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Pressestimmen von Montag, 03. Juli 2006

Hans Ziegler2. Juli 2006

Auslandseinsätze der Bundeswehr / Neue Eskalation in Nahost

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In der deutschen Tagespresse gibt es an diesem Montag zwei zentrale Kommentarthemen: Mögliche weitere Auslandseinsätze der Bundeswehr und zum anderen die wieder zugespitzte Lage im Nahen Osten. Zunächst zur Bundeswehr und Überlegungen der Bundesregierung, sie in weiteren Krisenregionen einzusetzen.

In der WILHELMSHAVENER ZEITUNG heißt es kritisch:

'Wer es hört, glaubt, er habe etwas an den Ohren: Bundesverteidi- gungsminister Franz Josef Jung fabuliert bereits von Afrika- Einsätzen, unter anderem in Darfur im Sudan, obwohl die umstrittene Kongo-Mission noch gar nicht richtig begonnen hat. In Afghanistan wird die Lage immer prekärer. Bosnien und Herzegowina sowie Kosovo sind noch weit davon entfernt, ohne die hilfreichen Hände der Bundeswehr auszukommen. Kein Verbündeter wird für die Bundeswehr in die Bresche springen, nur weil ein deutscher Politiker mal wieder einen neuen «Spielplatz» für sich entdeckt hat.'

Einen ganz ähnlichen Tenor schlägt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder an:

'Es wird immer erstaunlicher, was unsere Politiker der Bundeswehr zumuten. Nicht nur, dass die Truppe finanziell ausgeknauscht wird. Im umgekehrten Verhältnis steht der Drang, die Bundeswehr ins Ausland zu schicken. Verteidigungsminister Jung scheint mit dem Blick nach Afrika alles übertreffen zu wollen. Kaum beginnt die unklare Kongo- Mission, denkt er bereits über einen Einsatz deutscher Soldaten in der südsudanesischen Krisenprovinz Darfur nach.'

Auch die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz sieht Auslandseinsätze der Bundeswehr mit einer gehörigen Portion Skepsis:

'Die Bundeswehr tut gut daran, sich auf wenige Krisengebiete zu beschränken wie den Balkan und den Hindukusch. Diese Einsätze werden noch Jahre dauern. Die deutschen Soldaten haben lange gebraucht, um Menschen, Strukturen und Mentalitäten in diesen Ländern auch nur annähernd zu verstehen. In Ländern wie dem Kongo oder dem Sudan würde die Bundeswehr nahezu am Nullpunkt beginnen.'

Abschließend der WIESBADENER KURIER; auch dessen Kommentator weiß weiteren Bundeswehr-Auslandseinsätzen nichts Gutes abzugewinnen:

'Es passt nicht zusammen. Überfälle auf die deutschen Truppen in Afghanistan häufen sich. Die heikle Mission der Bundeswehr im Kongo steht unmittelbar bevor. Und schon bringt Verteidigungsminister Jung das nächste mögliche Einsatzfeld ins Gespräch: den Südsudan. Man möchte nicht Soldat sein unter einer Regierung, die so leichthin Truppen ins Gefecht schickt.'

Themenwechsel und zur Situation im Nahen Osten. Israels Premier Olmert hat angekündigt, sein Land werde so lange militärisch gegen die Palästinenser vorgehen, bis der entführte israelische Soldat wieder frei sei.

Die STUTTGARTER ZEITUNG geht dazu auf Distanz:

'Demonstrationen militärischer Macht bewirken meist das Gegenteil dessen, was beabsichtigt ist. So mag man sich jetzt in Israel freuen, dass man aller Welt und insbesondere den Palästinensern zeigt, wer stark ist und wer schwach. Aber welchen Sinn hat es, den demokratisch gewählten palästinensischen Regierungschef Hanija mit Raketenangriffen auf sein Büro zu bedrohen? Hanija versucht seit Wochen, mit der israelischen Regierung ins Gespräch zu kommen.'

Auch die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG sieht Israels Vorgehen kritiscch:

'Die israelische Militär-Operation 'Sommerregen' als Antwort auf die Verschleppung eines Soldaten ist längst zur Generalabrechnung mit der Hamas geworden. Sowohl die Inhaftierung von führenden Politikern als auch die Bombardierung des Büros des palästinensischen Regierungschefs Hanija zielen auf das Herz der Hamas und zeigen gleichzeitig, dass die Nerven in Tel Aviv nach dem Ausbleiben konkreter Erfolge blank liegen. Noch immer glauben die Hardliner nur an den Erfolg der Panzer.'

Die AUGSBURGER ALLGEMEINE schlägt in die gleiche Kerbe:

'Israels Premier Olmert will die derzeitige gewählte Palästinenserführung offenbar mit allen Mitteln stürzen. Dabei ist klar, dass für jeden verhafteten oder getöteten Hamas-Führer Ersatz bereit steht. Und ebenso gewiss ist, dass der Würgegriff Israels, der die Zivilbevölkerung viel härter trifft als die Hamas, den Extremisten nur noch mehr Popularität verschafft. Israel hat bald niemanden mehr, mit dem es verhandeln kann.'

Abschließend die KIELER NACHRICHTEN. Auch deren Kommentator glaubt nicht an einen letzlichen Erfolg der israelischen Militärstrategie:

'Alles schon mal da gewesen: Als die Hisbollah in den neunziger Jahren die Israelis terrorisierte, reagierte die Armee mit Angriffen auf Ziele im Libanon, so wie sie heute die Hamas ins Visier nimmt. Die Terroristen sollten von der Bevölkerung isoliert werden, doch das Gegenteil trat ein: Die Hisbollah wurde gestärkt, Israel zum Abzug gezwungen. Die Reaktion der Armee gegen die Hamas ist unerbittlich, doch die Militärschläge sind kontraproduktiv, weil sie sich nicht nur gegen die Terroristen, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung richten. Israels neue Regierung wirkt wie ein Getriebener.'