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Pressestimmen von Montag, 10. April 2006

(Walter Lausch) 10. April 2006

Gipfel zur Integration von Einwanderern/Angebliche US-Angriffspläne auf den Iran

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In diesem Jahr soll ein Integrationsgipfel stattfinden - mit dem Ziel, ein abgestimmtes Konzept zur Integration von Einwanderern in die deutsche Gesellschaft zu erarbeiten. Das ist ein Thema dieser Presseschau. Weiter geht es um die angeblichen Angriffspläne der USA auf den Iran. Zunächst aber zur Ausländerpolitik in Deutschland. Zum geplanten Integrationsgipfel schreibt die KÖLNISCHE RUNDSCHAU:

"Was dem Bürger bisher als Integrationspolitik verkauft wurde, war verabredete Gleichgültigkeit. Die einen wollten Einwanderung als Faktum - und unter Umständen auch als Notwendigkeit - gar nicht wahrhaben, die anderen ließen die Dinge treiben und schwelgten in Multikulti-Phrasen. Vom 'Integrationsgipfel' sollten Politiker und Verbandsfürsten möglichst schnell in Hinterhofmoscheen und Hauptschulen hinabsteigen. Und dort tun, was Schäuble zu Recht vorschlägt: Gegen alle Formen von Verwahrlosung von der beschmierten Wand bis zur Anarchie auf dem Schulhof vorgehen. Und für Verbindlichkeit sorgen bei Bildungszielen, Spracherwerb, Gesetzestreue. Das ist mühsam, das tut weh, das ist frustrierend. Aber wie sonst soll aus Parallelgesellschaften ein Ganzes entstehen?"

Für den Kommentator der HEILBRONNER STIMME macht ein Integrationsgipfel nur Sinn, wenn die Parteien dazu bereit sind, von Ausländern Integrationsleistungen einzufordern:

"Wer nun nach mehr und besseren Deutschkursen ruft, darf dem Staat, der dies alles finanziert, nicht vorschnell die Sanktionsmöglichkeiten absprechen. Der Vorwurf gedankenloser Reflexe fällt auf Kritiker wie SPD-Chef Platzeck selbst zurück: Noch immer scheuen sich die Multikulti-Träumer, von Zuwanderern eine Bringschuld einzufordern. Die Annahme von Sprachschulungen und die Akzeptanz der hiesigen Regeln sind das Mindeste, was ein Land von seinen Neubürgern erwarten kann. Darauf müssen insbesondere muslimische Vereinigungen verpflichtet werden, wenn der Integrationsgipfel Fortschritte bringen soll. Wer sich diesen Grundpflichten verweigert, verbaut den Zuwanderern die Chance, sich in Deutschland jenseits der Sozialhilfe ein Leben aufzubauen. Das ist Desintegration."

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam warnt vor ideologisch aufgeladenen Diskussionen:

"Inmitten des Berliner Koalitions-Gekuschels haben sich Justizministerin Zypries (SPD) und Innenminister Schäuble (CDU) ein kleines Scharmützel geliefert. Auch die bayerische CSU hat ihr Scherflein dazu beigetragen. Es ging um das Thema Integration. Doch der Schein trügt. In Wahrheit ist das Kulturkampf-Thema von einst längst entemotionalisiert, herrscht über Parteigrenzen hinweg Einigkeit im Grundsätzlichen: Wer hier leben will, hat unsere Regeln zu akzeptieren, und er muss bitteschön auch unsere Sprache beherrschen. Das sollte eine gute Basis für den Integrationsgipfel bei der Kanzlerin sein. Dort gilt es, tragfähige Konzepte für die Zukunft zu erarbeiten. Eine Rückkehr zum ideologisch aufgeladenen Zuwanderungsstreit der letzten Jahrzehnte ist wenig hilfreich."

Nach US-Medienberichten erwägen die USA Luftangriffe auf den Iran. Für den Kommentator der AUGSBURGER ALLGEMEINE klingt diese Drohung glaubhaft:

"Es gibt keinen Grund, an den Berichten zu zweifeln, nach denen die US-Regierung begonnen hat, Ziele für Luftangriffe im Iran zu identifizieren. Die 'militärische Option' war nie nur eine rhetorische Floskel, sondern immer eine durchaus ernst gemeinte Drohung in der Auseinandersetzung mit dem nach Atomwaffen strebenden Iran. Das heißt allerdings nicht, dass diese Angriffe beschlossene Sache sind. Eine militärische Auseinandersetzung mit dem Iran ist für die US-Regierung nur ein letztes Mittel, wenn alle politischen und diplomatischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind."

Die Essener NEUE RUHR /NEUE RHEIN-ZEITUNG stellt mehrere Fragen:

"Und was käme nach den Luftschlägen? Ein Einmarsch von US-Truppen nach Vorbild des Irak-Krieges? Nach dem Fiasko im iranischen Nachbarland ist wohl kaum etwas unwahrscheinlicher als das. Bush baut eine Drohkulisse auf und hofft, dass sie den Iran zum Einlenken im Atomstreit bewegt. Ob es ihm gelingt, ist offen. Aber der US- Präsident gilt nach dem Irak-Krieg als schwer berechenbar. Und das könnte den Einigungsdruck erhöhen."

Die Berliner Zeitung NEUES DEUTSCHLAND hält die kriegerische Variante für wahrscheinlicher:

"Ein Gerücht ist etwas anderes. Seymour Hersh und die 'Washington Post' gehören fraglos zu den Bestinformierten, wenn es um Interna aus der USA-Administration geht. Was der für seine Enthüllungen unter anderen über Abu Ghoreib bekannte Hersh nun behauptet und was von der regierungsnahen 'Washington Post' ebenfalls vermeldet wurde, gibt zu düsteren Prognosen Anlass: Die Kriegsüberlegungen der USA gegenüber dem Iran seien weit über verbale Kraftmeierei fortgeschritten, die Planung von massiven Bombenangriffen auf den Iran laufe."

Das HAMBURGER ABENDBLATT setzt auf begrenzte militärische Schläge:

"Wer auf die glaubwürdige Androhung von Gewalt verzichten wollte, stellt Verhandlungsergebnisse in das Belieben des iranischen Regimes. Niemand allerdings sollte davon faseln, daß man nur Bomben auf ein Land schmeißen müsse, damit ein Volk ein Regime abschüttelt. Drittes Reich, Irak -- daß es so nicht funktioniert, müßte dem Weißen Haus bewußt sein. Um iranische Atombewaffnung zu verhindern, wäre das einzig mögliche militärisch-operative Ziel die Zerstörung der iranischen Atomanlagen. Um Zeit zu gewinnen. Damit Iraner tun können, was sie tun müssen. Sich selbst befreien."