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Pressestimmen von Montag, 2. August 2004

zusammengestellt von Annamaria Sigrist 1. August 2004

Schröders Besuch in Polen / Rahmenabkommen bei WTO-Konferenz

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Die Kommentare in den deutschen Zeitungen befassen sich hauptsächlich mit zwei Themen: Mit dem Besuch von Bundeskanzler Gerhard Schröder in Polen zum Jahrestag des Warschauer Aufstandes und mit dem Rahmenabkommen bei der Welthandelsorganisation, WTO.

Bundeskanzler Schröder hat bei seinem Besuch in Warschau die Entschädigungsforderungen deutscher Vertriebener gegenüber Polen strikt abgelehnt. Dazu schreibt DIE WELT aus Berlin:

"Der Bundeskanzler fand die passenden Worte von Scham und Schuld, an denen es nichts zu rütteln gibt. Klipp und klar wies er jegliche Restitutionsansprüche zurück. Allerdings fehlten der Rede Wärme und Herzblut. Anders als Brandt, an den Schröder erinnerte, anders aber auch als Schmidt und Kohl mangelt es dem Kanzler an einem Gefühl für die Vergangenheit und am Sinn für eindringlich vorgetragene Worte, die nicht nur die Köpfe, sondern auch die Herzen der Menschen erreichen."


Die OSTTHÜRINGISCHE ZEITUNG aus Gera meint:

"Gerhard Schröder nannte beim Namen, wer den Krieg angefangen hat und wer seine Opfer waren. Restitutions-Ansprüchen aus Deutschland, die die Geschichte auf den Kopf stellen, erteilte der Bundeskanzler eine klare Absage. Das wird hier zu Lande einige nicht erfreuen. Noch immer gibt es welche, die das durch Deutsche verursachte unsägliche Kriegsleid aufrechnen wollen mit der Not der Vertreibung. Natürlich war auch die seinerzeit Unrecht. 60 Jahre später ist es nun aber doch längst an der Zeit, Verbitterung durch Vernunft zu ersetzen."

Die EßLINGER ZEITUNG fügt hinzu:

"60 Jahre nach dem Warschauer Aufstand hat Schröder, der die Entschädigung der Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg durchsetzte, den Polen guten Gewissens versichern können, dass der Bund der Vertriebenen eine Minderheiten-Meinung vertritt und dass niemand die Geschichte umschreiben will."


Der MANNHEIMER MORGEN geht auf die deutsch-polnischen Beziehungen ein:

"Die unheilvolle Geschichte lastet noch immer schwer auf beiden Völkern. Die Polen können und wollen die Vergangenheit nicht vergessen, die sie nicht nur einmal zu Opfern deutscher Großmannssucht gemacht hat. Unter der Oberfläche dominieren, hier wie da, Vorurteile und Misstrauen, Angst und Ablehnung. Doch Deutschland und Polen sind auf dem Weg, aus den Schatten der Vergangenheit herauszutreten. Dass Gerhard Schröder als erster Bundeskanzler am Schicksalstag der Polen eine Rede in Warschau halten durfte, ist ein Signal, wie ernst es beiden Seiten mit der Aussöhnung ist, allen Störungen zum Trotz. Die deutsch-polnische Zusammenarbeit -- sie hat gerade erst begonnen."


Zum nächsten Thema: Die Welthandelsorganisation, WTO, hat neue Weichen für eine Liberalisierung der Weltwirtschaft gestellt.

Die FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND aus Hamburg kommentiert:

"In einem Verhandlungsmarathon haben sich die Unterhändler aus 147 Industrie- und Entwicklungsländern in Genf nun auf ein Rahmenabkommen zur Liberalisierung des Welthandels geeinigt. Noch wichtiger als die konkreten Errungenschaften beim Abbau von Subventionen und Zöllen - die so konkret zumeist noch gar nicht sind - ist das Signal: Die Welt ist sich einig, dass freier Handel letztlich allen nutzt. Länder wie Indien und Brasilien wollen als große Schwellenländer in Handelsfragen mitbestimmen. Zudem drohte ohne Erfolg nicht nur ein Stillstand bei der Liberalisierung des Welthandels, sondern ein Rückschritt."

Abschließend analysiert das HANDELSBLATT aus Düsseldorf:

"Freihandel ist gut. Und Freihandel ist simpel. Die Regierungen müssen nur den Zugang zu ihren Märkten öffnen. Und sie müssen Subventionen streichen. Die Verbraucher erhalten dann für ihr Geld mehr Auto oder mehr Anzug. Die Welthandelsorganisation, WTO, wirbt für dieses gute und simple Rezept. Nur: Viele Politiker und Bürokraten können oder wollen dies einfach nicht begreifen. Jetzt hat sich die EU zu einem liberaleren Handel mit dem Rest der Welt durchgerungen. Zumindest haben die Europäer das in Genf versprochen. Damit kommt die Welthandelsrunde der WTO wieder in Schwung. Ein Gewinner könnte die exportorientierte deutsche Wirtschaft sein. Langfristig dürfte sogar auch der deutsche Steuerzahler davon profitieren."