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Pressestimmen von Montag, 18. März 2002

17. März 2002

Parteitage von Grünen und PDS/ EU-Gipfel in Barcelona

https://p.dw.com/p/20Lz

Zentrales Thema in den Kommentaren der deutschen Tagespresse sind die Parteitage der Grünen und der PDS. Außerdem findet das Gipfeltreffen der Europäischen Union in Barcelona Beachtung. Zunächst zu den Grünen, die sich am Wochenende nach 22 Jahren ein neues Grundsatzprogramm gegeben hatten. Die als links geltende

FRANKFURTER RUNDSCHAU äußert sich skeptisch über die Erfolgsaussichten der neuen Leitlinien:

"Was die Grünen als Vision fürs Jahr 2002 präsentierten, ist vorallem ihr eigenes Spiegelbild anno 2002: die ungeschminkte Selbstreflexion eines auf Realmaß gestutzten Koalitionspartners. In bräsig-bravem Politikduktus spiegeln sich da die porentief verinnerlichten Regierungszwänge einer Partei...Eine reichlich dünne Folie für eine Partei, die ab Herbst womöglich kein Regierungsprogramm braucht, sondern ein Zukunftsprogramm für eine kämpferische Opposition."

Auch die STUTTGARTER NACHRICHTEN sehen die Zukunft der Grünen nicht gerade rosig:

"Das Angebot der Grünen schwankt zwischen Anpassungszwang an die Tagespolitik und Rückbesinnung auf die ökologischen Wurzeln - ein Balanceakt, der angestammte Anhänger irritiert und neue Laufkundschaft nicht unbedingt anzieht. Der Wahltag wird für die Grünen zur Zitterpartie, zumal sie ihr Heil als Regierungspartei
frühzeitig untrennbar mit dem Erfolg oder Misserfolg der rot-grünen Koalition verknüpft haben. "

Das HAMBURGER ABENDBLATT spricht von einer echten Cäsur in der Geschichte der Grünen:

"Die Grünen, so wie wir sie in den vergangenen 20 Jahren kannten, gibt es nicht mehr. Denn die Verabschiedung des neuen Grundsatzprogamms auf dem Berliner Parteitag hat einen langwierigen Prozess endgültig und unumkehrbar zum Abschluss gebracht: Die Grünen haben aufgehört, eine pazifistische Partei zu sein."

Und nun zur PDS, die auf einem Parteitag in Rostock als erste der im Bundestag vertretenen Parteien ein Wahlprogramm beschlossen hatte. Dazu schreibt die SÄCHSISCHE ZEITUNG aus Dresden:

"Die PDS hat sich entschieden für einen knallharten Sowohl-als-auch-Kurs. Sie will zwar die deutsche Welt ändern wie
sonst keine andere Partei. Wie sie das zu erreichen gedenkt, ist, vorsichtig formuliert, noch etwas unscharf. Nur eines ist ganz sicher, sagt die Partei: Mitregieren im Bund wollen wir auf gar keinen Fall. Wichtigster Grund dafür: die Außen- und
Sicherheitspolitik. Der eigentliche Grund für den Zick-Zack-Kurs liegt allerdings in den PDS-Wahlerfolgen. Dort, wo sie mitregiert, ist sie mit einer Wirklichkeit konfrontiert, die ihre gut klingenden Programme korrigiert."

Auch die BERLINER ZEITUNG sieht die PDS im Spannungsfeld von Ideal und Wirklichkeit:

"Keine andere Partei schafft es, Regierungspartei zu sein und zugleich ihren Anhängern das Gefühl zu geben, sie seien
Oppositionelle. Die Frage, wogegen die PDS im Jahr 2002 eigentlich opponiert, ist allerdings schwer zu beantworten. Gegen die Marktwirtschaft? Seit Gregor Gysi ein guter Wirtschaftssenator sein will und merkt, dass Subventionen sinnvoll sein können, erlahmt die Ablehnung. Und die Opposition zum kapitalistischen System? Wollte man
der treu bleiben, dürfte sich die PDS an keiner Regierung beteiligen."

Abschließend noch der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn. Der Kommentator befasst sich mit dem EU-Gipfel von Barcelona und dem Auftreten von Kanzler Gerhard Schröder dort. Im Kommentar heißt es:

"Der Gipfel in der katalonischen Hauptstadt markiert eine
Wegmarkierung - wenn auch eine ganz andere als ursprünglich vorgesehen. Verantwortlich dafür ist die Bundesregierung. Genauer, der Bundeskanzler persönlich. In einer Deutlichkeit wie nie zuvor hat Gerhard Schröder den Partnern das Ende der bisherigen deutschen Europapolitik verkündet. Gewiss, nicht die Abkehr von Europa. Aber
doch eine strategische Wende, deren Konsequenzen sich noch nicht absehen lassen. Das erschöpft sich keineswegs in der Bemerkung, dass der Zahlmeister Europas die Grenzen seiner Belastbarkeit erreicht habe. Es ist vielmehr die grundsätzliche Richtung, die von Schröder vorgezeichnet wurde und die man in Berlin als Ausdruck des neuen
deutschen Selbstbewusstseins beschreibt."