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Pressestimmen von Montag, 5. Mai 2003

Eleonore Uhlich4. Mai 2003

EU-Außenminister/ Aufteilung -Irak/ Schröder-Reformen

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Die deutschen Tageszeitungen befassen sich zum Wochenbeginn mit der Außenpolitik der Europäischen Union und deren Verhältnis zu den Vereinigten Staaten. Ein weiteres Thema ist der SPD-interne Streit um die geplanten Sozialreformen des Kanzlers.

Zur Europäischen Außenpolitik schreibt die FRANKFURTER RUNDSCHAU:

'Mit der in das Griechenland-Treffen der Außenminister der EU-Mitglieds- und Beitrittsländer geplatzten Nachricht von der geplanten Aufteilung Iraks in mindestens drei Militärsektoren haben die USA Europas gegenwärtige außenpolitische Schwäche erneut brutal bloßgestellt. Wo Europa sich vergeblich bemüht, die eigenen Reihen geschlossen zu halten, wo es sich quälend und schwerfällig auf die Suche nach dem macht, was künftig ein gemeinsamer Nenner sein kann (und Irak vorsichtshalber ausklammert), fallen in Washington die
Würfel und die Weltmacht zieht ihre Bahn.'

DER TAGESSPIEGEL aus Berlin geht auf die neue Rolle Polens ein:

'Wenn Briten und Polen nun mit Amerika den Irak befrieden und auch Dänen, Italiener, Niederländer, Spanier sowie Osteuropäer Truppen stellen, dann tun sie etwas, woran sich Franzosen und Deutsche aus verständlichen Gründen nur zögerlich beteiligen wollen, was aber gleichwohl im Interesse aller Europäer liegt: dem Irak zu einer stabilen Ordnung zu verhelfen. Polens Führungsrolle dabei ist kein Grund zur Kritik, sondern zur Freude.'

Bedenken dagegen äußert die in München erscheinende SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:

'Doch über das große geschichtliche Bild dürfen die Polen den Blick nicht verlieren für das Mosaik amerikanischer Interessen. Ganz nebenbei, so scheint es, wollen die Vereinigten Staaten mit der Sektorenaufteilung im Irak die neuen Teilungen in Europa vertiefen. Polen soll auch gestärkt werden, um Deutschland und Frankreich zu schwächen. Die Regierung in Warschau sollte aber das Misstrauen gegen ein Polen, das sich zum unkritischen Sachwalter amerikanischer
Interessen macht, nicht unterstützen.'

Abschließend zu diesem Thema die MÄRKISCHE ODERZEITUNG, die auf die Teilung eingeht:

'Ob die Idee der Dreiteilung des Irak für die Überführung des Landes in demokratische Strukturen und, vor allem, für die Bewahrung seiner staatlichen Einheit angesichts sich ohnehin misstrauisch gegenüberstehenden Schiiten, Sunniten und Kurden ein nützliches Konstrukt ist, darf freilich bezweifelt werden. Wie sich auch noch die Frage stellt, welche Rolle die UN in einem derart gestalteten Übergangs-Irak spielen kann. Washington will die UNO zumindest aus der politischen Gestaltung möglichst heraushalten. Und Washington schafft es. Das bedeutet, man kann es drehen und wenden wie man will, eine weitere Schwächung der Vereinten Nationen.'

Nun zum SPD-Streit über die angestrebten Sozialreformen. Die in Münster erscheinenden WESTFÄLISCHEN NACHTICHTEN schreiben:

'Von den Führungskräften der SPD werden inzwischen Szenarien entwickelt, die ein Ende von Rot-Grün heraufbeschwören, wenn die Rebellen insbesondere in der SPD-Fraktion nicht einlenken. Hier versucht SPD-Fraktionschef Franz Müntefering mit einer «Alles-oder-nichts»-Strategie doch noch eine eigene Parlamentsmehrheit zu bekommen, die sowohl die Partei als auch ihren Vorsitzenden und Kanzler an der Macht bleiben lässt. Und das wohl wissend, dass eine so im Parlament durchgepeitschte «Agenda 2010» spätestens im Bundesrat Federn lassen muss.'

Der MANNHEIMER MORGEN urteilt:

'Gerhard Schröder ist in einer misslichen Situation. Ein Kompromiss erscheint unmöglich. Und selbst wenn er sie mit seiner Rücktritts- Drohung hinter sich bringen sollte, so hätte er doch ihre Bedenken nicht ausgeräumt und ihre Herzen nicht gewonnen. Regieren mit der permanenten Vertrauensfrage? Das hält keine Koalition auf Dauer aus. Es geht wirklich um alles oder Nichts.'

Die FRANKFURTER NEUE PRESSE kommt zu folgendem Schluss:

'Für den Kanzler und die SPD kann es also jetzt nur noch eines geben: Augen zu und durch. Denn wenn sich die Regierung damit als handlungsfähig auch in schwieriger Lage erwiesen hätte und es in zwei, drei Jahren mit der Konjunktur wieder etwas aufwärts ginge, würden selbst viele Partei-Linke die normative Kraft des Faktischen anerkennen. - Und auch im bürgerlichen Lager hätte in diesem Fall Schröder wieder etwas von seinem verlorenen Ansehen zurückerobert', meint die FRANKFURTER NEUE PRESSE, mit der wir diese Presseschau beenden.