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Pressestimmen von Mittwoch, 8. Dezember 2004

Gerd Winkelmann7. Dezember 2004

Schröders China-Reise / Bilanz des CDU-Parteitages

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Bundeskanzler Schröder sieht eine rasante Entwicklung im Handel mit China voraus. Das Ziel, den Handel mit der Volksrepublik bald zu verdoppeln, werde sicher erreicht werden, prognostizierte er bei einem Wirtschafts-Forum in Peking. Einige Kommentare der Tagespresse an diesem Mittwoch sehen den deutschen Regierungschef dabei auf politischem Glatteis. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt:

'(...) Die Frage lautet, ob Europa Chinas Aufstieg nicht nur wirtschaftlich schmieren soll, sondern ob es dabei noch als Rüstungslieferant für ein Regime mit Expansionsdrang tätig sein soll, das Taiwan des öfteren militärische Schläge androht. Die Pekinger Führung, die eine glasklare Interessenpolitik betreibt (...), wird die innereuropäische Konkurrenz um Chinas Gunst auszunutzen wissen. Der Kanzler hörte, dass man eine «größere Verantwortung» Deutschlands in den UN unterstütze. Der italienische Präsident, ebenfalls zu Besuch, glaubt dasselbe für Roms gegen Berlin gerichtete UN-Ambitionen herauszuhören. Die Wahrheit ist: Peking redet weder von Veto-Recht noch von Ständigem Sitz. Es lockt, flirtet und kleidet seine Außenwirtschaftspolitik in eine strategische Perspektive. Davon kann man lernen.'

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf meint:

'Deutschland hat immer noch keine Politik, die der Tatsache gerecht wird, dass China eine Diktatur ist. Auch Diktaturen mit Wirtschaftswachstum neigen zur Aggressivität und sind instabil. Ihre Unfähigkeit zum Interessenausgleich kann schlimme Unruhen provozieren. Nicht auszuschließen, dass China sich mit dem Übergang zur Marktwirtschaft schrittweise demokratisiert. Doch ebenso wenig ist auszuschließen, dass sich diese Hoffnung zerschlägt. Deshalb spricht nichts dafür, China heute schon einen Bonus für Rechtsstaatlichkeit auszuzahlen, indem man es wie einen stabilen Partner behandelt. Trotz aller Geschäfte muss Eindämmung das politische Ziel sein: China bedroht Taiwan und strebt neben seiner wachsenden ökonomischen Machtstellung eine Rüstung an, die es noch gefährlicher macht. Nur die USA halten gegen diesen unberechenbaren Koloss. Deutschlands Platz ist deshalb an ihrer Seite, nicht an der Chinas.'

Die BERLINER ZEITUNG beschreibt das Problem folgendermaßen:

'Wer wie Schröder auf internationaler Ebene eine stärkere Rolle für Deutschland fordert, der muss andeuten, welche Grenzen Partnerschaft hat. Sicherlich wäre es wenig hilfreich, öffentlich daran zu erinnern, dass in China Schätzungen zufolge jährlich 10 000 Menschen hingerichtet werden. Gerade weil Peking auf der weltpolitischen Bühne so selbstbewusst wie unberechenbar auftritt, darf ein deutscher Kanzler aber auch nicht nur penetrant schweigen. Gerade weil Schröder auch die unanfechtbaren Fortschritte Chinas lobt, muss er gleichzeitig über Versäumnisse reden. Außenminister Joschka Fischer hat in diesem Sommer in Peking bewiesen, dass die chinesische Führung auch einstecken kann.'

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG blickt zurück auf den CDU-Parteitag:

'Die Rede Edmund Stoibers (...) war aggressiv, kämpferisch, mitreißend, aufrüttelnd. Dem CSU-Chef gelang in einer Stunde 'Grußwort', was CDU-Chefin Angela Merkel in zwei Stunden nicht geschafft hat: die Zuhörer zu begeistern. Der Auftritt war so super, dass Stoiber nach einem Wahlsieg 2006 wohl nach Berlin gehen wird. Nicht als Regierungschef wohlgemerkt. Der Zug ist abgefahren. Aber vielleicht als ein Superminister für wirtschaftlichen Aufschwung, dem es egal sein kann, wer unter ihm Kanzlerin ist.'

Der BERLINER KURIER beleuchtet einen anderen Aspekt der Veranstaltung und fragt:

'Braucht Deutschland mehr Patriotismus? Brauchen wir eine deutsche Leitkultur? Werden Ausländer bessere Deutsche, bloß weil sie einen Schwur auf die Verfassung leisten? Mit der Patriotismus-Debatte fischt die Union auf übelste Art am rechten Rand. Der Mord am holländischen Filmemacher Theo van Gogh stellt das Miteinander der Kulturen auch in unserem Land infrage. Aber die Antwort sind nicht mehr Patriotismus und Absingen der Hymne, sondern Lösungen für das Miteinander. Leisere Töne wären bei diesem Thema angebrachter als das rechte Wahlkampfgetöse.'