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Pressestimmen von Montag, 4.Oktober 2004

Annamaria Sigrist3. Oktober 2004

Rede des Bundespräsidenten zum Tag der Deutschen Einheit/ Parteitag der Grünen

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Die Kommentare der deutschen Tageszeitungen befassen sich an diesem Montag vor allem mit zwei Themen: Mit der Rede von Bundespräsident Horst Köhler zum Tag der Deutschen Einheit und mit dem Parteitag der Grünen in Kiel.

DIE WELT aus Berlin schreibt zu Köhlers Rede:

"Alles, was Köhler sagte, war gut und richtig. Und doch fehlte seiner Rede Farbe, ja, sie war fast steril. Staatstragende Reden, mit mahnendem Zeigefinger vorgetragen, helfen nicht weiter. Deutschland ist weit gekommen in den vergangenen 15 Jahren - weiter, als man vorher je gedacht hatte. Köhler hat daran erinnert, welche Aufgaben jetzt dringend angegangen werden müssen. Dazu müssen die Deutschen aber an einem Strang ziehen. Sie dürfen sich nicht von Klugschwätzern einreden lassen, dass das Verhältnis zwischen Ost- und Westdeutschen zerrüttet sei. Köhler mahnt vielmehr zu Fröhlichkeit beim Aufbau des Landes. Doch um diese Botschaft zu vermitteln, muß er sich seine eigene Fröhlichkeit erhalten."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU ergänzt:

"Die Umfragen belegen auf überraschend markante Weise, dass der schwarze Peter der deutschen Politik bei der Union gelandet ist und die nächste Welle kritischer Aufmerksamkeit sich lustvoll auf deren Mühen konzentrieren wird, ihn wieder loszuwerden. Diese Situation hat aus Horst Köhler einen gefälligen Präsidenten gemacht. Die Reformen müssen weiter gehen, Jammern ist doof, wir können es schaffen - seine Erfurter Botschaft hat er so nett vorgetragen, wie er ist, mit dem Schuss Selbstkritik, Humor und Unbefangenheit, den er dankenswerterweise aus undeutschen Kommunikationszusammenhängen mitgebracht hat. Aber 'unbequem'? Woher denn - in der Substanz ist es das Lied, das die Spatzen liberaler Couleur unisono von den Dächern pfeifen."

Die BERLINER ZEITUNG fügt hinzu:

"Eine überbordende Bürokratie und detailversessene Gesetze, die im Osten wie im Westen alles und jedes Detail regeln, verhindern, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Also weg damit! Und wenn das Land insgesamt sich das nicht zutraut, so Köhler, dann lasst den Osten vorangehen. Der Vorschlag ist nicht originell, aber gut. Leider sind schon viele kluge Menschen damit gescheitert, dem Bundespräsidenten wird es wohl nicht anders ergehen."

Die STUTTGARTER ZEITUNG greift den Parteitag der Grünen in Kiel auf:

"So viel Geschlossenheit, politische Kraft und Gestaltungswille war nie. Während die großen Parteien noch immer heftig um Reformkonzepte ringen, präsentierten sich die Grünen in Kiel einig in ihren politischen Zielen und beflügelt von den Wahlerfolgen des Jahres mit viel Lust auf Macht. Der Warnung des SPD-Parteichefs Franz Müntefering, der kleinere Koalitionspartner solle nicht übermütig werden, hätte es dabei nicht einmal bedurft. Die Grünen wissen durchaus, wie man sich fühlt, wenn man serienweise Wahlen verliert. Sie sind vor nicht allzu langer Zeit ja auch durch ein Tal der Tränen gegangen. Von Kraftmeierei war bei ihrem Parteitag denn auch nichts zu spüren, wohl aber von gesundem Selbstbewusstsein."

In der SAARBRÜCKER ZEITUNG heißt es:

"Bis zur nächsten Bundestagswahl sind noch glatt zwei Jahre Zeit. Doch auf dem jüngsten Parteitag der Grünen riefen die Fischers und Bütikofers schon mal den Lagerwahlkampf aus: Rot-Grün gegen Schwarz-Gelb, Zukunft gegen Vergangenheit. Hinter dem simplen Hau-drauf-Muster verbirgt sich zum einen ihre Sorge, die Partei könne sich angesichts einer beispiellosen Siegesserie in Selbstzufriedenheit erschöpfen. Andererseits verzeichnet der Wahlkalender bereits in allernächster Zukunft wichtige Weichenstellungen. Gehen die Urnengänge in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen schief, verfügt die Union im Bundesrat über eine alles blockierende Zwei-Drittel-Mehrheit."

Abschließend geht die MAIN-POST aus Würzburg auf die von den Grünen favorisierte Bürgerversicherung im Gesundheitswesen ein:

"Mit dem grünen Modell einer Bürgerversicherung hat die Partei ihre Alternative zu den Vorstellungen der Union und der SPD vorgelegt. So gut es ist, dass alle Parteien in dieser so wichtigen Frage ihre Rezepte zur Wahl stellen, so wichtig ist auch, dass sie unliebsame Details nicht verschleiern. In Kiel haben sich die Grünen unter anderem davor gedrückt, festzulegen, ob die Bemessungsgrenze für Besserverdienende fällt oder radikal erhöht wird. Spätestens im Bundestagswahlkampf 2006 müssen sie auch hier Flagge zeigen."