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Pressestimmen von Montag, 12. Juli 2004

Stephan Stickelmann 11. Juli 2004

Klausurtagung der Bundesregierung / CDU-Chefin Merkel zur Union

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Die politischen Kontrahenten in Deutschland - sie befinden sich an diesem Montag im Visier der Zeitungskommentatoren. Anlass dazu sind die Klausurtagung der Bundesregierung im Schloss Neuhardenberg sowie die kritischen Worte von CDU-Chefin Merkel über den Zustand der Unionsparteien.

Zur Kabinettsklausur heißt es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:

"Den Teamgeist wollte der Kanzler beschwören, die mannschaftliche Geschlossenheit schaffen, wie es im Fußballdeutsch heißt. Aber wird dieses Signal lange nachwirken? Die Aussichten dafür sind nicht gut. Den größten Teil der Reformen werden die Menschen erst 2005 im Alltag spüren, weil dann vier Projekte in Kraft treten sollen: Arbeitsmarktreform, Rentenbesteuerung sowie neue Regeln für Zahnersatz und Pflegeversicherung. All dies verlangt von den Bürgern deutliche Einbußen, echte und vermeintliche Ungerechtigkeiten werden zu Tage treten und die Menschen lauter fragen lassen: Wofür das alles? Der Kanzler sollte darauf eine Antwort finden. Möglichst bald."

Die STUTTGARTER NACHRICHTEN meinen:

"Da hat der Chef der Deutschland AG seine Abteilungsleiter zusammen getrommelt, sie darauf hingewiesen, dass mit der Agenda zwar das Ruder herumgerissen wurde. Jetzt beginne die genauso schwere Konsolidierungsphase. Auch wenn es diesmal keine Bonbons wie eine Steuerentlastung gab, der Wähler sollte die Kanzler-Botschaft nicht unterschätzen. Er hat versprochen: Wenn 2005 die nächste Stufe der Arbeitsmarktreformen kommt, wird es grobe handwerkliche Schnitzer und ewiges Nachbessern nicht geben. Immerhin: Das wäre bei einer Reform von Rot-Grün wirklich mal was Neues."

Weitaus kritischer ist das Urteil der MÄRKISCHEN ALLGEMEINEN aus Potsdam. Das Blatt konstatiert:

"Gerhard Schröder ist das Opfer seiner Vorliebe für inszenierte Politik geworden. Wer einmal vor großer Kulisse ein politisches Überraschungsei aus der Tasche zieht, macht wenig Eindruck, wenn er beim nächsten Gala-Auftritt mit leeren Händen dasteht. So haben die Spitzen von Rot-Grün also zwei Tage intensiv beraten, um herauszufinden, dass sie auf dem richtigen Wege sind und so weitermachen wollen wie bisher. Die peinliche Banalität dieses Vorgangs dürfte kaum zu verbergen sein."

Und in der BERLINER ZEITUNG ist zu lesen:

"Es spricht viel dafür, dass Schröders Sozialreformen die Grenzen des zumutbaren Schmerzes überstiegen haben, und dennoch für die Gesundung des Landes nicht ausreichen. Die Praxisgebühr, die Nullrunde für die Rentner, die Kürzungen für die Arbeitslosen, die Debatte um die Verlängerung der Arbeitszeit: Schröders SPD droht zermahlen zu werden zwischen denen, denen alles zu weit geht und denen, denen nichts weit genug geht. Ohne Wirtschaftsaufschwung, ohne ein kräftiges, anhaltendes, arbeitsplätzeschaffendes Wachstum, ist dieser Kanzler zur Niederlage verdammt."

Soweit die Meinungsbeiträge zum Klausurtreffen der Bundesregierung.

Die CDU-Vorsitzende Merkel hat der Union vorgeworfen, noch nicht über d i e Geschlossenheit und konzeptionelle Klarheit zu verfügen, die mit Blick auf die erhoffte Regierungsübernahme 2006 nötig seien. Dazu bemerkt der MANNHEIMER MORGEN:

"Wer - außer notorischen Partei-Jublern - wollte ernsthaft behaupten, CDU und CSU seien die begeisternde Alternative zur Sozialdemokratie? Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel warnt also zu Recht ihre Gefolgschaft vor Selbstzufriedenheit und -überschätzung. Das Vertrauen der Bürger in die Kompetenz aller Parteien, die wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu lösen, schwindet rapide. Darüber täuscht auch nicht der satte Vorsprung der C-Parteien hinweg. Säßen sie heute an den Schalthebeln der Macht, würden sie die Prügel beziehen."

Und die SAARBRÜCKER ZEITUNG resümiert:

"Derzeit regieren die Christdemokraten über den Bundesrat munter mit und tun so, als ob sie die Ausrichtung der Bundespolitik prägen. Das schadet ihnen zwar nicht bei den Wählern, weil für Einschnitte Rot-Grün (und nicht auch die Konservativen) verantwortlich gemacht wird. Doch eine stärkere inhaltliche Abgrenzung ist spätestens dann geboten, wenn die Bundestagswahl näher rückt. Das Zögern vieler Unionspolitiker hinsichtlich einer programmatischen Festlegung zeugt von einer gewissen Feigheit: Sie drücken sich bislang vor der Aufgabe, den Bürgern zu erklären, dass sie bei einer Regierungsübernahme den Umbau noch viel radikaler vorantreiben möchten."