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Pressestimmen von Montag, 10. Dezember 2001

Roswitha Schober10. Dezember 2001

Diskussion um Kanzler-Kandidatur innerhalb der Union / Lage in Afghanistan und deutsche Beteiligung an UN-Friedenstruppe / Karlspreis für Euro

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Die politischen Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Montag überwiegend mit der Kanzler-Kandidatur innerhalb der Union. Weitere Themen sind die Lage in Afghanistan und die deutsche Beteiligung an einer UN-Friedenstruppe sowie die Verleihung des Internationales Karlspreises an den Euro.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU ist der Auffassung, dass Angelika Merkel in der öffentlichen Meinung bessere Chancen hätte, ließe man sie überhaupt erst einmal antreten:

"Vorsitzende soll sie bleiben, na gut. Aber um die Macht kämpfen, Kanzler werden? Männersache ... klar, Merkel macht Fehler. Stoiber etwa nicht? Zwei Mal durfte er im Bundestag auftreten gegen Schröder. Zwei Mal versagt. Aber die Umfragen! Wetten, dass die besser würden, wäre Merkel erst einmal Kandidatin?"

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG hält Bayern-Chef Stoiber für unausweichlich:

"Kaum hatte man in Dresden endlich einmal ein Bild der Geschlossenheit gegeben, hatte sich hinter Frau Merkel und Herrn Stoiber gleichermaßen versammelt, da krachten am Wochenende wieder die Gewehre der Heckenschützen. Diesmal wollen sich die mächtigen Regierungschefs der Union gegen ihre Vorsitzende stellen und sie - wie passend - am Weihnachtsfest bitten, auf eine Kanzlerkandidatur zu verzichten. Was soll das wohl? Anfang des Jahres wollten sich Merkel und Stoiber zusammensetzen und eine Entscheidung fällen. Da Angela Merkel längst gesagt hat, der Kandidat mit den besseren Aussichten solle antreten, dürfte an dem blonden Fallbeil aus Bayern ohnehin kein Weg vorbeiführen."

Der MANNHEIMER MORGEN sieht den Zeitpunkt für die Kandidaten-Entscheidung noch nicht gekommen:

"Die Union ist noch nicht fit zur Kür des Kanzlkerkandidaten, denn sie hat noch nicht alle ihre Hausaufgaben gemacht. Zwar hat sich die CDU bei ihrem Parteitag wieder gefangen, doch in der Wählergunst spiegelt sich noch kein Aufschwung wider."

Themenwechsel - zur Lage in Afghanistan. Die STUTTGARTER ZEITUNG schreibt:

"Die Niederlage wird auch ihre abschreckende Wirkung auf mögliche Nachahmer und Nachfolger nicht verfehlen. Nach dem 11. September musste man alles für möglich halten. Jeder Flugzeugabsturz, jede Explosion in einer Firma - alles konnte das Werk international agierender Terroristen sein. Schier unbezwingbar die Al-Kaida. Jetzt bestehen die Strukturen noch, doch die Macht bin Ladens ist entscheidend geschwächt worden."

Verteidigungsminister Rudolf Scharping will eine deutsche Beteiligung an einer UN-Friedenstruppe in Afghanistan davon abhängig machen, dass die Soldaten ihren Auftrag auch mit Waffengewalt durchsetzen dürfen. Nach Auffassung der Tageszeitung DIE WELT will der Bundeskanzler immer viel und der Verteidigungsminister bekommt immer wenig. Sie schreibt:

"Wie schon beim Kampf gegen den Terrorismus zeigen sich auch beim Kapitel Friedensmission deutsche Grenzen auf: Die Bundeswehr ist unterfinanziert und beinahe kaputtreformiert. [...] Es wiederholt sich das alte Spiel: Gerhard Schröder macht große Ankündigungen, und Verteidigungsminister Rudolf Scharping fordert mehr Geld, das er nicht oder nicht im notwendigen Umfang bekommt."

Zum Schluss noch eine Stimme zum Thema Euro. Der Internationale Aachener Karlspreis soll im nächsten Jahr zum ersten Mal nicht einen Menschen ehren, sondern eine Währung. Der Sprecher des Direktoriums, Walter Eversheim, hatte das Votum damit begründet, dass der Euro im Sinne des Karlspreises zu einer gemeinsamen Identität der Europäer beitrage. Die FRANKENPOST hält dieses Votum für Vorschusslorbeeren:

"Noch hat der Euro nichts geleistet, was ihn dazu befähigen würde, diese bedeutende Auszeichnung entgegen zu nehmen. Allein Hoffnung ist es, was die neue Währung trägt. Insofern sei Professor Walter Eversheim widersprochen: Die neue Währung kann zu einer gemeinsamen europäischen Identität beitragen, sie kann aber auch durchaus zu Verwerfungen unter den Teilnehmerstaaten führen. Wenn sich die Konjunktur weiterhin so negativ entwickelt, könnte es zu inflationären Tendenzen in ganz Europa kommen. Und was ist dann? Dann würde alles dem Euro in die Schuhe geschoben."