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Pressestimmen von Montag, 11. März 2002

zusammengestellt von Hans Ziegler11. März 2002

Sonderprogramme Ost/ ZDF-Intendantenwahl

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Zentrales Thema in den Kommentaren der deutschen Tagespresse sind an diesem Montag die sowohl von CDU/CSU wie von der SPD beschlossenen neuen Förderprogramme für die ostdeutschen Bundesländer. Daneben ist die Wahl von Markus Schächter zum neuen ZDF-Intendanten ein Kommentarthema. Zunächst zu den von den großen Parteien verabschiedeten neuen Sonderporgrammen.

DIE WELT schreibt dazu:

"Der Osten ist ein Land der halben Wahrheiten geworden. Manches blüht dort tatsächlich, anderes welkt vor sich hin. Die Aufbaupolitik der letzten Jahre hat vieles erreicht und vieles verwirtschaftet, hat Inseln der Hoffnung neben Tälern des Jammers entstehen lassen. Ein Jahrhundertprozess, an den sich die deutschen Parteien nur noch dann
gerne erinnern lassen, wenn es um das hin- und herschwappende Wählerpotenzial der neuen Länder geht. Pünktlich zu Beginn des Bundestagswahlkampfes haben sich die beiden großen Volksparteien daher mit Programmen für den Osten hochgerüstet, obwohl beide Seiten, wenn sie ehrlich wären, zugeben müssten, dass sie ziemlich
ratlos sind."

Stärker noch als DIE WELT wertet die Tageszeitung NEUES DEUTSCHLAND die Sonderprogramme als wahlkampftaktisches Manöver:

"Als Wähler ist der Ostdeutsche wichtig, weshalb er periodisch heiß umworben wird. Zwischendurch ist die Sache offenbar nicht ganz so dringlich. Wenn keine Wahl in der Nähe ist, darf Wolfgang Thierse ruhig behaupten, der Osten stehe auf der Kippe. Sicher, ins Poesiealbum wird sich der Kanzler solche Sätze nie wünschen, aber solange es der Sache dient - also den Ostdeutschen ein bisschen für
die SPD interessiert - warum nicht?"

Ähnlich äußert sich der Kommentator der HEILBRONNER STIMME:

"Im Wahlkampf darf man nicht jedes Wort und schon gar nicht jedes Versprechen auf die Goldwaage legen. Oft geht die Fantasie mit den Wahlkämpfern durch. Die Verheißung blühender Landschaften, die in Wirklichkeit noch heute vor sich hin welken, sollte den Politikern Warnung genug sein. Trotzdem überschütten sie Ostdeutschland in diesen Tagen wieder mit Geschenken, denn dort findet die letzte
Testwahl vor der Bundestagswahl statt. Ob der Kanzlerkandidat oder der Kanzler - beide versprechen das Blaue vom Himmel herunter und verschweigen dabei, dass das Geld aus Nord-, West- und Süddeutschland
kommen muss."

Auch die FRANKFURTER RUNDSCHAU sieht wahlkampftaktische Überlegungen, äußert sich jedoch skeptisch über deren Erfolg:

"Die Union setzt, wie vor vier Jahren die SPD, auf den Unmut der Enttäuschten. Die SPD tut sich erneut extrem schwer mit der PDS und bibbert vor den bundespolitischen Strategiefragen, die ihr die nicht glorreich endende Sachsen-Anhalt-Wahl im April bescheren wird. Am Ende wird die Bundestagswahl bei so viel Ähnlichkeit gerade im Osten
ganz auf das Personenduell hinauslaufen - und auf die Frage, wer glaubwürdiger erscheint. Genau hier liegt das große Problem des Bayern Stoiber. Schröder versucht, dies mit seiner neuen Aufmerksamkeit Ost auszunutzen. Aber das alles ist derart durchsichtig, dass es genug Grund gibt, misstrauisch zu bleiben, wie der Osten über ein paar neue Geschenke der wahlkämpfenden West-Onkels hinaus seine eigene Perspektive finden soll."

Themenwechsel und zur Wahl von Markus Schächter zum neuen ZDF-Intendanten. Schächter löst Dieter Stolte ab, der das ZDF 20 Jahre geführt hatte. Mit Blick darauf, dass mehrere Wahlgänge nötig waren, heißt es im KÖLNER STADT-ANZEIGER:

"Der neue Intendant Markus Schächter tritt ein schweres Amt an, weil er mit dem Makel leben muss, als kleinster gemeinsamer Nenner der politischen Lager gewählt worden zu sein. Schächter stand zwar von Anfang an auf der Vorschlagsliste der Schwarzen. Aber erst als sämtliche anderen Kandidaten gescheitert waren und ein Wahldebakel
drohte, einigte man sich auf den bisherigen Programmdirektor des Zweiten. Dadurch wurde aus dem gesuchten Konsens ein reiner Kompromisskandidat."

Abschließend noch der WIESBADENER KURIER zum selben Thema:

"Die Zeiten, dass das ZDF seine Programmpolitik nach ideologischen Vorlieben hätte ausrichten können, sind vorbei. Es geht darum, angesichts der scheinbar unaufhaltsamen Kommerzialisierung der Programme und Zersplitterung der Fernsehlandschaft eine Überlebensstrategie für das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem zu finden. Die Politik täte gut daran, bei den öffentlich- rechtlichen Fernsehanstalten in die zweite Reihe zu rücken."