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Pressestimmen von Mittwoch, 9. März 2005

zusammengestellt von Michael Wehling8. März 2005

Chinesische Drohungen gegen Taiwan / Einigung über schärferes Versammlungsrecht / Ukrainischer Präsident in Berlin

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Die Kommentatoren der Tageszeitungen beschäftigen sich an diesem Mittwoch mit der Drohung Chinas, eine Abspaltung Taiwans notfalls mit Waffengewalt zu verhindern sowie mit der Einigung von Koalition und Opposition in Berlin auf eine Verschärfung des Demonstrations- Rechtes. Beachtung findet auch der Besuch des ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko in Berlin.

Zunächst zum Konflikt zwischen China und Taiwan. Die OSTSEE-ZEITUNG aus Rostock notiert:

'Der große Nachbar will Taiwans Unabhängigkeitswillen auch mit Waffen abwürgen. Das sollte die Welt schon in Aufregung versetzen. Obwohl die Chinesen nie einen Zweifel daran gelassen haben, dass sie die abtrünnigen Taiwanesen bis spätestens 2020 heim ins Großreich holen wollen, bekommen die neuesten Muskelspiele eine andere Dimension. Den erfolgreichen kleinen Wirtschaftstiger notfalls mit Militäraktionen zu schlucken, wäre der abenteuerliche Teil des unaufhaltsamen Marsches Pekings zur Vormachtstellung in der Region.'

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER glaubt nicht an eine kriegerische Auseinandersetzung:

'Trotz aller Rhetorik hat China kein Interesse an einer militärischen Lösung des Taiwanproblems. Peking würde einen seiner größten Handelspartner und Investoren bekämpfen. Taiwans Firmen sind mit mehr als 40 Milliarden Dollar in der Volksrepublik engagiert. Ein Krieg wäre das Ende des chinesischen Aufschwungs und möglicherweise auch des Machtmonopols der KP.'

Die in München herausgegebene SÜDDEUTSCHE ZEITUNG mahnt Taiwan zu Besonnenheit:

'Die Spaltung eines Landes ist ein bedauerlicher Zustand. Eine mit Waffengewalt erzwungene Wiedervereinigung aber wäre ebenfalls eine Tragödie. Kriegsdrohungen und Alleingänge sind ein gefährlicher Weg. Daher ist es falsch, dass Taiwans Premier in einer ersten Reaktion auf das Pekinger Gesetz ein Vorpreschen mit den Verfassungsänderungen gefordert hat. Dialog, vertrauensbildende Schritte und Geduld sind das Gebot der Stunde.'

Nach Ansicht der FRANKFURTER NEUEN PRESSE liegt das Säbelrasseln Chinas vor allem in innenpolitischen Problemen begründet. Diese seien immens, schreibt das Blatt und erläutert:

'Die ideologische Legitimation durch Marxismus und Maoismus ist erschöpft. Die Korruption blüht, die Landbevölkerung verelendet und drängt in die Städte. Protest-Aktionen häufen sich. Der Widerspruch von teilweise herrschendem Manchester-Frühkapitalismus und kommunistischer Ideologie ist enorm. Fast logisch, dass die chinesische KP da verstärkt den Nationalismus als Klammer nutzen will, um das Land zusammenzuhalten.'

Themenwechsel. Der SCHWARZWÄLDER BOTE beschäftigt sich mit der parteiübergreifend geplanten Verschärfung des Versammlungsrechts, um Aufmärsche von Neonazis leichter verbieten zu können.

'Ob Regierung oder Opposition: Alle tun sich schwer im Umgang mit den Neonazis. Die NPD provoziert und marschiert - und die Politiker geben ihr das Gefühl, besonders wichtig genommen zu werden. Warum diese Aufgeregtheit? Sicher, es ist widerlich, wenn Kriegsschuldleugner eine Gedenkstätte für Millionen jüdischer Opfer zu ihrem Versammlungsort machen wollen. Dresden hat jedoch bewiesen: Man kann die ewig Gestrigen marschieren und ins Leere laufen lassen. Man kann zeigen, dass die Mehrheit der Deutschen mit dieser Pöbelgruppe nichts gemein hat.'

Die LÜBECKER NACHRICHTEN zweifeln am Erfolg des geplanten Gesetzes:

'NPD und Co. sind viel zu clever, um ins offene Messer einer Bestrafung zu laufen. Es muss befürchtet werden, dass sie durch den neuen Strafkatalog angehalten werden, Hetzreden und Aufmärsche intelligenter und trickreicher zu planen. Verbieten kann man das braune Gedankengut ohnehin nicht.'

Abschließend ein Blick in die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN: Die Zeitung aus Karlsruhe verweist aus Anlaß des Besuchs des ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko auf die Visa-Affäre:

'Der Kanzler und der Außenminister sind durch eigene Versäumnisse nicht mehr in der Lage, der jungen Demokratie in Kiew auf ihrem noch sehr langen, sehr schwierigen und sehr schmerzhaften Weg nach Europa entgegenzukommen und beispielsweise Reiseerleichterungen zu versprechen, ohne dass dies nicht sofort einen neuen Aufschrei der Opposition auslösen würde. Schon jetzt zögert die EU auf Druck der Bundesregierung, die Visa-Bestimmungen gegenüber der Ukraine zu lockern.'