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Pressestimmen von Montag, 24. März 2003

Bernhard Schatz24. März 2003

Irak-Offensive

https://p.dw.com/p/3QSA

Der Einmarsch der von den USA geführten Verbündeten in den Irak -und nicht zuletzt die Berichterstattung durch die Medien- ist am Montag zentrales Kommentar-Thema der deutschen Tageszeitungen.

Dazu DIE WELT aus Berlin:

'Parallel zum Krieg an den Fronten im Irak und zur weltweiten Propagandaschlacht der Informationsstäbe wird in diesen Tagen eine dritte Front erkennbar, eine Heimatfront. Sie verläuft quer über unsere Frühstückstische, und geschossen wird mit Schlagzeilen. Es ist ein Kampf um unsere Gefühle, der da tobt, ein Kampf um die moralische Deutungshoheit dessen, was sich derzeit im Land zwischen Euphrat und Tigris abspielt. 'Bagdad brennt', 'Bombenterror für die Freiheit', 'Bushs Spiel mit dem Feuer': so lauten Schlagzeilen dieser Tage, die - bevor auch nur im Entferntesten verlässlich absehbar ist, was im Irak tatsächlich passiert - den geplanten Zivilisationsbruch ausrufen. Die Kombattanten dieser Deutungsschlacht tragen keine Uniformen und sitzen fernab vom Geschehen. Und wenn sie überhaupt unter einem Kommando stehen, dann unter dem ihrer politischen Darstellungsabsicht.'

Der Kölner EXPRESS meint:

'Kriegsbilder ohne Ende. Wir werden überschüttet mit einer Flut von Informationen von der Front. Täglich sehen wir die Bilder des brennenden Bagdad, die Panzerkolonnen auf dem Vormarsch oder den Tyrannen Saddam, von dem niemand weiß, ob er überhaupt der Echte ist, ob er verletzt oder gar schon tot ist. Klarheit gibt es nicht in diesem Wüstenkrieg weder von den Militärs noch von der Armada der zahllosen Experten, die fernab vom Kriegsgetöse im Nebel stochern. Gesichert ist nur eines: Täglich fallen Menschen dem mörderischen Duell zwischen Bush und Saddam zum Opfer Kämpfer wie unschuldige Zivilisten. Sie vor allem zahlen einen hohen Preis für ein fragwürdiges Abenteuer mit ungewissem Ausgang.'

Die Koblenzer RHEIN-ZEITUNG moniert:

'Als in New York an diesem Wochenende mehr als 200.000 Menschen gegen den Irak-Krieg demonstrierten, warteten die Zuschauer der amerikanischen Nachrichtenkanäle vergeblich auf ausführliche Berichterstattung. Stattdessen wird das Publikum stundenlang mit Details von der Front überschüttet. Ausrangierte Generäle vollführen im Studio Sandkastenspiele und potenzielle Kriegerwitwen avancieren zu moralischen Autoritäten. Mit objektiver Berichterstattung hat all das wenig zu tun. Die US-Medien reduzieren den Krieg auf familiengerechtes Wohnzimmerformat.'

Die in Berlin erscheinende B.Z. kommentiert:

'Jetzt zeigt sich die ganze grausame Fratze eines Krieges. Niemand ging davon aus, dass die militärische Entwaffnung des Diktators von Bagdad ein Spaziergang werden würde. Doch zu wissen, dass dem so ist, ist immer noch etwas anderes, als die nackte und brutale Realität. Saddam Hussein macht all das, wofür er bekannt ist: Frauen und Kinder als «Schutzschilde» vor der kämpfenden Truppe, das stolze Vorzeigen getöteter Amerikaner mit entwürdigenden Bildern im Fernsehen, das Vorführen von US-Gefangenen, die brav das sagen, was ihnen eingeprügelt wurde. Der Diktator kann sich alles leisten. Mit Protesten auf den Straßen - auch in Berlin - hat er nicht zu rechnen.'

Die Münchener ABENDZEITUNG befasst sich mit den jüngsten Misserfolgen der Alliierten im Irak und schreibt:

'Es sind immer wieder die Militärs, die warnen. Es sei kein Spaziergang, es könne länger dauern, es sei gefährlich. Aber es sind die Politiker, und vor allem die amerikanischen, die den Eindruck vermitteln, Krieg sei nur ein Job, der zu tun ist. Vielleicht lassen sich Rumsfeld und Co. wirklich blenden vom Glanz ihrer Waffen, die Realität belehrt eines besseren. Es geht viel schief. Der Abschuss des britischen Jets, die vermissten US-Piloten, der durchgedrehte Elitesoldat, der unerwartete Widerstand der Iraker. All diese Vorkommnisse widerlegen die unterschwellig genährte Hoffnung, hier treffe eine wohlgeölte Maschinerie auf einen demotivierten Chaotenhaufen.'

Die Bundesregierung hatte mit dem Abzug ihrer Soldaten aus den AWACS-Aufklärern der NATO für den Fall gedroht, dass sich die Türkei aktiv in den Irak-Konflikt einmischen sollte.

Dazu die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG:

'(...)... die vollmundigen Versicherungen des Bundeskanzlers, Deutschland werde sich an diesem Krieg nicht beteiligen, (werden) immer fadenscheiniger. (...) Ins Absurde gesteigert wurde diese Selbsttäuschung am Wochenende. Alarmiert von der Meldung, dass tausend türkische Soldaten in den Irak eingerückt seien, trat der Bundessicherheitsrat zusammen. Doch die Entwarnung, mit der man sich und die Öffentlichkeit anschließend beruhigte, klang wie eine Meldung von Radio Eriwan: Von einrückenden türkischen Soldaten könne keine Rede sein; sie seien vielmehr schon längst da. Deshalb sei die Türkei nach wie vor keine Krieg führende Nation und könne von deutschen Soldaten weiter routinemäßig geschützt werden. Eriwan hat ausgedient. Obskure Meldungen kommen jetzt direkt aus Berlin.'

Das war die Presseschau.