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Pressestimmen von Montag, 16. Februar 2004

zusammengestellt von Gerhard M Friese.15. Februar 2004

SPD-Parteitag in Nordrhein-Westfalen/ Langzeitarbeitslose als Zivildienstleistende/ Bewegung in der Zypernfrage

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Der gemeinsame Auftritt von Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem designierten Parteichef Franz Müntefering auf dem Landesparteitag der SPD in Nordrhein-Westfalen ist das bestimmende Thema der Kommentare deutscher Tageszeitungen.

Für die in Essen erscheinende NEUE RUHR/NEUE RHEIN-ZEITUNG war dies ein Neuanfang:

"War nach dem angekündigten Verzicht Gerhard Schröders auf den SPD- Vorsitz noch im breiten bundesdeutschen Meinungsstrom vom halbierten Kanzler, von der Kanzlerdämmerung die Rede, so signalisiert der Landesparteitag der Sozialdemokraten vom Wochenende eine andere Stimmung. Zwar ist noch nicht gesichert, ob die Stimmung, die in Bochum spürbar wurde, über die Grenzen der Stadt trägt. Dennoch: Wie der Kanzler und der künftige Parteichef den Delegierten die Arbeit der neuen Doppelspitze vorexerzierten, das hatte was"

Für die KÖLNISCHE RUNDSCHAU ist das noch nicht ausgemacht:

"Das Bild das Harmonie weist einen schwer wiegenden Makel auf: Nur mit der Faust in der Tasche akzeptiert die SPD-Basis die Agenda 2010, dafür kämpfen wollen viele nicht. Spätestens wenn die Gewerkschaften ihre Massenproteste gegen Sozialkürzungen starten, steht der Lackmustest für die Reformfähigkeit der Partei an."

Vor allem Fragen sieht die STUTTGARTER ZEITUNG:

"Wie unverbrüchlich ist die Partnerschaft an der Spitze? Was ist, wenn die Regierungswirklichkeit neue Zumutungen mit sich bringt? Wenn die Partei dann aufbegehrt und fordert, dass der Vorsitzende ihren Willen und ihre Souveränität zur Geltung bringt? Wenn der Zauber allen Anfangs verflogen ist, der Alltag wieder da und Müntefering sich eines Tages im Dilemma seiner doppelten Loyalität sieht: zum Kanzler hier und zur Partei da? Was wird, wenn die anstehenden Wahlen reihenweise verloren gehen sollten? Der Kanzler hat ein wichtiges Problem ausgeräumt, auf Müntefering kommen die Schwierigkeiten erst noch zu."

Die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg warnt die Opposition:

"Die Union verfolgte die SPD-Personalrochade bisher mit Schadenfreude. Doch Vorsicht: 'Müntes' Stil entspricht durchaus dem Befinden vieler Bürger. Das beste Beispiel dafür: Im Prinzip sind laut Umfragen alle für Reformen, aber wenn man in der Praxis zehn Euro zahlen muss, jammert fast jeder. Die breite Mitte in Deutschland bangt um ihren Lebensstandard, sie empfindet das Wort Reform mittlerweile als Bedrohung. Münteferings 'Wat mut, dat mut', könnte nicht nur bei der SPD, sondern bald auch bei den Bürgern besser ankommen als die Reform-Euphorie der Opposition."

Den Vorschlag der Opposition, Langzeitarbeitslose für soziale Arbeiten einzusetzen, kommentiert der SCHWARZWÄLDER BOTE aus Oberndorf:

"Putzen, Waschen und Essenausfahren als Gegenleistung für die Stütze vom Staat? Warum eigentlich nicht? Arbeit schändet nicht, weiß der Volksmund, und der eine oder andere, der schon jahrelang ohne Job ist, könnte vielleicht auf dieser Helfer-Schiene sogar wieder ins Berufsleben eingegliedert werden."

Völlig anderer Meinung ist der MANNHEIMER MORGEN:

"Wer so etwas äußert, hat entweder keine Ahnung von Sozialpolitik und von den Löchern, die ein Wegfall der Zivis reißen wird. Oder er will sich zu Lasten der gesellschaftlich Schwachen populistisch profilieren. Das möchte man keinem unterstellen. Aber man muss es."

Die überraschenden Fortschritte bei den Zyperngespächen haben, so die einhellige Meinung, vor allem mit dem Wunsch der Türkei zu tun, Mitglied der Europäischen Union zu werden. Die SCHWÄBISCHE ZEITUNG aus Leutkirch meint:

"Die Griechen, wollen sie sich nicht selbst ihres Einflusses in der EU berauben und ihre Brüder und Schwestern auf der Ferieninsel in eine schlechte Verhandlungsposition bringen. Und die Türken können sich Wankelmut erst recht nicht leisten. Soll ihr politischer Weg wirklich irgendwann einmal in der EU enden, wird die Zypernfrage zur Nagelprobe. Nur wenn am 1. Mai eine geeinte Insel in die Europäische Gemeinschaft integriert wird, werden die unsäglichen Stimmen, zum
Beispiel in der CSU, verstummen, die behaupten, für die Türkei sei in Europa kein Platz."

Und in der MÄRKISCHEN ODERZEITUNG heisst es:

"Ministerpräsident Erdogan ordnet derzeit alles dem Ziel unter, mit seinem Land selbst in die EU zu kommen. Deshalb entzog Ankara Denktasch den Rückhalt für seine Separierungspolitik. Die sensationelle Entwicklung ist ein Nasenstüber für alle Politiker, die glauben, mit 'unerfüllbaren' Bedingungen für Ankara einen Türkei- Beitritt zur EU verhindern zu können. Nein, hier muss man ehrlicher argumentieren."