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Pressestimmen von Montag, 11. Juni 2003

zusammmengestellt von Walter Lausch10. Juni 2003

Auslandseinsätze der Bundeswehr/Frieden im Nahen Osten

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Trauer um die in Afghanistan bei einem Anschlag getöteten Bundeswehrsoldaten. In Kabul und in Köln fanden Gedenkfeiern statt. Die Lage in Afganistan und die innenpolitsche Diskussion über Auslandseinsätze der Bundeswehr greifen viele Kommentatoren in den Mittwochsausgaben der Tageszeitungen auf -und dies ist auch das zentrale Thema dieser Presseschau. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG in München stellt entscheidende Fragen:

"Wenn Soldaten in ein Krisengebiet aufbrechen, sollten vorher ein paar simple Fragen beantwortet sein: Wie kommen die Truppen hin? Was sollen sie dort tun? Wie und wann kommen sie wieder raus? Es sind dies Fragen nach dem Ziel eines Einsatzes und nach der exit strategy, den Szenarien für den möglichst erfolgreichen Ausstieg aus einem militärischen Unternehmen. Auf all diese Fragen gibt es keine Antworten, wenn demnächst eine so genannte europäische Truppe in Kongo eingreifen soll. Unzureichend beantwortet wurden diese Fragen auch für den Einsatz in Afghanistan, wo deutsche Soldaten ihr Leben lassen müssen."

Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen macht sich für eine Verstärkung des Engagements der Bundeswehr in Afghanistan stark:

"Man mag es als zynisch empfinden, dass ausgerechnet gestern, an dem Tag, an dem die Särge mit den sterblichen Überresten der am Samstag in Kabul ermordeten deutschen Soldaten in die Heimat übergeführt wurden, ein Erkundungsteam aufbrach, um eine Ausweitung des Bundeswehr-Einsatzes zu überprüfen. Denn natürlich haben Angehörige, Öffentlichkeit und Parlament zunächst Anspruch darauf, dass die Frage, ob wirklich alle notwendigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, beantwortet wird. Das ändert aber nichts daran, dass sich Deutschland jetzt, da Angriffe auf die Bundeswehr nicht mehr nur Theorie sind, nicht aus seiner Verantwortung für Afghanistan davonstehlen und das Land wieder sich selbst überlassen kann."

Die Berliner Tageszeitung NEUES DEUTSCHLAND spricht sich dagegen gegen die Bundeswehreinsätze aus:

"Die Ortsbezeichnungen sind auswechselbar. Deutsche Soldaten sind inzwischen in vielen Gegenden auf dem Erdball stationiert, in denen sie eigentlich nichts verloren haben. Nächste Woche soll der Bundestag über einen Einsatz in Kongo unter EU-Flagge entscheiden. Allein beim Afghanistan-Einsatz, der nunmehr knapp eineinhalb Jahre dauert, wurden bislang 14 Bundeswehrsoldaten getötet. Dutzende erlitten Verletzungen. Wenn jetzt darüber geredet wird, das deutsche Afghanistan-Mandat auszuweiten und den bisherigen Truppen schwere Waffen hinterherzuschicken, dann ist die Botschaft klar: Den USA soll der Rücken frei gehalten werden und die Rolle Deutschlands als internationale Militärmacht ausgeweitet werden. Deshalb werden die vier Särge, die mit einer Militärmaschine nach Köln gebracht wurden, nicht die letzten gewesen sein."

Die STUTTGARTER ZEITUNG vermisst klare Leitlinien für den Auslandseinsatz der Bundeswehr:

"Nach den Terroranschlägen vom 11.September hat der Kanzler die Enttabuisierung des Militärischen proklamiert. Doch abgesehen von den Menschenrechten und der Orientierung an den Vereinten Nationen ist Schröders Regierung eine Linie für den Einsatz der Bundeswehr schuldig geblieben. Das reicht nicht aus. Das Attentat von Kabul ist auch eine Mahnung, nationale Interessen zu definieren, deren Wahrung allein den Tod von Soldaten rechtfertigt."

Zum Schluss dieser Presseschau noch ein anderes Thema.
In Gaza-Stadt verübte Israel einen gezielten Anschlag auf einen führenden Funtionär der radikalislamischen Hamas. Der Anschlag wurde unter anderem von US-Präsident George W. Bush scharf verurteilt. Für die WETZLARER NEUE ZEITUNG ist der Angriff ein Anzeichen dafür, dass mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon kein Frieden im Nahen Osten möglich ist:

"US-Präsident Bush hat hoch gepokert und verloren, indem er allein auf die Karte Scharon setzte. Gegen den Widerstand wichtiger europäischer Verbündeter erklärte er erst Palästinenserpräsident Jasser Arafat zur Unperson, mit der Verhandlungen nicht mehr möglich sind. Dann beseitigte er unter dem Vorwand, Massenvernichtungswaffen zerstören zu wollen, in einem beispiellosen Krieg den gefährlichsten Störenfried in der Region, Saddam Hussein. Nun sind Arafat und Hussein weg - doch die Aussichten auf Frieden im Nahen Osten sind so gering wie eh und je, weil Scharon noch da ist."