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Pressestimmen von Montag, 31. Januar 2005

Reinhard Kleber30. Januar 2005

Wahlen im Irak / Diskussion über NPD-Verbot

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An den mit Spannung erwarteten Wahlen im Irak kommt kein Leitartikler vorbei - so steht dieses politische Schlüsselereignis denn auch im Zentrum der Kommentare der deutschen Tageszeitungen. Ein weiteres Thema ist die neu aufgeflammte Diskussion über ein Verbot der NPD.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG merkt zu der Abstimmung der Iraker an:

"Die Wahl im Irak ist gelaufen, und sie geriet zu einer Veranstaltung zwischen Freuden- und Totentanz. Im Norden und Süden strömten die Menschen bewundernswert entschlossen zu den Wahllokalen. Doch noch vor den Stimmen werden die Leichen gezählt. Bomben in Bagdad und Basra, Angriffe und Gefechte in vielen Teilen des Landes - die Demokratie hat unter heftigem Beschuss gestanden. Die Widerständler haben dennoch ihr Ziel verfehlt, die Abstimmung unmöglich zu machen. Und diese gute Nachricht ist jedem einzelnen Iraker zu verdanken, der unter Lebensgefahr seine Stimme abgegeben hat."

Auch die BERLINER ZEITUNG lobt die irakischen Wähler:

"Der Mut zur Stimmabgabe und die überraschend hohe Wahlbeteiligung, die sich in vielen Teilen des Landes abzeichnete, demonstrieren vor allem eine Absage an die Terroristen, die diese Wahlen verhindern wollten. Sie ist aber auch Ausdruck einer großen Hoffnung auf Veränderung. Die Beteiligung an der Wahl erschien den irakischen Wählern als das einzig Sinnvolle in dieser Situation. Die Regierung in Washington, die US-Besatzungsbehörden ebenso wie die neue irakische Regierung und die religiösen Hardliner werden diesen Hoffnungen entsprechen müssen."

Im GENERAL-ANZEIGER aus Bonn lesen wir zu diesem Thema:

"Das wichtigste Ergebnis steht schon fest: Die Wahl hat stattgefunden und damit, ungeachtet aller Einschränkungen, den Weg für einen politischen Prozess geöffnet, der dem Irak spätestens Ende 2006 die Rückkehr zur vollen Souveränität verheißt. Zugleich haben die Wähler, oft unter Gefahr für Leben und Gesundheit, dem Terror militanter Islamisten und El-Kaida-Mörder eine klare Abfuhr erteilt. Auch die Übergangsbehörden haben die Herausforderung bestanden. Zwar werden Terroristen auch weiterhin Angst und Schrecken verbreiten, (...), den Willen der großen Mehrheit, die sich nichts mehr als Frieden und Selbstbestimmung wünscht, vermögen sie nicht mehr zu brechen."

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf lenkt den Blick auf das künftige Verhalten der Schiiten:

"Es ist damit wohl die Stunde der Schiiten angebrochen. Die viele Dekaden unterdrückte Bevölkerungsmehrheit muss nun die Größe aufbringen, den politisch marginalisierten Sunniten die Hand zu reichen. Praktisch heißt dies, sunnitischen Politikern wichtige Ministerposten zu geben, sie im Sicherheitsapparat zu verankern, vor allem aber: ihnen zentralen Einfluss in der Verfassungskommission zu gewähren. Das ist viel verlangt, aber die einzige Chance."

Und nun zum zweiten Thema, der neuen Debatte über ein Verbot der NPD.

In der WESTFÄLISCHEN RUNDSCHAU lesen wir dazu:

"Der erste Anlauf vor zwei Jahren ist kläglich gescheitert, das hat der NPD eher genutzt als geschadet. Die rechtsextreme Partei konnte sich mit der Niederlage der Bundesregierung brüsten, obwohl Karlsruhe in der Sache gar nicht entschieden hatte. Die vielen V-Leute, die der Verfassungsschutz in Schlüsselpositionen der Partei hatte, brachten das Verfahren zu Fall. Zu einer Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit kam es gar nicht mehr. Wenn darauf gleich zwei Verfassungsrichter ausdrücklich hinweisen, wirkt das geradezu wie eine Aufforderung an Regierung und Parlament, einen neuen Verbotsantrag zu stellen."

Die WELT aus Berlin sucht dagegen nach Ursachen für die jüngsten Erfolge der NPD und schreibt:

"Stellt man die bemerkenswerten Parallelen in den Wirtschaftsprogrammen von linken und rechten Extremisten in Rechnung, erscheint die Dynamik an den Rändern durchaus als synchrone Frustreaktionen auf falsche Erwartungen. Und dazu besteht reichlich Anlaß. Beide großen Volksparteien versäumen es seit langem, (...) dem Wahlvolk reinen Wein über die zu erwartenden Härten der Modernisierungserfordernisse einzuschenken, und das nicht nur im Osten. (...) Dort sammeln die linken und rechten Seelenverkäufer dann auf, was andere an Ballast abwerfen."