1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Montag, 4. Juli 2005

Ulrike Quast3. Juli 2005

Kritik am Wahlprogramm der SPD / Geplantes Linksbündnis nimmt Gestalt an / Konzerte als Demonstration gegen Armut

https://p.dw.com/p/6s9Q

Die Sozialdemokraten haben den Entwurf für ihr Wahlprogramm fertiggestellt. Noch bevor an diesem Montag der Parteivorstand das so genannte Wahlmanifest beschliessen wird, fallen die Kommentatoren der Tagespresse mit Häme über den Entwurf her.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt:

"Bei den Sozialdemokraten paßt nichts zu gar nichts. Der Kandidat nicht zum Programm, das Programm weder zur Partei noch zum Kandidaten und seiner siebenjährigen Amtszeit. Als Kanzler hat Schröder der den Spitzensteuersatz gesenkt, als Kandidat soll er die Reichensteuer propagieren. Als Kanzler hat er die Bürgerversicherung mit spitzen Fingern angefaßt, als Wahlkämpfer vertritt er sie als Gegenmodell zur Kopfpauschale. Ein Wahlkampfschlager wird das nicht. Auch die Verfasser des Manifests wissen: Man setzt vorgeblich auf Sieg, tatsächlich geht es nur noch um die Abwendung einer Katastrophe."

Das HANDELSBLATT aus Düsseldorf meint:

"Die SPD ist wieder einmal im Wolkenkuckucksheim angekommen und verspricht das Blaue vom Himmel: Reichensteuer, Bürgerversicherung, weniger Einschnitte beim Arbeitslosengeld. Vernünftige Sozialdemokraten wissen ganz genau, dass sich die bekanntlich sehr mobilen Einkommensmillionäre und Kapitalanleger von Fiskus und Krankenkassen in Deutschland nicht an die Kette legen und abkassieren lassen. Laut aussprechen mag das in der SPD allerdings derzeit niemand."

Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle kritisiert:

"Die SPD hat, eingeklemmt zwischen Linkspartei und Schwarz-Gelb, einmal mehr den Weg des ordnungspolitisch diffusen Klein-Klein gewählt. Hier ein bisschen Steuern rauf, da ein bisschen runter, ein paar Hundert Millionen jährlich für die Infrastruktur und um Himmels Willen keine Studiengebühr. Es wird vermutlich sehr lange dauern, bis die SPD, frei von Scheuklappen, auf drängende Fragen sozialdemokratische Antworten findet."

Die 'Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit' -WASG- und die PDS sind auf ihrem Weg zum geplanten Linksbündnis einen Schritt weiter gekommen. Die Delegierten des WASG-Parteitags stimmten mit großer Mehrheit für gemeinsame Listen bei der Bundestagswahl. Die MÄRKISCHE ALLGEMEINE aus Postdam konstatiert:

"Das Ergebnis des WASG-Parteitags überrascht nicht. Zu verlockend ist die Aussicht, die derzeit hohen Umfragewerte in Wahlprozente umzuwandeln. In einem allerdings haben die Skeptiker in den Reihen der WASG Recht: Sie bringen zwar mit Oskar Lafontaine die vielleicht schärfste Waffe mit, die das Bündnis im Wahlkampf haben wird, bekommen aber im Gegenzug nichts außer ein paar Plätzen auf den Listen der noch umzubenennenden PDS. Sollte die Allianz aus etablierter Ostpartei und westdeutsch geprägter Protest-Bewegung nach der Wahl scheitern, wird der Katzenjammer bei der WASG groß sein."

Die Live-8-Konzerte, mit denen Rock- und Popstars in aller Welt ein Zeichen gegen Armut und Elend gesetzt haben, kommentiert die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG:

"Der Popbranche ist es mit ihrer Musik gelungen, den Druck auf die reichsten Industriestaaten der Erde zu vergrößern, deren Repräsentanten sich diese Woche in Schottland treffen. Doch ein reiner Schuldenerlass reicht nicht aus. Die Probleme Afrikas sind zu komplex, sie sind von Land zu Land zu unterschiedlich. Es bedarf individueller Lösungsansätze und es bedarf des politischen Willens der Mächtigen dieser Erde. Deshalb waren die Konzerte sinnvoll. Wer das kritisiert, möge Alternativen aufzeigen."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG ist der Ansicht:

"Das Bewußtsein der Weltöffentlichkeit für die Probleme Afrikas zu schärfen war das Ziel der Konzertserie, die am Samstag in mehreren Kontinenten stattfand. Ein löbliches Anliegen, von den Initiatoren sicher ehrlich und gut gemeint. (...) Aber der Appell darf sich nicht darin erschöpfen. Afrika in all seiner Vielfalt ist sich heute offenbar nur in einer Hinsicht wirklich einig; daß man für das eigene Elend im Grunde nichts könne, weil der Kolonialismus die Lebensgrundlagen der Staaten zerstört habe. Heute komme dieser dann als Neokolonialismus daher und verhindere eine positive Entwicklung. Auf diese Weise entlassen sich viele afrikanische Regierungen aus der Verantwortung für die eigenen Probleme."