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Pressestimmen von Montag, 27. Juni 2005

Christian Walz26. Juni 2005

Präsidentschaftswahl im Iran / Tod deutscher Soldaten in Afghanistan

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Im Mittelpunkt der Kommentare deutscher Zeitungen steht an diesem Montag der für viele überraschende Ausgang der Präsidentenwahl im Iran.

Der Bonner GENERAL-ANZEIGER betrachtet den Wahlsieg des erzkonservativen Teheraner Bürgermeisters Ahmadinedschad mit Sorge:

"Der Sieg ist vollkommen. Das Ziel der orthodoxen Mullahs, nach acht Jahren liberaler Experimente die Einheit der geistlichen und staatlichen Macht im Iran wieder herzustellen, ist erreicht. Mit der Wahl Mahmud Ahmadinedschads zum Staatspräsidenten sind alle staatlichen Institutionen wieder voll unter der Kontrolle der islamischen Revolution. Die Stärkung der anti-westlichen und anti-liberalen islamistischen Kräfte hat Konsequenzen für die Außenpolitik, die Entwicklung im Irak und das Verhältnis zu den USA. Auch die europäischen Unterhändler in den Verhandlungen über die Zähmung des iranischen Nuklearprogramms werden sie schon bald zu spüren bekommen."

Die MITTELBAYERISCHE ZEITUNG aus Regensburg glaubt:

"Die Angriffs-Planer im Pentagon dürften ab sofort Überstunden einlegen. Denn im Iran, nach Überzeugung von Präsident Bush ein 'Vorposten der Tyrannei', wurde ein absoluter Hardliner zum Präsidenten gewählt. Der religiöse Scharfmacher Mahmud Ahmadinedschad hat nie ein Hehl aus seiner Überzeugung gemacht, dass er sein Land rasch in den Rang einer Atommacht befördern will. Das ist eine Horror-Vision für die Regierung in Washington. Nach der Invasion im Irak steht der Iran ohnehin ganz oben auf Bushs Abschussliste."

Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt/Oder gibt zu bedenken:

"Tatsächlich gibt es für das Streben Teherans nach der Atombombe Indizien, aber keine Beweise. Darauf werden sich vor allem Russland und China berufen, wenn der Fall vor dem UN-Sicherheitsrat landen sollte. Moskau und Peking verfolgen umfangreiche wirtschaftliche Interessen im Iran und können Sanktionen mit einem Veto unterbinden. In das Blickfeld wird dann verstärkt eine militärische Option rücken, die die USA nie ausgeschlossen haben."

Die Wahl Ahmadinedschads zum iranischen Präsidenten hat den Westen 'kalt erschwischt', meint die KÖLNISCHE RUNDSCHAU:

"Die US-Politik der starken Worte, hinter der kaum strategische Substanz steckt, hat den Aufstieg eines radikalen Regionalpolitikers eher befördert. Vorerst gescheitert ist aber auch die maßgeblich von Berlin geförderte Linie des Dialogs, zu dessen Geschäftsgrundlage das Hinnehmen von Menschenrechtsverletzungen und Korruption gehört. Es bleibt zu befürchten, dass dieser außenpolitisch unerfahrene Politiker das iranische Atomprogramm eher vorantreiben denn bremsen wird."

Für die STUTTGARTER ZEITUNG ist der Wahlsieg Ahmadinedschads keine Überraschung:

"Der neue Präsident ist der Mann des armen Volkes. Er hat sich anders als die so genannten Reformer um die Sorgen des kleinen Mannes gekümmert. Er lebt asketisch und steht damit glaubwürdiger für das Ziel der Revolution von 1979 gegen den Schah: den Reichen zu nehmen und den Armen zu geben. Unter den 'Reformern' hingegen hat sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter geöffnet. Deshalb hatten reiche Kandidaten wie der zunächst als Favorit geltende Ex-Präsident Rafsandschani keine Chance."


Themenwechsel. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG befasst sich mit dem Tod zweier Bundeswehr-Soldaten, die bei einer Explosion im Nordosten Afghanistans ums Leben kamen:

"Der tödliche Vorfall hat wieder einmal in Erinnerung gerufen, wie gefährlich solche Einsätze sind: Auch jene Soldaten, die nicht mit einem Kampfauftrag an den Hindukusch geschickt wurden, riskieren dort täglich ihr Leben. In militärischen Kreisen ist die Rede davon, dass es vermutlich noch ein Jahrzehnt dauern werde, bis Afghanistan auf ausländische Truppen verzichten könne. Es ist die Frage, ob die westliche Öffentlichkeit so viel Geduld haben wird."

Abschließend ein kurzer Blick in den SÜDKURIER aus Konstanz. Das Blatt ist der Ansicht:

"Es mag in den Ohren der trauernden Angehörigen zynisch klingen, aber Opfer hat der Bundestag einkalkuliert, als er die Bundeswehr zur Stabilisierung nach Afghanistan schickte. So bedauerlich jeder einzelne Tote und Verletzte ist, es wäre fatal, den Auftrag deswegen in Frage zu stellen."