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Pressestimmen von Montag, 5. September 2005

Stephan Stickelmann4. September 2005

CSU-Parteitag / Hilfe für Hurrikan-Opfer / Textilstreit zwischen China und EU

https://p.dw.com/p/78NP

Das Versagen der US-Behörden bei der Hilfeleistung für die Hurrikan-Opfer bleibt ein zentrales Kommentarthema der deutschen Tageszeitungen. Ferner findet der Textilstreit zwischen China und EU Beachtung. Hören Sie zunächst aber zwei Pressestimmen zum CSU-Parteitag in Nürnberg. Dort wurde Parteichef Stoiber mit - in Anführungszeichen - "nur" gut 93 Prozent in seinem Amt bestätigt. Dazu bemerkt das in Aschaffenburg erscheinende MAIN-ECHO:

"Eine Revolte gegen Stoiber ist das sicher nicht, aber doch ein Warnsignal. Der Parteichef und sein gesamter Vorstand sind in den Augen einer wachsenden Minderheit in Gefahr, abzuheben. Die Verankerung der CSU vor Ort sei in Gefahr, wurde gewarnt. CSU-Kommunalpolitiker fühlen sich von der Politik, die in München gemacht wird, zunehmend herausgefordert. Die Bezeichnungen 'Superpolitiker' oder 'Politiker der Sonderklasse' machen an der Parteibasis die Runde. Und sie sind keineswegs positiv gemeint."

Die AUGSBURGER ALLGEMEINE kommt zu folgender Einschätzung:

"Die Gewichte haben sich zugunsten der CDU verschoben. Bayern ist nur noch ein Glied in einer starken Kette unionsgeführter Landesregierungen, Stoiber steht in einer Reihe mit Koch, Rüttgers, Wulff. Merkel hat sich im Machtkampf gegen Stoiber behauptet. Hinter den Begeisterungsstürmen für die lange Zeit misstrauisch beäugte Kandidatin steckte mehr als der Wille, inszenierte Geschlossenheit zu demonstrieren. Die CSU schart sich hinter Merkel, weil sie die Chance auf einen Machtwechsel in Berlin garantiert. Und sie will nicht, dass der eigene Chef die Tour vermasselt."

Die SCHWERINER VOLKSZEITUNG lenkt den Blick auf die Folgen der Hurrikan-Katastrophe - Zitat:

"Seit einer Woche hat die Welt ein neues Bild von Amerika: Anarchie, Tod, Plünderungen. Menschen, die verzweifelt auf Hilfe warten. Eine Großstadt, deren Infrastruktur weitgehend zerstört ist. Dazu eine hilflose Polizeimacht und offensichtlich ausgedünnte Nationalgarde, gepaart mit haarsträubender Inkompetenz politisch Verantwortlicher. Welches Vertrauen genießt noch eine Regierung, deren Fehleinschätzungen bereits im Irak Menschenleben gekostet haben und die nun erneut unter Beweis gestellt hat, dass sie sich nicht im Notfall von bürokratischen Fesseln befreien kann, weil es ihr klar an dem fehlt, was in den USA als 'leadership' - also Führungsstärke - bezeichnet wird?"

Ergänzend heißt es in der LANDESZEITUNG aus Lüneburg:

"Ginge es darum, einen mutmaßlichen Unterschlupf von Osama bin Laden zu bombardieren, bräuchte das Weiße Haus nur Minuten, um zu reagieren. So mächtig das Imperium in der Welt dasteht, so ohnmächtig erweist es sich gegenüber seinen eigenen Widersprüchen. Nach dem Untergang von New Orleans wird sich die Hypermacht fragen müssen, wie stabil eine Nation sein kann, die jedem Bürger das Recht auf eine Waffe zugesteht, aber vielen den Zugang zu Bildung und medizinischer Grundversorgung verwehrt."

Ähnlich ist der Tenor des Kommentars im HANDELSBLATT aus Düsseldorf:

"Fast eine Woche versank die Stadt in Anarchie, fiel New Orleans in den vom englischen Philosophen Thomas Hobbes beschriebenen Urzustand zurück, in dem 'der Mensch dem Menschen ein Wolf ist'. Schon ist der Kongress mit Untersuchungen beauftragt. Zur Rede stehen mehr als verspätete Hilfslieferungen und zu wenige Nationalgardisten. Der ungeschriebene Gesellschaftsvertrag ist zerrissen, nach dem der Staat von seinen Bürgern Gehorsam erwarten darf, weil er ihnen im Gegenzug Schutz bietet. Dies zu heilen könnte länger dauern als der Wiederaufbau der Stadt."

Noch einmal Themenwechsel: Der in Berlin erscheinende TAGESSPIEGEL geht auf den Textilstreit zwischen China und der EU ein und benennt die Lehren, die daraus gezogen werden müssten:

"Die wichtigste ist, dass der angebliche Streit mit China um Importquoten und Billigkonkurrenz am Ende vor allem ein Krach der europäischen Staaten untereinander war. Mit dem Wachstum des globalen Handels, mit der fairen Integration nicht nur Chinas, sondern auch der Entwicklungsländer Afrikas und Asiens in den Welthandel, wird und muss die weltweite Arbeitsteilung zunehmen. Italien und Polen werden sich daran gewöhnen müssen, dass auch ihre Textil-Industrie nach und nach das Land verlassen wird. Deutschland wird sich daran gewöhnen müssen, dass andere ihre Dienstleistungen in diesem Land anbieten werden. Wenn es im Textilstreit mit China an diesem Montag zu einer Einigung kommt, dann ist dies gekaufte Zeit für Europa - Zeit, die Europa nutzen muss."