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Pressestimmen von Montag, 17. Mai 2004

Ulrike Quast 17. Mai 2004

Maut für PKW / Weniger Förderung für den Osten

https://p.dw.com/p/53VY

Die durch Äußerungen von Verkehrsminister Manfred Stolpe entfachte Diskussion über eine PKW-Maut ist das am häufigsten kommentierte Thema der Tagespresse an diesem Montag. Das zweite große Thema der Kommentatoren ist die Ankündigung von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, die Investitionsförderung für den Osten zu kürzen.

Zunächst zur Maut. Hierzu schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

"Wenn in Deutschland ein Politiker das Wort 'Maut' in die Debatte wirft, löst er zwei sichere Reaktionen aus. Zum einen lächelt jeder geringschätzig über Daimler, Telekom und den Verkehrsminister Stolpe. Zum anderen heult sofort die wohlorganisierte Autolobby auf und bedient sich des Arsenals der Verhinderungsklischees von A bis Z, von Abzocke bis Zumutung. Es ist dabei egal, ob der Verkehrsminister eine generelle Maut für alle fordert - was er nicht getan hat - oder ob er für eine, in Europa durchaus übliche Gebühr bei besonders aufwändigen Verkehrsobjekten eintritt. ... In einer Zeit aber, in der der Staat nicht mehr genug Geld für wirkliche Grundbedürfnisse hat, ist auch dem Automobilisten zuzumuten, sich über eine Gebühr direkt an den Kosten eines neuen Tunnels zu beteiligen."

Der WESTFÄLISCHE ANZEIGER meint:

"Die Aufregung über Stolpes Gedankenspiele ist von berechtigtem Misstrauen genährt. Technik und Anlagen der Lkw-Maut sind mühelos auf Pkw übertragbar. Bleibt die Kassenlage in Berlin verzweifelt wie derzeit, wächst die Versuchung zum Griff in die Portemonnaies der Autofahrer ins Unermessliche. Wo dann ein Gutteil der Einnahmen verfrühstückt würde, ahnen wir im Nirwana des Haushalts, nicht aber für den Straßenverkehr."

Der GENERAL ANZEIGER aus Bonn ist der Ansicht, dass Stolpe sich an ein Tabu wagt und zwar ganz bewusst:

"Die Kassen sind leer, die Aussicht auf baldige Besserung eher trübe und Stolpe braucht Geld, um das Straßen- und Schienennetz in Europas Transitland Nummer eins zu erhalten und auszubauen. Wenn Stolpe deshalb ankündigt, zum Bau neuer Brücken, Tunnel oder Autobahnteilstrecken den 40 Millionen Autofahren in Deutschland in die Tasche greifen zu wollen, darf man eines nicht vergessen: Hier spricht vor allem der Ressortminister. Sein Vorstoß hat Testcharakter. Mal gucken, wer protestiert."

Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN sind der Auffassung:

"Da soll Verkehrslenkung per Inkasso betrieben werden. Das ist ja wohl die teuerste Möglichkeit, das Problem voller Straßen in Griff zu bekommen, denn dafür müsste ein eigenes Zähl- und Zahlsystem entwickelt werden. Wer das Trauerspiel um die Einführung von Toll Collect noch in Erinnerung hat, muss das in Zweifel ziehen."


Themenwechsel. Die Ankündigung Clements, die Ostförderung zu kürzen, wird - wie nicht anders zu erwarten- , je nach Erscheinungsort der Zeitung ganz unterschiedlich bewertet.

In der Tageszeitung DIE WELT heißt es:

"Eine Kürzung der Investitionsförderung in den ostdeutschen Ländern, werde schnurstracks in die Katastrophe führen, sagen die dortigen Länderchefs voraus. Abbruch Ost statt Aufbau Ost. Das ist maßlos übertrieben. Zum einen ist ohnehin umstritten, ob die Förder-Millionen tatsächlich immer an der richtigen Stelle investiert wurden. Zum anderen geht es hier nur um 700 Millionen Euro. Der Osten darf beim Subventionsabbau nicht außen vor bleiben. Auch das gehört zu einem Solidarpakt."

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Düsseldorf kommentiert:

"Erst vor gut einem Monat haben wir eine umfassende Debatte über den gescheiterten Aufbau Ost geführt, der bisher kaum mehr als eine Auszehrung West bewirkt hat. Doch kaum will der Bund an die Milliardentransfers heran, schreien die Ministerpräsidenten der neuen Länder nach einem 'Weiter so'."

Gemäß dem Tenor der Presse aus dem Osten lesen wir in der OSTTHÜRINGER ZEITUNG:

"Die SPD will in Ostdeutschland offensichtlich keine Wahlen mehr gewinnen. Anders ist es kaum zu erklären, dass vier Wochen vor den Landtagswahlen in Thüringen Bundeswirtschaftsminister Clement bekannt werden lässt, dass sich die neuen Länder auf drastische Kürzungen der Fördergelder für Investitionen einstellen müssen. ... Das ist eine peinliche Botschaft an potenzielle Investoren und an die Menschen im Osten sowieso, die sich gern als zweitklassig fühlen und nun erst Recht sagen werden: Rot-Grün kann es nicht."

Soweit die Pressestimmen.