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Pressestimmen von Montag, 2. Juli 2007

Reinhard Kleber2. Juli 2007

Terrorfahndung in Großbritannien / Warnstreiks bei der Bahn

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Zwei Themen beherrschen die Kommentarspalten der deutschen Tagespresse an diesem Montag: Der Terroralarm in Großbritannien und die Warnstreiks im deutschen Zugverkehr. Zuerst ins Ausland: Nach den vereitelten Autobomben-Anschlägen in London und der Jeep-Attacke auf den Flughafen Glasgow läuft die Fahndung auf Hochtouren. Erste Verdächtige wurden schon gefasst, doch die britische Regierung warnt vor einer langfristigen Gefährdung. Sorgen machen sich auch viele Leitartikler der deutschen Zeitungen.

Die FRANKURTER RUNDSCHAU schreibt:

„In Großbritannien haben die Menschen Glück gehabt. (…)Die Attentate sind misslungen, einen Zweck haben sie dennoch erfüllt: Die Verunsicherung wächst in Europa. ... Es kann ... als sicher gelten, dass alsbald Rufe nach weiteren Ausforschungsmöglichkeiten für die Polizei laut werden. Ebenso sicher aber ist, dass es klüger ist, die vorhandenen Gesetze zu nutzen, als stets über neue zu schwadronieren. Denn zu der Angst vor dem Terror schüren solche Debatten noch die Sorge, der Staat könne die Bürger nicht schützen. Das ist falsch. Er kann es. Nur niemals vollständig.“

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG ist zu lesen:

„Eigentlich hatte Brown sich sein erstes Wochenende als Premierminister anders vorgestellt. In seinen ersten Reaktionen wirkte Brown denn auch wie im Schock. Noch hölzerner als sonst und mit merkwürdig müdem Tonfall pries er den Heldenmut der Polizei und der anderen Dienste und spulte Platituden über die Gefahr des internationalen Terrors ab. War Blair instinktiv im Stande, nach dramatischen Ereignissen die Stimmung der Menschen im Land zu erfassen, wirkte Brown eher wie ein US-Marshal, der die Bevölkerung als Hilfs-Sheriffs in den Dienst presst.“

Ganz anders die KIELER NACHRICHTEN:

„Einmal mehr zeigen uns die Briten, wie eine Demokratie auf die Herausforderung des Terrorismus reagieren sollte: mit einer Mischung aus Wachsamkeit und Gelassenheit. Der in dieser Hinsicht vorbildliche neue Premierminister Brown sagte dazu etwas sehr Kluges: Der Kampf gegen den Terrorismus dürfe nicht nur von Soldaten und Polizei geführt werden; es sei auch ein Kampf um Köpfe und Herzen. Darum geht es im Kern: Die Menschen müssen davon überzeugt werden, dass der Westen den Kampf gegen den Terrorismus gewinnen wird (…).“

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE gibt zu bedenken:

„Es wäre ein gefährlicher Irrtum, die Attentatsversuche vom Wochenende als eine ausschließlich britische Angelegenheit zu deuten - wegen der Beteiligung am Irak-Krieg und gewissermaßen als ersten ‚Test’ für den neuen Premierminister. Ein solcher Irrtum verstärkte die politische Neigung, die Gefährlichkeit dieser Terroristen zu relativieren und vor allem die eigene mögliche Betroffenheit als eher gering einzuschätzen. Auch die deutschen Sicherheitsbehörden haben sich kürzlich mit Warnungen an die Öffentlichkeit gewandt; manche hielten ihnen deswegen Alarmismus und Panikmache vor. Dieser Vorwurf ist unberechtigt und töricht.“

Und nun zu unserem zweiten Thema, den Warnstreiks bei der Bahn. Deren Kunden müssen an diesem Montag mit vielen Zugverspätungen und Ausfällen rechnen. Die Gewerkschaften Transnet und GDBA kündigten nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen Warnstreiks mit Schwerpunkten im Südwesten und den neuen Ländern an. An diesem Thema kommen auch die Kommentatoren der Tageszeitungen nicht vorbei.

Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Potsdam merkt an:

„Dass die Bahn ihre Beschäftigten nach dem besten Jahr ihrer Konzerngeschichte nicht mit Peanuts abspeisen kann, ist klar. Ebenso klar ist aber auch, dass sie nicht höhere Abschlüsse tätigen kann als die boomende Metall- oder Chemieindustrie. Deshalb wird man sich vermutlich - nach etwas Säbelrasseln - irgendwo in der Mitte einigen. Damit ist für die Bahn das Problem freilich noch nicht gelöst. Denn die Lokomotivführergewerkschaft GDL kocht in diesem Jahr ihr eigenes Tarif-Süppchen. Sie will für ihre Mitglieder bis zu 31 Prozent mehr durchsetzen (…).“

Auch der SCHWARZWÄLDER BOTE nimmt die Lokführer ins Visier:

„Sie sind eine relativ kleine selbstbewusste Elitegruppe bei der Deutschen Bahn. Sie haben Nachwuchsprobleme und können deshalb auch hoch pokern: die Lokführer. Seit heute streiken sie, Ihre Forderung: sieben Prozent mehr Lohn -- so viel, wie in den vergangenen Jahren keine Branche durchsetzen konnte. Das Pfund, mit dem sie wuchern: Sie haben täglich Millionen Kunden, die sicher und fristgerecht ans Ziel kommen wollen. Doch was nutzt aller Druck, wenn Fernreisende aus Verärgerung auf Billigflieger ausweichen? Dann kann der Streikerfolg schnell zum Pyrrhussieg werden.“

In der ALLGEMEINEN ZEITUNG aus Mainz ist zu lesen:

„Die GDL fordert einen eigenen Tarifvertrag und bis zu 31 Prozent Gehaltserhöhung. Größenwahn ist da noch eine schmeichelhafte Wertung. Dass die Bahn ihr fahrendes Personal, zu dem etwa auch die Zugbegleiter gehören, stiefmütterlich behandelt, ist keine Frage, aber die wahnwitzige GDL-Forderung führt da sicher nicht zum Umdenken. Schlussendlich müssen sich alle Beteiligten über eines im Klaren sein: Der Kunde, dessen Fahrt in den Urlaub jetzt im Chaos endet, der jetzt noch kurzfristig auf Flugzeug und vor allem Auto umsteigen muss, wird das der Bahn nicht vergessen. Der ist als Fahrgast verloren.“

Die TAGESZEITUNG aus Berlin verweist auf Erfahrungen in anderen Branchen:

„Ähnliche Verhältnisse gab es zuletzt in der Luftfahrtbranche. Er ist kämpfte Cockpit für die Piloten, später UFO für Flugbegleiter um wesentliche bessere Gehälter, als dies die Gewerkschaft Verdi vertrat. Die Logik war dort dieselbe wie heute bei der Bahn: So wie Piloten und Kabinenpersonal angesichts des Luftfahrtbooms händeringend gesucht sind, so besteht bei der Bahn derzeit ein eklatanter Mangel an Lokomotivführern. Ihre Vertreter haben verstanden, dass der Kapitalismus nicht nur Gutes für die Kapitalisten bedeuten kann.“