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Pressestimmen von Montag, 25. Juli 2005

Hans Ziegler 24. Juli 2005

Attentatsserie in Scharm el Scheich // Tour de France

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Zentrales Thema in den Kommentaren der deutschen Tagespresse an diesem Montag ist die Anschlagsserie im ägyptischen Scharm el Scheich, wo in der Nacht zum Samstag mindestens 88 Menschen getötet wurden. Beachtung findet außerdem der Abschluß der Tour de France.

Zunächst zu den Attentaten in Ägypten. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU sieht Ort und Zeitpunkt der Terrorakte gezielt gewählt:

'Weder der gewählte Ort noch der Zeitpunkt entbehrte der Symbolik. Scharm el Scheich, die Oase des Friedens. Scharm el-Scheich, bekannt in aller Welt als Austragungsort internationaler Konferenzen und Begegnungen. Scharm el-Scheich schließlich, ausgewählt als Ziel am Vorabend des ägyptischen Nationalfeiertags. In Israel wachsen nun nach den Schreckensmeldungen aus Scharm el-Scheich die Zweifel, ob man sich nach dem bevorstehenden Gaza-Abzug darauf verlassen soll, dass die ägyptische Grenzpolizei gemeinsam mit den Palästinensern den Waffenschmuggel aus dem Sinai unterbinden wird.'

Auch die STUTTGARTER ZEITUNG hält zumindest den Zeitpunkt des Anschlags für bewußt gewählt:

'Es ist sicher kein Zufall, dass der Anschlag in Scharm al-Scheich zu einem Zeitpunkt stattfand, da die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice im Nahen Osten versuchte, einen Beitrag zum Frieden zu leisten. Das Ziel war, die Ohnmacht der Supermacht, der es weder gelingt, im Irak Frieden zu schaffen noch ihre Freunde Ägypten und die Türkei zu schützen, noch einmal unter Beweis zu stellen.'

Die NEUE RUHR/NEUE RHEIN-ZEITUNG aus Essen sieht in den Anschlägen ein Warnsignal auch für Deutschland:

'Zu glauben, Deutschland sei kein Ziel des Dschihad-Terrors, weil keine deutschen Soldaten im Irak kämpfen, wäre ein gefährlicher Trugschluss. Der Terror richtet sich gegen die westliche Lebensweise. Er bevorzugt als Schauplätze seiner grausamen Anschläge deren Sehnsuchtswelten an Sonnenstränden oder an Orten alltäglicher Mobilität wie U-Bahn-Netzen. Beide Ziele stehen für eine globale, grenzenlose Welt und deren verhasste Modernität.'

In eine ähnliche Kerbe schlägt die WESTDEUTSCHE ZEITUNG. Im Kommentar heißt es fast resignativ:

'Wahrscheinlich müssen wir uns daran gewöhnen, dass uns täglich der Terror begegnen kann. Irgendwo, irgendwann, mit vielen kleineren Taten. Das zermürbt und könnte unser Leben mehr verändern, als die immer noch schwer fassbare aber bislang einmalige Katastrophe vom 11. September in New York.'

Das HANDELSBLATT warnt trotz der Schwere der Anschläge vor übertriebenen Reaktionen. Der Kommentator meint:

'Jeder Anschlag treibt die Diskussion um neue Sicherheitsgesetze auf einen weiteren Höhepunkt. Aber so wehrhaft die Demokratien in Europa und den USA auch sein müssen - nichts wäre schlimmer als bei der Antwort auf die Terrorgefahr überzureagieren. Wie tragisch dies sein kann, beweist der Tod eines Brasilianers, der von Polizisten in London getötet wurde.'

Abschließend noch zur Tour de France und dem siebten Sieg in Folge des US-Amerikaners Lance Armstrong. Die HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE aus Kassel schreibt:

'Das darf man wohl das Ende einer Ära nennen: Lance Armstrong erreicht Paris zum siebten Mal in Folge als Sieger und beendet seine Karriere ungeschlagen. Chapeau, sagen die Franzosen und zollen dem Tourminator höchsten Respekt. Er gilt einem Athleten, dessen Kämpferherz unbezähmbar ist. Das mindert die Leistung des Deutschen Jan Ullrich keinesfalls. Aber Ullrich ist eben einer, der zwar unter dem Dach seines Hauses eine Druckkammer zum Training besitzt - im Keller aber auch um das Weindepot weiß. Vielleicht mögen wir ihn deswegen so sehr. Denn sind wir nicht alle ein wenig wie Jan Ullrich?'

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG nimmt das Phänomen Tour selbst in den Blick und kommentiert:

' Niemals wohl wird es gelingen, den Reiz auf das Publikum an der Strecke und vor den Bildschirmen genau zu ergründen. Es muss diese Mischung aus Schweiß, Blut, Mut, Verzweiflung, Übertreibung und Unvernunft sein, auf Etappen mit zum Teil furchteinflössenden Steigungen und Schussfahrten. Allein die Suche nach einem Nachfolger für den Star aus Amerika wird dafür sorgen, dass der Tour de France die Energie so schnell nicht ausgeht.'