. Der Kanzler weicht im Streit mit den Gewerkschaften-Bossen um seine geplante Kürzung der Sozialsysteme keinen Millimeter. Deren Zorn - nicht zuletzt untereinander - ließ einen weiteren Gesprächsttermin vorerst platzen.

Der BERLINER KURIER kommentiert die Eiszeit an diesem Mittwoch folgendermaßen:

'Beim Frühstück wollten sich der Kanzler und DGB-Chef wieder etwasnäher kommen. Doch es lief nicht so, wie Gerhard Schröder sich dasgedacht hatte. Die Agenda 2010 steht zwischen ihm und Michael Sommer. Keiner der beiden war bereit, dem anderen entgegenzukommen. Schröder redete, bis der Kaffee kalt wurde, auf Sommer ein, versuchte ihn für seine Agenda zu erwärmen - an der er nichts ändern will. Doch Sommer blieb stur. Das Klima ist nach dem Gespräch frostiger als vorher. Der Gesprächsfaden ist erst einmal abgeschnitten. Im Grunde kann man die Antworten des Gewerkschaftsbosses auf die Reformvorschläge von
Schröder auf ein Wort reduzieren: Nein. Der DGB blockt. Diesen Sozial-Umbau will man nicht mittragen. Alternativen zur Agenda des Kanzlers hat man aber auch nicht bei der Hand. Nun wird der DGB mobil machen. Schröder steht bevor, was er nicht brauchen kann: ein heißer Mai.'

Die NEUE RUHR/NEUE RHEIN ZEITUNG aus Essen schreibt:

'Die CDU kann sich freuen: ausgerechnet in dem Jahr, in dem die große alte Dame SPD ihren 140. Geburtstag feiert, ist ihr Verhältnis zu den Gewerkschaften schwer beschädigt. Es muss DGB-Chef Michael Sommer bei seinem Gespräch mit Gerhard Schröder gedämmert haben, dass der 'Basta'-Kanzler nicht nachgibt, dass die Gewerkschaften verloren haben. Für die musste sich also die Frage stellen, welcher Kurs nun einzuschlagen sei: der konfrontative oder der Kompromisssuchende.
(...) 'Nein' zu sagen reicht nicht aus, mitgestalten ist angesagt. Es macht wenig Sinn, wie Verdi-Chef Frank Bsirske alternativlos auf Konfrontation zu setzen, wenn der Kanzler hart bleibt und man selbst keine CDU-geführte Regierung will.'

Hier noch ein Blick in die FREIE PRESSE aus Chemnitz:

'Wer ein derartig einschneidendes Konzept vorlegt, das heißt
vollendete Tatsachen schaffen möchte, ohne darüber vorher in der eigenen Koalition ausgiebig beraten zu haben, der muss sich doch nicht wundern, wenn er plötzlich Gegenwind bekommt. Frei nach dem Motto 'Vogel friss oder stirb' geht es in Diktaturen zu, Demokratien ist diese Art von Gesetzgebung eigentlich wesensfremd. Wie ungemütlich die Lage für Schröder ist, verdeutlicht auch das gestern überraschend geplatzte Spitzengespräch zwischen dem Kanzler und den Gewerkschaften. Hoffnungen, dass sich beide Seiten vor dem SPD-Sonderparteitag in der Sache doch noch annähern könnten, haben sich damit endgültig zerschlagen. Eines ist aber auch klar: Schröder kann am 1. Juni ein Stoppzeichen gesetzt werden, den Reformen letztlich nicht.'

Die HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE in Kassel widmet sich in diesem Zusammenhang den unaufhörlich steigenden Sozialbeiträgen:

'Die Zeit läuft dem Kanzler davon. Während er in mühsamer Arbeit die Gewerkschaften und Kritiker in der eigenen Partei von der Richtigkeit seiner Sozialreformen zu überzeugen sucht, drohen die Beiträge der Sozialversicherungen weiter nach oben zu klettern. Und genau ein weiterer Anstieg der Kassenbeiträge und somit der Lohn-Nebenkosten sollte ja verhindert werden. Zwar versuchen Sprecher des Sozialministeriums die jüngste Schätzung herunterzuspielen: Es handele sich nur um eine Momentaufnahme, in Wahrheit werde sich die Lage bessern. Aber so recht glauben mag das niemand. Im Gegenteil, das von Berlin prognostizierte Wirtschaftswachstum ist wohl noch zu schön gerechnet. Es droht noch schlimmer zu kommen.'

Auch Österreich bewegt die Rente - Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG kommentiert den ersten Generalstreik seit 50 Jahren:

'Das Paradoxe an diesem «historischen» Streiktag in Österreich lag darin, dass die österreichischen Gewerkschaftler im Namen der Solidarität den Generationen den Krieg erklärt haben. So gesehen allerdings war dies sehr wohl ein politischer Generalstreik, und die Regierung Schüssel täte gut daran, sich nicht einschüchtern und erpressen zu lassen, denn Politik gehört ins Parlament, nicht auf die Straße.'