1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Pressestimmen von Samstag, 10. August 2002

zusammengestellt von Stephan Stickelmann9. August 2002

Abschluss der Beratungen der Hartz-Kommission / Beckstein in Stoibers Wahlkampf-Team

https://p.dw.com/p/2XwV

Wahlkampf pur war am Freitag angesagt: Die Hartz-Kommission schloss ihre Beratungen ab, und der bayerische Innenminister Günther Beckstein wurde ins so genannte Kompetenz-Team von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber berufen.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG nimmt die schon bekannt gewordenen Beschlüsse der Hartz-Kommission unter die Lupe und meint:

"Die Einigung ist kein fauler Kompromiss. Auf die so heftig
umstrittene pauschale Verkürzung der Arbeitslosenhilfe zu verzichten war richtig. Es ist besser, gezielt gegen arbeitsunwillige vorzugehen. Das ist gerechter - und die Menschen verstehen es. Und wenn die Hartz-Pläne funktionieren, dann gelingt das nötige Senken der Lohnnebenkosten auch ohne die allgemeine Leistungskürzung."

Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG ist der Ansicht:

"Immerhin weiß man bei Schröder nun, was er künftig tun will. Es gibt ein Angebot zum großen Wurf, es drehen nicht mehr bloß Riester, Müller und Eichel knausernd am Reformschräubchen. Jetzt wird der Blick frei auf das, was der wahlkämpfende Kriegsgewinnler Edmund Stoiber drauf hat. Der Herausforderer wird sich endlich konkret positionieren müssen in Sachen Kündigungsschutz, Leistungskürzung, Wirtschaftsförderung und gesellschaftlichen Bündnissen. Schluss mit dem inhaltsleersten Wahlkampf der letzten Jahre. Für den Wähler verbreitert sich die Entscheidungsgrundlage."

Auch der Kommentator der FRANKFURTER RUNDSCHAU verweist auf den 22. September:

"Von Freitag an wird der Kanzler mit der Hartz-Fibel für Vollbeschäftigung in den Wahlkampf ziehen. Die Kommission, so die subkutane Botschaft, habe Schröder eine sozialdemokratische Botschaft formuliert, voll von Solidarität, gewaltigen Investitionsprogrammen und modernen Arbeitszeitkonzepten. Ob er es schafft, damit zu begeistern, ist offen. Allzu lange hat er die Basis auf blindes Vertrauen auf die Märkte, den Segen der Steuerreform und das Konzept der wirtschaftspolitisch ruhigen Hand eingeschworen. Viel Zeit bleibt dem Kanzler nicht mehr, um den Kurswechsel glaubhaft zu verkaufen."

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG stellt fest:

"Wie die begossenen Pudel stehen nun vor allem die Abgeordneten der Koalition da, weil sie als gewählte Volksvertreter in vier Jahren nicht auf die Beine brachten, wofür eine Kommission von 15 Leuten vier Monate brauchte. Dieser Umstand dürfte mehr zur Verärgerung der Wähler beitragen als alle privat verflogenen Bonusmeilen zusammen."

Auf einen anderen Aspekt weist schließlich der GENERAL-ANZEIGER aus Bonn hin:

"Es macht misstrauisch, wenn jetzt von einem 'einstimmigen Votum' der Hartz-Kommission die Rede ist. Hat es SPD-Chef Schröder beziehungsweise seine Wunderwaffe Peter Hartz etwa wieder geschafft, die Konsenssoße über die ursprünglich wirklich innovativen Vorschläge zu gießen? Und was geschieht dann überhaupt mit dem Bericht, der zwar als 'Gesamtkonzept' beurteilt, aber von der rot-grünen Koalition nicht 'eins zu eins' umgesetzt werden soll. Ja, was gilt denn nun?"

Themenwechsel: Die NÜRNBERGER ZEITUNG kommentiert den Einstieg Becksteins ins Wahlkampf-Team von CDU und CSU:

"Die von den Demoskopen geplagten rot-grünen Regierungsparteien jubelten auf. Mit der Berufung Becksteins habe der kreidefressende Stoiber endlich sein wahres Gesicht gezeigt und sei wieder zurück an den rechten Rand gerückt. Nicht recht dazu passen will allerdings die Stellungnahme eines Sprechers von Otto Schily: Die Vorschläge des bayerischen Ministers seien 'kalter Kaffee'. Was die Union wolle, habe die Bundesregierung längst verwirklicht."

Und im TAGESSPIEGEL aus Berlin heißt es:

"Der Schatten-Innenminister ist unter Stoibers Personalien zweifellos eine der stärksten. Wer sich schon immer so etwas wie 'bayerische Verhältnisse' in der Innen- und Ausländerpolitik gewünscht hat - und das sind nicht wenige -, wird sich gut aufgehoben fühlen. Niemand kann dem Bayern vorwerfen, er sei ein Extremist. Dafür ist er zu bodenständig und pragmatisch. Der Kanzler und sein Innenminister Schily haben in den letzten Jahren alles getan, um auf diesem Feld den Bayern so ähnlich wie möglich zu werden. Beckstein muss also weiter nichts tun, als immer wieder zu sagen: Ich bin das Original."