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Pressestimmen von Montag, 11. Oktober 2004

Annamaria Sigrist10. Oktober 2004

Wahlen in Afghanistan / Übernahmepläne der Telekom von T-Online

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Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Montag vor allem mit zwei Themen: Mit den Präsidentschaftswahlen in Afghanistan und mit dem Vorhaben der Telekom ihre Internet-Tochter T-Online wieder dem Mutterkonzern anzugliedern.

Zu den Wahlen in Afghanistan, bei denen es zu Unregelmäßigkeiten gekommen war, schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

"Von vorneherein war klar, dass diese Wahl nicht mehr sein konnte als eine Annäherung an die Demokratie. Nach 25 Jahren Krieg ist der Aufbau ziviler Strukturen ein mühsames und langwieriges Geschäft. Wenn die Wahl mit westlicher Elle gemessen würde, hätte sie angesichts der Instabilität im Land erst gar nicht stattfinden dürfen. Doch nicht nur der US-Präsident George Bush wollte sie zu diesem Zeitpunkt, auch die Afghanen selber brauchten sie als ein Zeichen des Fortschritts - allen Mängeln zum Trotz."

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf findet:

"Die Welle der Gewalt im Vorfeld der Wahlen zeigt, dass Sicherheit das Kernproblem für Afghanistan bleiben wird. Ohne Sicherheit gibt es aber keinen Frieden und ohne Frieden keinen stabilen Aufbau. Afghanistan wird wohl noch auf Jahre hinaus unter dem Schutzschild der Nato leben müssen. Darauf kann sich auch die Bundeswehr einstellen. Doch die Atlantische Allianz muss endlich zu ihren Zusagen stehen. Dauerhafter Erfolg beim 'nation building' wird Afghanistan nur dann beschieden sein, wenn die Nato mehr politischen Willen für eine landesweite Präsenz aufbringt."

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG fügt hinzu:

"Dass es den Taliban nicht gelungen ist, das Votum entscheidend zu stören, darf sich die Internationale Schutztruppe als Erfolg auf ihre Fahnen schreiben. Der in der Heimat nicht unumstrittene Einsatz der deutschen Soldaten erfährt mit der friedlichen Wahl seine Legitimation. Das militärische und finanzielle Engagement Deutschlands trägt Früchte. Der Kanzler, der heute zu einem Kurztrip in Kabul eintrifft, wird es mit Genugtuung registrieren."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt an der Oder analysiert:

"Afghanistan ist ethnisch ein Flickenteppich. Durch den Jahrzehnte währenden Krieg sind die Konflikte zwischen den Volksgruppen noch verschärft worden. Traditionell wurden früher wichtige Entscheidungen in der Großen Stammesversammlung getroffen. Traditionell war auch die Regierung in Kabul schwach. Westliche Demokratiemuster sind deshalb völlig ungeeignet für ein von archaischen Strukturen geprägtes Land. Die Präsidentenwahl wird Afghanistan nicht mehr Stabilität bringen, weil die wirklich wichtigen Probleme weiter ungelöst sind: die machthungrigen Kriegsherren mit ihren Privatarmeen, die sich reorganisierenden Taliban, die zunehmenden Aktivitäten von El Qaida und der ausufernde Drogenanbau."

DIE WELT aus Berlin nimmt zum Vorhaben der Telekom Stellung, ihre Internet-Tochter T-Online wieder vollständig in den Konzern zu integrieren.

"Das Übernahmeangebot der Telekom an die Aktionäre ihrer Internet-Tochter T-Online ist enttäuschend. Zum Börsenkurs wird kaum ein Aufschlag geboten. Treue Kleinaktionäre werden es als Unverschämtheit empfinden, wenn ihnen nun weniger als ein Drittel jenes Betrages geboten wird, den sie einst selbst dem Konzern bezahlten. Dabei ist es strategisch sinnvoll, die Internet-Sparte zurück in die Telefongesellschaft zu holen. Längst bilden Festnetzanschluß und Internet-Dienste eine Produkteinheit. Außerdem wird vom Telekom-Chef erwartet, jede Transaktion so günstig wie möglich zu bewerkstelligen."

Abschließend ergänzen die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN aus Münster:

"Die Entscheidung, die Internet-Tochter wieder in den Unternehmensverbund zu integrieren, ist grundsätzlich sinnvoll. Für die strategische Fehlentscheidung des Ex-Telekom-Chefs Ron Sommer heute den damals ahnungslosen Kleinaktionär die Zeche zahlen zu lassen muss allerdings überdacht werden. Ohne jeden Zweifel ist den meisten Aktionären des größten europäischen Internetanbieters klar, dass ihnen ihr Investment rote Zahlen beschert. Doch gerade jetzt, kurz nachdem T-Online für das erste Halbjahr 2004 erstmals wieder deutliche Umsatz- und Ertragsfortschritte meldete, die Anleger mit Kleingeld abzuspeisen, wird auf wenig Verständnis stoßen."