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Pressestimmen von Samstag, 07. Juni 2003

zusammengestellt von Gerd Winkelmann6. Juni 2003

Die Demographie und die Renten / Der Kongo und die Bundeswehr

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Die Kinder werden knapp und die Rentenkassen zusehends klamm: Über den Bevölkerungs-Baum, den jetzt das Statistische Bundesamt für die Zeit bis 2050 zeichnete, zeigen sich an diesem Samstag auch zahlreiche Leitartikler der deutschen Tagespresse alarmiert:

Zum Beispiel DIE WELT:

'Die demographische Zeitbombe tickt. Inzwischen tickt sie so laut, dass selbst die Politik aufzuwachen beginnt, die sich über Jahrzehnte durch bemerkenswerte Faktenresistenz auszeichnete. Diese Fakten hat das Statistische Bundesamt jetzt in aller Klarheit noch einmal ausgebreitet: Demnach steht die Alterspyramide in Deutschland schon in der Mitte des Jahrhunderts Kopf, verschlechtert sich der Altersquotient sprunghaft, müssen im Jahr 2050 hundert Erwerbstätige 78 Rentner miternähren. (...) Realistischerweise wird man das Rentenniveau eher halbieren müssen - unter grausamen Verteilungs- kämpfen. Aber selbst wenn es - ähnlich wie in Frankreich - gelänge, die Geburtenrate wieder zu steigern, würde dieser Effekt erst nach dem Jahr 2080 wirklich greifen. Bevölkerungspolitik kennt eben wie die Forstwirtschaft sehr lange Zyklen. Die Kinder sind also längst im Brunnen und die Politik schaut mit langem Gesicht hinterher.'

Die STUTTGARTER ZEITUNG schreibt:

'So viel Verunsicherung war nie und so viel Vertrauensverlust auch nicht. Dabei sind gerade die Senioren auf Vertrauen und Verlässlichkeit angewiesen. Sie haben ihre Lebensleistung erbracht und sie können ihre Lebensplanung, auch die finanzielle, normalerweise nicht mehr ändern. Das muss berücksichtigen, wer sich ans Reformwerk macht. Es reicht also nicht, frisch, fromm, fröhlich, frei alle möglichen Kürzungsideen in die Welt zu setzen. Dahinter muss schon ein durchdachtes Konzept stehen, eines, das mehr will, als nur akute Haushaltsnöte bereinigen zu helfen.'

In der 'TZ' aus München lesen wir:

'Rentner müsste man sein. Jeden Tag ausschlafen, den Wecker einmotten, keinen Chef mehr fürchten und den verdienten Lebensabend genießen. Klingt doch gut? Ist es aber nicht. Oder besser: Ist es nicht mehr in diesen Zeiten, wo Rentner sich mehr und mehr als lästiger Kostenfaktor fühlen müssen. Nullrunde im nächsten Jahr, überlastetes Pflegepersonal, keine Operationen über 75: Die Rentner, die unseren Wohlstand überhaupt erst aufgebaut haben, sollen sich bitte möglichst kostengünstig verkrümeln. Es sind nicht nur die finanziellen Opfer, die wie immer auf die schwächsten Schultern geladen werden und die Rentner besonders drücken. Es ist die soziale Eiszeit, in der Menschen nur noch nach Funktion und Nützlichkeit gewertet werden. (...). Rentner müsste man sein? Nicht in diesen Zeiten.'

Die WETZLARER ZEITUNG beurteilt die neueste Auslandsmission der Bundeswehr und schreibt:

'Knapp 5000 UN-Blauhelme stehen bereits in Kongo, das so groß ist wie die Länder Westeuropas zusammen. Viel ausrichten konnten sie dort bislang nicht. Ob 1400 weitere Soldaten unter der Führung Frankreichs nun einen neuen ethnischen Ausrottungskrieg auf dem schwarzen Kontinent verhindern werden, ist deshalb fraglich. Dennoch ist es richtig, dass die Europäer jetzt handeln. Ein wichtiger Schritt ist dies auch auf dem langen Weg zu einer europäischen Sicherheitspolitik - und obendrein die angemessene Reaktion auf amerikanische Alleingänge in der Frage von Krieg und Frieden.'

In Halle erscheint die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG und meint zum selben Thema:

'Deutschland ist in kurzer Frist zum Akteur auf der Weltbühne geworden. Währenddessen rankten sich die entsprechenden Debatten hier um zwei Fragen: Dürfen wir das? Dürfen wir durch die Nazizeit schuldbeladenen Deutschen in fremde Länder 'einmarschieren'? Die Antwort gibt das Selbstverständnis der Bundeswehr heute. Viele ihrer Angehörigen empfinden sich als Entwicklungshelfer in Uniform. Leider hat aber die politische Klasse keine Kriterien entwickelt, wann Militär zum Einsatz kommen sollte und was im deutschen Interesse liegt. Erst neuerdings werden Kriterien genannt: Welche Möglichkeiten zur Stabilisierung einer Region gibt es? Welche Auswirkungen hat ein Konflikt auf Europa? Wie steht es um die Sicherheit der eigenen Soldaten? Ist ein Rückzug möglich?'