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Pressestimmen von Montag, 18. Juli 2005

Walter Lausch17. Juli 2005

PDS wird zur Linkspartei / Rechtschreibreform ohne Bayern und NRW

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Die Umbenennung der PDS in 'Die Linkspartei' und der Beschluss von Bayern und Nordrhein-Westfalen, die Rechtschreibreform nicht zum 1. August in Kraft zu setzen, das sind die beiden Themen dieses Blickes in die Montagsausgaben der deutschen Tageszeitungen. Zum Etikettenwechsel der PDS schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

"Vor einem Jahr begannen Artikel über die Linkspartei gerne mit dem Satz: «Es geht wieder ein Gespenst um.» Das Gespenst hat sich materialisiert, es wächst ziemlich schnell, hat zwei Köpfe und sucht seinen Auftritt im nächsten Bundestag. Erstaunlich ist, wie viel es schon auf dem Weg dahin bewegt: Die Wahlprogramme der SPD und der Grünen sähen ohne die neue Partei anders aus. Die Hoffnung der SPD, schnelle Neuwahlen könnten die Organisation der ganz Linken verhindern, sind nicht eingetreten. Weil die Linkspartei offenbar die Kraft hat, sowohl Nichtwähler zu aktivieren als auch Gastwähler abzuziehen, die vorübergehend ihr Glück bei der CDU/CSU versucht hatten, wird jetzt auch die Union nervös"

Auch die NEUE WESTFÄLISCHE aus Bielefeld greift das Bild vom Gespenst auf:

"Ein Gespenst geht um in Deutschland - das Gespenst der neuen Linkspartei. Allen Mächten des alten politischen Systems wird dabei in der Woche der Entscheidung Angst und Bange. An direkten Stimmen wildern die Neuen vornehmlich bei der SPD, die sich deshalb Sorgen macht. Aber auch das bürgerliche Lager mit CDU/CSU und FDP kann diese Entwicklung nicht entspannt genießen. Denn sollte die Linkspartei mit zweistelligem Ergebnis ins Parlament einziehen, wird es für Schwarz-Gelb eng. Dann läuft vieles auf eine große Koalition zu."

Die Düsseldorfer WESTDEUTSCHE ZEITUNG hält auch andere Koalitionen für möglich:

"Besonders fatal wird es, wenn wegen «PDS&Co» weder die erwartete neue schwarz-gelbe noch die rot-grüne Verbindung eine absolute Mehrheit erreicht. Die Versprechungen von SPD und Grünen, im Bund nicht mit der Linkspartei zu koalieren, wären dann wohl rasch vergessen. Statt des bislang erwarteten liberal-konservativen Schwenks in der deutschen Politik könnten wir plötzlich die linkeste Regierung aller Zeiten erleben. Zur Not bliebe ansonsten als unge- liebte Alternative nur die große Koalition."

Für die NEUE RUHR/NEUE RHEINZEITUNG aus Essen stellt die neue Partei keine Gefahr für die etablierten Parteien dar:

"Die neue «Linkspartei» ist ein verspätetes Ergebnis der deutschen Einheit. Doch da wächst nicht zusammen, was zusammen gehört. Eher Gegenläufiges sammelt sich in einem glanzlosen Bündnis. Sie ist ein buntes Häufchen von Gestrigen und Vorgestrigen. Von Leuten, die die alte Bundesrepublik und die alte DDR nicht missen möchten. Von Enttäuschten und Besitzstandswahrern, die die veränderte Wirklichkeit ausblenden."


Zur unendlichen Geschichte 'Rechtschreibreform'. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt zur neuesten Entwicklung:

"Der Beschluss der beiden größten deutschen Länder, Bayerns und Nordrhein-Westfalens, die Rechtschreibreform nicht zum 1. August in Kraft zu setzen, kann nur als Akt der Vernunft gewürdigt werden. Wenigstens zwei Ministerpräsidenten haben erkannt, dass sie ihre Schüler nicht in eine vorläufige Lösung treiben dürfen. Denn schon jetzt lässt sich absehen, dass die Schüler die soeben gelernten Regeln vergessen und neue lernen müssen. Das stiftet Verwirrung."

Der MÜNCHNER MERKUR fordert die Rückkehr zur alten Rechtschreibung:

"Dass sich nun ausgerechnet die Kultusministerkonferenz, also das Gremium der sprachpolitischen Triebtäter, über Bayerns Ausscheren entrüstet, ist dreist. Im siebten Jahr ihrer «Reform»-Anstrengungen steht fest: Der deutsche Sprachraum ist zerbrochen. Zwischen Wien, Zürich und Berlin herrscht Anarchie. Zeitungen schreiben anders als Schüler, Schüler anders als Schriftsteller, Deutsche anders als Österreicher, alle gemeinsam anders als der Duden. Was tut es da noch zur Sache, wenn die Bayern anders schreiben als die Berliner? Wegkehren lässt sich dieser Scherbenhafen nicht durch halbherziges Verzögern dieser oder jener Reformschritte. Sondern nur durch die Rückkehr zur bewährten Rechtschreibung."