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Pressestimmen von Montag, 27.Mai 2002

27. Mai 2002

FDP-Chef Westerwelle in Israel und Streit um Kurs der Partei / Krise in Kaschmir

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Die ausgewählten Kommentare der Tageszeitungen beschäftigen sich mit der Reise des FDP-Vorsitzenden Westerwelle nach Israel vor dem Hintergrund des Antisemitismus-Streits mit dem Zentralrat der Juden.
Weiteres Thema ist die Entwicklung im Kaschmirkonflikt.

Zur FDP schreibt die in Berlin herausgegebende Zeitung DIE WELT:

'Guido Westerwelle macht sich auf seine wohl schwierigste Reise als Vorsitzender der FDP – aber sein größtes Problem liegt doch zu Hause. Was immer am Anfang der Affäre um die antijüdischen Ausfälle seines Vize Jürgen Möllemann stand – bloße Panne, unsägliches Wahlkampfkalkül oder strategische Neuausrichtung der Partei –, die verbohrte Selbststilisierung Möllemanns als Kämpfer wider 'die politische Klasse' stellt inzwischen die Liberalen und die Führungsmacht ihres Vorsitzenden immer brennender infrage.'

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG notiert:

'Westerwelle und Fischer geben sich dieser Tage in Israel die Klinke in die Hand. Das ist allerdings schon alles, was den reisenden FDP-Vorsitzenden und den Außenminister dort verbindet. ... Von Fischer hätten Westerwelle und Möllemann abschauen können, wie man beide Parteien versteht und trotzdem nicht zwischen die Fronten gerät.'

Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle führt aus:

'Vermeintlich arglos fordert Möllemann das Recht ein, Israels
Politik zu kritisieren. Keiner verbietet ihm das ... Aber bei
Möllemann und dem von ihm geförderten Politiker Jamal Karsli geht es offenbar nicht, ohne - als eine Art ewigen deutschen Bezugsrahmen - Parallelen zur NS-Zeit herzustellen. Sie suchen die Provokation und bedienen sich alter antisemitischer Reflexe.'

Ähnlich argumentiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus München:

'Es war viel von 'Normalisierung' und von 'Entkrampfung' die Rede in den vergangenen Jahren. Worin bestand der Krampf? Das deutsche Schuldbekenntnis nach dem Massenmorden der Neonazis - war es ein Krampf? Die Scheu der demokratischen Parteien davor, antisemitische Vorurteile zu bedienen - war sie auch ein Krampf? Wird aus der FDP
nun die erste in diesem Sinn entkrampfte Partei? Eine deutsche FPÖ, eine Haider-Partei, nur getarnt mit dem alten gelb-grünen Gewand?...
Möllemann betreibt diese Verwandlung mit aller Kraft.'

Der in Bonn erscheinende GENERAL-ANZEIGER kommentiert:

'In einer von Westerwelle zumindest hingenommenen Arbeitsteilung übernimmt Möllemann den kaltschnäuzigen Part des rücksichtslosen Stimmeneintreibers. Möllemann weiß um eine dumpfe Stimmung, deren Nenner lautet: Von den Israelis lassen wir uns nichts mehr sagen.
Dieses Spielen mit unterschwelligen antisemitischen Gefühlen in der Bevölkerung ist ein politischer Tabubruch, der ohne Vorbild ist.'

Themenwechsel: Die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt beschäftigt sich mit dem Kaschmir-Konflikt:

'Die Drohgebärden nehmen zu. Während Pakistan mit Raketentests die Muskeln spielen lässt, ist aus Neu Delhi zu vernehmen, dass die Geduld nicht unendlich sei. Zwar hat Indien angekündigt, auf einen atomaren Erstschlag zu verzichten. Aber das bei konventionellen Streitkräften und Waffen unterlegene Pakistan noch lange nicht. Diese
Unberechenbarkeit Islamabads ist ein Grund mehr zur Besorgnis.'

In der NÜRNBERGER ZEITUNG ist zu lesen:

'Weltweit schrillen wegen der Gefahr eines Krieges zwischen den Atommächten Indien und Pakistan die Alarmglocken. In dieser Situation verabschiedet sich Indiens Regierungschef Vajpayee zum 'Arbeitsurlaub' in seine Sommerresidenz, nicht ohne allerdings zuvor dem Nachbarland ein zweimonatiges Ultimatum gestellt zu haben.
Vajpayees Gegenspieler, Pakistans Staatschef Musharraf, zündelt derweil mit Raketentests und trompetet in Macho-Manier, dass er sich vor den Indern nicht fürchte'

Abschließend ein Blick in den TAGESSPIEGEL aus Berlin:

'Der Konflikt der beiden Atommächte Indien und Pakistan um Kaschmir ist nicht deshalb besonders gefährlich, weil beide Regierungen auf einen Krieg hinarbeiten würden. Das tun sie nicht.
Er beunruhigt die internationale Politik, weil die öffentliche
Stimmung in beiden Ländern aufgeputscht ist und die Menschen von ihren Herrschern kein Nachgeben erwarten, sondern Demonstrationen der Stärke - wie die gefährlichen Raketentests der Pakistanis vom Wochenende. ... Da ist es ein Hoffnungszeichen, wenn US-Präsident Bush und sein russischer Kollege Putin nun zwischen den Opponenten
vermitteln wollen.'